Puchheim:Geld ohne Bedingung

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Initiative Grundeinkommen Amperland leistet Überzeugungsarbeit

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Tausend Euro für jeden Erwachsenen und vielleicht auch für jedes Kind pro Monat ohne Bedürftigkeitsprüfung, ohne Bedingung aufs Konto? Kann Deutschland etwa eine Billion Euro pro Jahr dafür verkraften? Reimund Acker und seine Mitstreiter von der Initiative Grundeinkommen Amperland meinen Ja. Ackers Leidenschaft für das bedingungslose Grundeinkommen ist spürbar vorhanden. Geduldig erklärt er neuen Besuchern beim Treffen der Initiative in Puchheim, wie so ein Modell Grundeinkommen aussehen könnte. An diesem späten Vormittag soll vor allem über das Grundeinkommen für Kinder geredet werden. Dazu kommt es kaum, denn erst einmal müssen die "Basics", wie der sehr eloquente Acker es ausdrückt, dargestellt werden.

Reimund Acker, 69, war in den Achtzigerjahren mal Gemeinderat der Grünen in Puchheim. "Da war ich Einzelkämpfer", erzählt der Mathematiker und Software-Ingenieur. Heute ist das ähnlich, aber auch nicht ganz so. Seit 2010 gibt es die Initiative, die sich einmal im Monat in Puchheim trifft. Häufig kommen mehr als ein Dutzend Aktivisten und Interessierte vorbei, an diesem Tag sind es sechs. Acker realistisch: "Es ist überschaubar, sicherlich keine Massenbewegung." Doch das Thema sei längst aus der Nische von Expertendiskussionen herausgekrochen. "Grundeinkommen wird ständig in Talkshows behandelt." "Animieren tausend Euro pro Monat nicht zur Faulheit?", fragt eine Gröbenzeller Besucherin. Acker erinnert sich: "Als wir unseren ersten Info-Stand in Germering gemacht haben, wurden wir als Faulpelze beschimpft."

"Der Grundgedanke ist, jedem Einzelnen mehr Freiheit zu ermöglichen", antwortet Acker. "Es wird auf Bedingungen verzichtet, das ist das Revolutionäre an der Idee." Er hat keinen Zweifel, dass sich die Menschen trotzdem eine "Arbeit ihrer Wahl" suchen werden. Wenn es die dann gibt. "Mit nur tausend Euro hast du heute keine Wahl", widerspricht eine Besucherin aus Germering. 1500 Euro seien bei den Mietkosten in der Region München der Mindestbetrag. Die tausend Euro Grundeinkommen sind seit acht Jahren im Gespräch, inzwischen sind die Lebenshaltungskosten gestiegen.

Muss es für Großstädter eine Art "Mietzuschuss" geben? Soll das Grundeinkommen auch allen Wohlhabenden oder gar Millionären zu Gute kommen? Acker und sein anwesender Mitstreiter der ersten Stunde, der Puchheimer Musiker Günther Gebauer, meinen, wenn die Bedürftigkeitsprüfung als Voraussetzung für eine Grundeinkommen, das bedingungslos ist, wegfalle, könne man nicht nach Wohlhabenden und Armen differenzieren. "Die Hälfte der Wertschöpfung im Land soll an alle gehen", sagen die beiden Aktivisten übereinstimmend. Viele weitere Fragen tauchen auch beim Initiativen-Treff auf. Was passiert mit Rentnern? Wird der Sozialstaat komplett abgeschafft, um das Grundeinkommen zu finanzieren? Drücken die Unternehmen die Löhne und Gehälter, weil sie das Grundeinkommen in den Lohn miteinrechnen? Werden Gewerkschaften überflüssig sein? "Die Streikfähigkeit der Gewerkschaften erhöht sich sogar, weil das Grundeinkommen die Streikkasse entlastet", hält Acker dagegen. Und die Kinder? "Das hängt davon ab, ob sie einen eigenen Haushalt haben", so Acker. 500 Euro pro Kind im Haushalt wäre eine Richtmarke. "Sozialreaktionär" sei die Kritik des Philosophen Richard David Precht, der Eltern "ohne Perspektive auf einen Beruf" unterstelle, sie würden dann fünf Kinder zeugen, lediglich um auf diese Weise abzukassieren.

Kontakt unter grundeinkommen-amperland@t-online.de.

© SZ vom 20.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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