Das Schönste an Festakten in öffentlichen Einrichtungen ist mitunter, dass die Reihe an Danksagungen, Selbstbeweihräucherungen und oberflächlichem Gewitzel endlich ist. Die Party zum 50. Geburtstag des Gymnasiums Puchheim hob sich davon wohltuend ab, vermutlich weil die Schüler eines P-Seminars „Event“ die Feier mit organisiert hatten. Geboten wurden viel Musik von Big Band und Symphonieorchester, Videoclips, Sketche und knappe Grußworte.
Der Festakt in der Aula begann mit einem Auftritt des Schauspielers und Comedians Simon Pearce, der sein Abitur 2002 im Haus gemeistert hat, und endete mit einer Rede von Direktorin Monika Christoph, die sich wünschte, dass die neuen Turnhallen endlich fertig werden und Toiletten und Dach des Hauses noch vor dem 60. Geburtstag saniert werden.
Pearce karikierte Freud und Leid des Schülerdaseins. Ihm gefiel es so gut am „Gymp“, dass er Extrarunden drehte. Er dankte seinem alten Mathelehrer im Publikum, der ihm damals auf magische Weise zu besseren Noten verhalf, bescheinigte dieser Fachrichtung jedoch sonst wenig Empathie mit Menschen zu zeigen, die nicht in ihrer Welt lebten.
Bemerkenswert war, dass der Comedian bei dem festlichen Anlass den Alltagsrassismus thematisierte, dem er aufgrund seiner deutsch-nigerianischen Herkunft ausgesetzt ist. Pearce berichtete von einem Schulausflug mit Fahrrädern, bei dem er als einziger von Polizisten kontrolliert wurde, die ihm unterstellten, er könnte das Fahrzeug geklaut haben. Aufgrund seiner krausen Haare würden sich biodeutsche Zeitgenossen immer wieder herausnehmen, ihm einfach ungebeten an den Kopf zu fassen. Das erste aber nicht einzige Mal widerfuhr ihm das mit 19 Jahren in der S-Bahn von einer älteren Dame. Pierce reagierte angemessen, in dem er ihr an den Truthahnhals griff.
Landrat Thomas Karmasin (CSU) und der Puchheimer Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) erinnerten daran, dass diese Schule ihre Existenz nicht nur dem Boom des Speckgürtels um München schuldet, sondern der damaligen Vorstellung, höhere Bildung breiteren Kreisen zugänglich zu machen, nicht bloß den oberen Ständen. Eine Erfolgsstory sei aber kein Selbstläufer, sondern die Schule müsse sich weiter entwickeln und neu „erfinden“, um den Nachwuchs darauf vorzubereiten, die gesellschaftlichen Probleme zu meistern, mahnte Seidl. Er wünscht sich eine „Schule aus einem Stück“ - womit der gelernte Pädagoge ein System meint, in dem nicht nach der Grundschule selektiert wird – und nicht noch mehr Leistungsdruck auch für Eltern entsteht.
Während einige Redner, wie Ministerialrat Robin Pantke, den Umstand lobten, dass das Gymnasium Puchheim immer wieder Modellschule war, etwa für das „neue neunjährige Gymnasium“, verwies der Elternbeirat in einem Sketch dezent auf „das Gehampel“ zwischen acht- und neunjährigem Gymnasium, das sich der erratischen Schulpolitik der CSU verdankte. Das Trio um die Vorsitzende Andrea Lups erinnerte an die Elterninitiative, die die Kommunalpolitiker dazu bewegte, das Gymnasium einzurichten, an die bescheidenen Anfänge 1974 in Räumen der Grundschule am Gerner Platz und dem Umzug rund zweieinhalb Jahre später in den „Glaspalast“, dessen Architektur mehrfach gerühmt wurde, nach sagenhaften drei Jahren Bauzeit.
Den „Gründungsmythos“ hatte zuvor schon der Bürgermeister vorgetragen. Der Standort war zwischen Eichenau und Puchheim höchst umstritten, weil eine solche Einrichtung ein Pfund für jede Kommune ist und ihren „ökonomischen Impact“ hat, wie Seidl formulierte. Sein Vorvorgänger Erich Pürkner (CSU) soll den Streit gewonnen haben, indem er einfach das Grundstück am Ortsrand gekauft und mit der notariell beglaubigten Urkunde den damaligen Landrat vor vollendete Tatsachen gestellt haben soll.
Etwas Unruhe kam im Publikum auf, als der Eichenauer Bürgermeister Peter Münster (parteifrei) freimütig bekannte, er habe sich 1976 für den Besuch des Viscardi-Gymnasiums entschieden. Dafür sicherten ihm die Geschenke, die er mitbrachte, großen Applaus: ein Elsbeeerbaum und eine Spende für die Renovierung.
Die Direktorin knüpfte in ihrer Rede an die Geschichte des Areals an, das erst Flugfeld, dann Kriegsgefangenenlager war. Dem Traum vom Fliegen und von Freiheit folgte der Traum von Bildung vor Ort, die „zu mehr Wohlstand und erfüllten Leben“ beitragen sollte. Christoph würdigte das Engagement der Lehrer und Eltern und besonders der Schüler. Von etwa 1000 Kindern und Jugendlichen, die das Gymnasium besuchen, ist fast ein Drittel in irgendeiner Form in Aktivitäten engagiert, die außerhalb des Unterrichts stattfinden.