Bäume, Beeren, Käferkeller:Wo Menschen und Vögel sich wohlfühlen

Bäume, Beeren, Käferkeller: Joachim Mayer sitzt gerne in seinem Garten. Er freut sich, dass sich darin auch viele Vögel wohlfühlen.

Joachim Mayer sitzt gerne in seinem Garten. Er freut sich, dass sich darin auch viele Vögel wohlfühlen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Garten von Joachim Mayer in Puchheim ist vom Landesbund für Vogelschutz ausgezeichnet worden. 20 weitere im Landkreis haben sich beworben.

Von Ingrid Hügenell, Puchheim

Tief einatmen, langsam ausatmen. Aufatmen. Das kann man, wenn man den Garten der Familie Mayer in Puchheim betritt. Das 700 Quadratmeter große Grundstück ist eine grüne Landschaft, in der es viel zu entdecken gibt. Einen Steinelefanten auf einer Säule, farbige Keramikobjekte, dazu Bäume, Blumen, Beerensträucher. Was es nicht gibt: Mähroboter und Pestizide. "Das ist natürlich tabu", sagt Mayer.

Die schmalen Wege, die in die Wiese gemäht sind, führen zu Rabatten, Wasserstellen, von denen es im Garten vier oder fünf gibt, zu ebenso vielen sonnigen oder schattigen Sitzplätzen und zwei Terrassen. "Wir wandern mit der Sonne", erklärt Joachim Mayer, 62, Verkehrsingenieur im Ruhestand.

Seit er nicht mehr arbeitet, hat er mehr Zeit für den Garten und engagiert sich beim Landesbund für Vogelschutz. "Ich wollte etwas machen für Natur- und Artenschutz", sagt er. Motiviert worden sei er auch durch seine Tochter. Sie hat Umwelt- und Naturwissenschaft in Freiburg studiert und macht gerade ihren Master in Umweltmanagement.

So kam es, dass Mayer von der Auszeichnung "Vogelfreundlicher Garten" des Naturschutzverbands erfuhr. Er ließ nicht nur seinen eigenen Garten zertifizieren, sondern gehört auch zu dem sechsköpfigen Team von Bewertern im Landkreis. Natürlich hätten die Kollegen und Kolleginnen seinen Garten unter die Lupe genommen, sagt Mayer und lacht, als ersten, zum Üben. Etwa 20 Gartenbesitzer zwischen Puchheim und Moorenweis hätten sich bisher gemeldet, "und es kommen immer noch welche dazu".

Bäume, Beeren, Käferkeller: Wer mindestens 25 von 75 Federn erhält, kann sich das Schild "Vogeldfreundlicher Garten" von LBN und bayerischem Umweltministerium am Gartenzaun anbringen.

Wer mindestens 25 von 75 Federn erhält, kann sich das Schild "Vogeldfreundlicher Garten" von LBN und bayerischem Umweltministerium am Gartenzaun anbringen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Das freut den Gärtner und LBV-Aktiven. Denn entstehen soll durch die bayernweite Initiative ein Netzwerk vogelfreundlicher Gärten. Die Hoffnung ist, dass so der Rückgang der Arten und der Individuen gemildert werden kann. Wer sich für die Auszeichnung bewirbt, muss 25 von möglichen 75 Punkten, Federn heißen sie hier, in seinem Garten erreichen. "Keine allzu hohe Hürde", findet Mayer. Federn kann man in sechs Themenfeldern erwerben.

Dazu gehören natürlich Möglichkeiten für Vögel, ein Nest zu bauen, sich zu verstecken und im Sand oder Wasser zu baden. Mayers Garten erfüllt dies durch Eibenhecken, die auch im Winter grün sind, durch Bäume und Sträucher, staubige Stellen, die Spatzen gerne aufsuchen, und durch die diversen kleineren und größeren Wasserbecken. In denen tummeln sich Molche und Kaulquappen, Libellen jagen durch die Luft.

Mähroboter und Gift sind Ausschlusskriterien

Gezählt werden auch eine naturnahe Gestaltung des Gartens mit vielen heimischen Arten und Angebote für Insekten. Denn die, vor allem ihre Larven, sind das Babyfutter der Vögel. Mayer hat deshalb eine kleine Wiese, die er nur einmal im Jahr stückweise mäht. Er hat Insektenhotels und Steinhaufen, lässt Laub liegen, hat offene Stellen in Beeten sowie einen Käferkeller: Ein Loch im Boden, wo früher ein Baum stand, hat er mit Holzresten, Steinen und Laub befüllt, das schätzen die Krabbeltiere. Einen kranken Apfelbaum hat er nicht gefällt, sondern nur beschnitten und als Totholz stehen gelassen. Er wird vielen Insektenlarven ein Zuhause bieten und so auch Spechte anlocken.

Bäume, Beeren, Käferkeller: Eine Futterstelle kann im Garten sein, ein Muss ist sie aber nicht. Joachim Mayer füttert vor allem im Winter.

Eine Futterstelle kann im Garten sein, ein Muss ist sie aber nicht. Joachim Mayer füttert vor allem im Winter.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Wer einen Mähroboter hat, mit Laubsauger oder Laubbläser hantiert, Schneckenkorn oder Giftköder verwendet, flächig auf Unkrautvlies Schotter oder Kies im Garten hat, ist raus und kann die Auszeichnung nicht erhalten. Ausschlusskriterien sind auch flächig verteilter Rindenmulch oder Holzhäcksel und unnötig große versiegelte Flächen. Mayer sammelt die Nacktschnecken ab, und manche Pflanzen gibt es in seinem Garten derzeit nicht - diejenigen, die den Schnecken besonders gut schmecken. Er hofft, dass sich über die Zeit ein natürliches Gleichgewicht einstellt mit natürlichen Feinden der Weichtiere. Viele Käfer fressen Schneckeneier und sogar Jungtiere.

Es gibt auch Muss-Kriterien, zwei müssen erfüllt sein: Insektenvielfalt, Früchte/ Beeren/ Samenstände, Nistmaterial und eine wilde Ecke. Mayers Garten hat gleich mehrere wilde Ecken, in denen zum Beispiel Brennnesseln wachsen. Und er hat mehr als 20 Vogelarten beobachtet oder gehört, von der Amsel über den Kernbeißer bis zum Zaunkönig. So habe sein Garten mehr als 50 Federn erreicht, sagt er stolz.

Bäume, Beeren, Käferkeller: Ganze Schwärme von Stieglitzen kommen in Joachim Mayers Garten, seit er im Winter die Samenstände von Pflanzen wie etwa der Nachtkerze stehen lässt.

Ganze Schwärme von Stieglitzen kommen in Joachim Mayers Garten, seit er im Winter die Samenstände von Pflanzen wie etwa der Nachtkerze stehen lässt.

(Foto: LBV München/oh)

Doch nicht nur den Tieren, auch den Menschen bietet der Garten viel. Es gibt allerlei zu schauen und zu entdecken, von den hellvioletten Witwenblumen in der Wiese über die Maiglöckchen an der Terrasse bis zu den schon reifenden Früchten der Felsenbirnen, Stachelbeeren und Zwetschgen. Der leuchtend gelb blühende kalifornische Mohn erinnert Mayer an seine Zeit in den USA, ein kleiner Zen-Garten an ein Projekt in Japan. Wenn er sich erholen wolle, gehe er in den Garten, sagt Mayer, und wenn es nur eine halbe Stunde sei. "Dann binde ich hier etwas hoch und reiße da etwas heraus. Und ich lerne ständig was dazu."

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