Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Hoffnung auf Außenbahnsteige

Der Verkehrsausschuss des Landtags nimmt die Petition des Fürstenfeldbrucker Verkehrsforums zum "uneingeschränkten barreriefreien" Ausbau der S4-Bahnhöfe Eichenau, Puchheim und Leinfelsstraße an

Von Peter Bierl, Puchheim

Die Auseinandersetzung um den barrierefreien Ausbau des Bahnhofs in Puchheim geht weiter. Der Verkehrsausschuss des bayerischen Landtags hat die Petition für einen "uneingeschränkten barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe Leienfelsstraße bis Eichenau" mit Außenbahnsteigen vor kurzem diskutiert und angenommen, trotz negativer Stellungnahme von Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU), die auf Nachteile von S-Bahn-Außengleisen im Störungsfall hinwies. Die Entscheidung des Ausschusses bedeutet, dass die Staatsregierung die sachlichen und rechtlichen Aspekte der Petition nochmals daraufhin überprüfen muss, ob dem Anliegen nicht doch Rechnung getragen werden kann. "Das ist definitiv ein großer Erfolg", sagt Thomas Brückner, Sprecher des Fürstenfeldbrucker Verkehrsforums, der die Petition initiiert hatte.

Die Petition richte sich gegen Verschlechterungen, weil die Bahnhöfe Leienfelsstraße, Puchheim und Eichenau heute zumindest teilweise ebenerdig und technikfrei zugängliche Außenbahnsteige haben, die laut Verkehrsministerium beseitigt werden sollen, erklärt Brückner. Menschen mit Mobilitätseinschränkung würden damit in Zukunft die größten Umwege und neue Hindernisse wie Treppen, lange Rampen und störanfällige Aufzüge aufgebürdet. Außenbahnsteige hingegen können durch kurze Rampen an das Gelände angepasst werden, sie sind ohne Lifte erreichbar. Die Benutzerfreundlichkeit im Normalbetrieb müsse höher bewertet werden als betriebstechnische Vorteile im Ausnahmefall bei einer Störung. "Wenn ein Baum auf die Schienen fällt, ist es egal, auf welchem Gleis die S-Bahn blockiert ist", sagt Brückner.

Das Verkehrsforum fordert außerdem städtebaulich attraktivere Bahnhöfe und mehr Aufenthaltsqualität für alle. Nur so könnten neue Fahrgäste zum Umstieg vom Auto auf die Bahn bewegt werden. Für Puchheim favorisiert das Verkehrsministerium einen barrierefreien Umbau des Puchheimer Bahnhofes dergestalt, dass ein zweiter, kleiner Fußgängertunnel unter den Gleisen gebaut wird, mit Aufzügen versehen, über die der Mittelbahnsteig erreichbar wäre. Der Senioren- und Behindertenbeirat fordert jedoch Außenbahnsteige, weil die Aufzüge störungsanfällig sind und mitunter für Wochen und Monate nicht funktionieren.

Die Petition für Außenbahnsteige wird von Vertretern und Gliederungen des VdK, der Arbeiterwohlfahrt, Caritas und Diakonie, etlichen Beiräten, ADFC, Pro Bahn und Bund Naturschutz, Freien Wählern, Grüne, ÖDP, SPD, UBV sowie dem Arbeitskreis Schienenverkehr des Münchner Forums und der Bürgervereinigung Aubing-Neuaubing unterstützt.

Kompliziert wird der Umbau in Puchheim dadurch, dass die bayerische Staatsregierung den Ausbau der S 4 seit Jahrzehnten verschleppt und zwischen drei und vier Gleisen schwankt. Aktuell wird der Ausbau mit drei Gleisen geplant, er könnte aber später auf vier Gleise erweitert werden, wie es angeblich in einer neuen Machbarkeitsstudie des Ministeriums heißt. Brückner rügt in diesem Zusammenhang, dass diese Studie, die Schreyer bereits im Frühjahr vorgestellt hat, bis heute nicht veröffentlicht wurde. "Ohne Kenntnis dieser Studie ist es den Landtagsabgeordneten nicht möglich, Entscheidungen zum Streckenausbau zu treffen", erklärt Brückner. In der Sitzung des Ausschusses soll ein Vertreter des Ministeriums geäußert haben, die Studie werde nicht vor Sommer 2022 veröffentlicht, weil man die Ergebnisse mit der Bundesregierung abstimmen wolle, berichtete Brückner. Auf Anfrage der SZ hatte es im Frühjahr geheißen, man feile noch an Details, das Papier werde im Herbst 2021 zugänglich gemacht.

Zusammen mit der Veröffentlichung sollen auch die aktuelle Petition zu den Außenbahnsteigen und die Bürger-Petition Außenbahnsteig Nord der Senioren- und Behinderten-Beiräte von Puchheim von 2018 erneut im Ausschuss behandelt werden. "Wir können also davon ausgehen, dass vor Sommer 2022 nichts entschieden wird und auch die Planung der DB wieder mal ruht. Aber das sind wir ja schon über 30 Jahre lang so gewöhnt", kommentiert Brückner.

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Quelle:
SZ vom 06.12.2021
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