Puchheim:In Schwingung versetzte Luft

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Kammermusikabend im Puc mit Gärtnerplatz-Musikern

Von Klaus Mohr, Puchheim

Zwei Stunden, acht Komponisten und dreizehn Musiker aus dem Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München auf der Bühne: Der erste Kammermusikabend im Puchheimer Kulturzentrum Puc nach der Sommerpause bietet einiges. Und das Publikum sitzt zahlreich im Saal, mit leeren Stühlen dazwischen, dafür aber ohne Maske. Das Programm orientiert sich am Motto des Abends "Luftsäulen" und ist ausschließlich auf Blasinstrumente ausgerichtet, zunächst für Holzbläser und im letzten Teil dann für Blechbläser. So entsteht eine Programmfolge, die von Johannes Overbeck, Fagottist und Impresario der Konzertreihe, als "Sammelsurium" bezeichnet wird. Stilistische und geografische Vielfalt kann man es auch nennen, und irgendwie passt es auch gut in die Zeit, in der es zwar kein Oktoberfest, dafür aber mannigfach Ersatzveranstaltungen gibt: Der Zuhörer muss sich ständig neu einstellen, was Freude bereitet. Einen Schlenker ins Komödiantische gibt es aber erst gegen Ende.

Werke für vier Fagotte sind äußerst selten, und wenn, dann sind es Bearbeitungen. Beim Concerto in D-Dur "Le Phénix" von Michel Corrette, das eingangs zu hören ist, werden die Instrumente vom Komponisten nicht vorgegeben. Dafür kann der Zuhörer entdecken, welche klangliche Bandbreite das Fagott aufweist, von der sonoren Kantabilität mit tenoralem Schmelz bis zur brummelnden Basslinie - und das alles gleichzeitig. Was im Eingangsallegro nicht zu beobachten ist, das ist eine gewisse Schwerfälligkeit im Spiel, wie man sie bei den eher behäbigen Instrumenten vermuten könnte. Die erfrischende Flexibilität im Agieren und der damit verbundene differenzierte Ausdruck sind dabei der Artikulation und dem gleichen Atem der Musiker zuzuschreiben.

Das folgende Stück, ein Quintett für Klavier, Flöte, Oboe, Klarinette und Fagott stammt wie das vorige von einem französischen Komponisten: von André Caplet, und zwar aus dem Jahr 1898. Der Kopfsatz (Allegro) öffnet gleichsam einen akustischen Vorhang, hinter dem sich ein munteres Treiben entspinnt. Da jedem Instrument auch ein individueller Charakter zukommt, entwickelt sich ein immer wieder fast impressionistisch offenes Klangbild, das musikalisch an Bilder aus dem Pointillismus erinnert. Solistische Passagen wechseln sich mit wunderbar verschmelzenden Klängen ab. Das Klavier als einzigem Instrument an diesem Abend, das nicht den Blasinstrumenten zuzurechnen ist, bereitete im Finalsatz (Allegro con fuoco) eine wogende Wasserfläche, auf der die Blasinstrumente wie Schiffchen ruhig dahinsegeln.

In der zweiten Konzerthälfte geht es dann Schlag auf Schlag, was den Wechsel an Besetzungen und Stilen angeht: Noch einmal vier Fagotte sind mit der in dieser Fassung sehr unterhaltsamen Bravourarie des Barbier aus dem "Barbier von Sevilla" zu hören. Anschließend folgt in gleicher Besetzung der berühmte "Libertango" von Astor Piazzolla, bei dem nur die Melancholie des Bandoneons ein wenig fehlt. "El camino real" von Alfred Reed für zwei Oboen, zwei Englischhörner und Fagott hat meditative Momente und tänzerischen Schwung an anderer Stelle sowie ein musikalisches Augenzwinkern zum Schluss.

Wenn ein Stück, wie das von Charles Small für Tenor- und Bassposaune, mit "Conversation" überschrieben ist, dann hat man im Vorfeld schon eine recht präzise klangliche Vorstellung. Die beiden Instrumente antworten einander, reagieren in ganz verschiedener Weise aufeinander und vereinten sich im Unisono - quasi wie im richtigen Leben zweier Menschen. Jazzig wird es mit den drei Schlussstücken, den "Posh Duets" von Brian E. Lynn für zwei Posaunen. Schön schräg werden hier nicht nur manche Klänge, sondern auch die Instrumente, von denen die pinkfarbene Posaune besonders überrascht. Nach der Vorstellung gibt es für die Musiker viel Beifall.

© SZ vom 29.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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