Puchheim:Kindergelächter und Trompetenklänge

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"Tanzen ist auch Kommunikation", sagt Tanzlehrerin Rhina Cornejo-Hösl. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Beim Kreativ-Sommercamp können 60 Buben und Mädchen singen und tanzen, Instrumente ausprobieren und ein Bühnenprogramm entwickeln. Die Teilnahme kostet nichts.

Von Luca Salman, Puchheim

Im ruhig liegenden Gebäude des Bürgertreffs Puchheim schallen in der ersten Sommerferienwoche Kindergelächter, gedämpfter Gesang, Trompetenklänge und Klavierstücke durch die Gänge. Hinter jeder Tür erwartet einen eine kleine neue Welt: Beim alljährlichen „Sommercamp Kreativ“ entwickeln rund 60 Kinder, angeleitet von Betreuern und Betreuerinnen, in sechs Workshops eine Woche lang ein Bühnenprogramm, das zum Abschluss präsentiert wird. Innerhalb der Woche dürfen Kinder im Alter von sieben bis 14 Jahre sich neu ausprobieren und sich mithilfe von Instrumenten, dem eigenen Körper, Kunstutensilien oder Filmequipment kreativ austoben und verwirklichen. Dabei gehe es vor allem darum, Spaß im geschützten Raum zu schaffen, sagt Tanzlehrerin Rhina Cornejo-Hösl.

Das Thema der Woche, die Vielfalt, wird nicht nur in den Workshop-Gruppen, wie etwa der Tanz-, Musik-und Sing-, Kunst- Theater- oder Filmgruppe, vermittelt, sondern auch in den Pausen. Jeden Mittag essen alle Gruppen sowie Betreuer und Betreuerinnen zusammen. Dafür haben sich drei Mütter bereit erklärt, täglich frisch und abwechslungsreich zu kochen, es gibt unter anderem iranische oder persische Gerichte. Den gesamten Tag über stehen außerdem Brezen, Obst und Getränke bereit.

Viele der Kinder waren schon öfter dabei, kennen sich untereinander und ebenso die Mitarbeiter. Zu Beginn der Woche können sie in alle Workshops hineinschnuppern, dann legen sie sich auf einen Bereich fest.

Etwa auf Rhina Cornejo-Hösls Tanz-Workshop, in dem es nicht um das perfekte Absolvieren von komplizierten Schrittreihen geht, sondern um die „perfekte Fröhlichkeit“. Das verkörpern auch die Kinder, die am Tag vor dem Auftritt konzentriert und dennoch lächelnd zu kurdischer Musik an ihren Schritten feilen. Ziel dieser Woche sei es auch, Kulturen zusammenzubringen, ohne den anderen als fremd zu sehen. „Beim Tanzen kann man sich seinen Partner nicht immer aussuchen, so ist das im Leben auch“, sagt Cornejo-Hösl. Tanzen sei eine Form der Kommunikation.

Die Filmgruppe dreht im Gesangs-Workshop. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Dieses Jahr wird das Sommercamp von der Stadt Puchheim gemeinsam mit der Volkshochschule, der Musikschule und dem Kulturverein veranstaltet. Um die Kinder- und Familienfreundlichkeit in Puchheim voranzubringen, arbeitet die Stadt mit dem von UNICEF Deutschland und dem vom deutschen Kinderhilfswerk getragenen Verein „Kinderfreundliche Kommune“ zusammen. Eines der Ziele dieser Kooperation ist es, Kindern, die von Armut betroffen sind, bessere Lebensperspektiven zu eröffnen.

Das gesamte Ferienprogramm sei deswegen kostenfrei, denn „50 Prozent der Kinder hier kommen aus einkommensschwachen Familien“, erklärt Pia Schnell, pädagogische Mitarbeiterin des Vereins. Möglich mache das die Unterstützung der Jugendsozialstiftung der Familie Dr. Rieder, des Rotarier Clubs München West sowie der Stiftung der Sparkasse Fürstenfeldbruck, des Mechthild und Helmut Gneuss Fonds für Eichenau sowie des Energieversorgers KommEnergie und eines Discounters. Außerdem würden die Mitarbeiter des Sommercamps, laut Schnell, zwar bezahlt, doch sie stellten auch das entsprechende Equipment bereit. Schlussendlich ähnle ihre Arbeit eher einem ehrenamtlichen Engagement.

Musiklehrer Dieter Kanzleiter hat aus der Musikschule einiges mitgebracht: Darunter sind ein Keyboard, mehrere Trompeten, Bongos und Boomwhackers, bunte Plastikrohre, die man zum Musizieren gegeneinander oder auf den Boden schlagen kann. Im Workshop bringt Kanzleiter den Kindern den Umgang mit den Instrumenten bei.

Dieter Kanzleiter lässt die Buben und Mädchen neue Instrumente ausprobieren. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Manche können schon ein Instrument spielen, etwa die elfjährige Amily, die schon länger Trompete spielt. Doch auch sie freut sich, neue Instrumente ausprobieren zu können. Toll sei es auch gewesen, eine Schlauchtrompete selber zu bauen, erzählen die Kinder. Dabei werden ein 3,70 Meter langer Gartenschlauch, ein Trichter und ein Mundstück aus Metall zusammengebaut. Stolz präsentieren zwei Kinder, wie man das Instrument nutzt: Mit einer Hand halten sie das Mundstück und pusten hinein, mit der anderen schleudern sie den Gartenschlauch, samt dröhnendem Trichter, kreisförmig über den Köpfen.

Foto- und Videograf Stefan Sporrer leitet den Film-Workshop und stellt ebenfalls eigenes Equipment zur Verfügung. Bei ihm kreieren die Kinder einen Dokumentationsfilm über die Sommercamp-Woche. Dazu besuchen sie die Workshops der anderen und filmen eigenständig. Sporrer schneidet die Ausschnitte täglich zusammen und zeigt sie seiner Gruppe am nächsten Morgen. So können sie sehen, was sie verbessern wollen. Eine Entwicklung sieht Sporrer durchaus. „Am Anfang sind sie eher ziellos losgelaufen, mit der Zeit entwickelt sich eine Vision“, erklärt er.

Und trotz hoher Temperaturen am Abend des Abschlusskonzertes animiert der Tanz-Workshop die etwa 100 Zuschauer und Zuschauerinnen und die übrigen Workshop-Gruppen dazu, gemeinsam den Macarena zu tanzen.

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