Naturschutz:Eine Frage des politischen Interesses

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Eine beispielhaft angelegte Ausgleichsfläche findet sich in Puchheim. (Foto: Peter Bierl)

Der Landesbund für Vogelschutz hat knapp 500 ökologische Ausgleichsflächen im Landkreis unter die Lupe genommen. Danach werden fünf Prozent schlecht oder gar nicht umgesetzt.

Von Peter Bierl, Puchheim

Wer ein Haus baut, muss laut Gesetz eine ökologische Ausgleichsfläche einrichten. Der Landesbund für Vogelschutz (LB) hat nun geprüft, ob und wie diese Maßgabe eingehalten wird. Im Landkreis haben Ehrenamtliche knapp 500 Öko-Flächen geprüft. Fast 40 Prozent werden kompetent und gut umgesetzt, neun Prozent schlecht und fünf Prozent gar nicht, bilanziert Simon Weigl, Leiter der LBV-Kreisgeschäftsstelle. Im bayerischen Vergleich stünde der Landkreis damit gut da, im Freistaat werden ein Viertel der Ausgleichsflächen gar nicht erst angelegt, berichtete Katharina Beckstein, die das Projekt des LBV leitet.

Der LBV präsentierte die Ergebnisse seiner Studie im Ambiente einer mustergültig angelegten Ausgleichsfläche für eine Wohnsiedlung in Puchheim. Die Fläche wurde vor elf Jahren am westlichen Ortsrand angelegt. Der frühere Acker hat sich zu einem Vogelparadies entwickelt. Auf etwa 21 000 Quadratmeter stehen mehr als 4100 Bäume und Sträucher, darunter viele Schlehen, Wildrosen und Hartriegel. Anfangs musste die Stadt immer wieder nachpflanzen. Einige hundert Pflanzen wurden ausgegraben und zieren heute hoffentlich naturnahe Gärten, wie Monika Dufner, die Umweltbeauftragte der Stadt berichtet.

Für das Bauwasser legte man damals zwei Mulden an, aus denen inzwischen zwei Tümpel geworden sind. Rundherum sind Weiden gewachsen, die zurückgestutzt werden müssen. Ein Teil des Areals ist Sukzessionsfläche, dort entwickelt sich der Bewuchs ohne menschliche Eingriffe, und im Süden liegen Blumenwiesen, die zweimal im Jahr vom Maschinenring gemäht werden. Weigl lobte, dass die Ausgleichsfläche keine "Insel im Nirgendwo" darstelle, sondern Teil eines Netzes von Biotopen sei, das sich entlang des Ascherbachs bis Gröbenzell zieht.

Simon Weil vom Landesbund für Vogelschutz und Monika Dufner vom Umweltamt Puchheim. (Foto: Peter Bierl)

Der bayerische LBV-Vorsitzende Norbert Schäfer sprach deshalb von einem "Wohlfühltermin". Nicht überall würde die gesetzliche Maßgabe so vorbildlich erfüllt wie in diesem Fall. "Anderswo bleibt es bei einem Maisacker", rügte er. In solchen Fällen versuche der LBV Überzeugungsarbeit zu leisten, reicht aber notfalls auch mal Klage ein.

Die Untersuchung im Landkreis ist Teil eines bayernweiten Projekts. Ehrenamtliche inspizieren Ausgleichsflächen und bewerten deren Zustand. Im Landkreis Fürstenfeldbruck haben die Naturschützer 495 von 586 Ausgleichsflächen in 19 von 23 Kommunen unter die Lupe genommen. Davon wurden 25 gar nicht und 43 schlecht, aber 197 gut umgesetzt. Die übrigen 234 ausgewiesenen Flächen befinden sich in der Umsetzung, "dort tut sich erkennbar was", berichtete die LBV-Aktivistin Hildegard Jakobs.

Vorbildlich dürfte Maisach sein. Die Ehrenamtlichen attestierten 85 von 88 Flächen eine gute Umsetzung, in Germering erhielten 12 von 23 und in Puchheim 16 von 31 dieses Lob. In Bruck bekamen dagegen von 82 Flächen nur 18 die Bestnote, 14 wurden bislang nicht und 13 nach Ansicht des LBV schlecht umgesetzt. Mit der Umsetzung hapere es in manchen ländlichen Kommunen, wobei Weigl Oberschweinbach hervorhob, dort mangele es "am politischen Willen". Der Bürgermeister war am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Für die Defizite sieht Weigl eine Reihe von Gründen. Abgesehen vom politischen Interesse, fehle es manchen Kommunen an Geld und Personal. Wenn Mitarbeiter für Bauanträge und Ökoflächen gleichzeitig zuständig sind, sei das keine gute Kombination. Schon wegen Überlastung werde der Naturschutz vernachlässigt. Außerdem werde unterschätzt, dass die Flächen gepflegt werden müssen. So dürfen artenreiche Feuchtwiesen nicht von Sträuchern, Birken oder Pappel überwuchert werden.

Ein weiteres Problem sei die Überwachung. Wer baut, muss eine Ausgleichsfläche anlegen und pflegen, das gilt für private Bauherren wie Kommunen. Die Flächen von Privatleuten sollen von den Kommunen kontrolliert werden. Allerdings würden Verstöße oft nicht geahndet, schon in der Bauplanung würden keine Sanktionen verankert, sagte Weigl. Bei eigenen Projekten muss die Kommune sich selbst kontrollieren.

Manchmal sind Nachbarn das Problem. Wenn die Ausgleichsfläche direkt an den Garten angrenzt, würden sich manche daran stören, dass Naturschutzflächen "nicht aufgeräumt" ausschauen, wie Dufner erzählte. Es gebe sogar Hausbesitzer, die eine Thujenhecke in der Ausgleichsfläche pflanzen, um Platz zu sparen. Wichtig sei deshalb Überzeugungsarbeit, sagte der LBV-Vorsitzende Schäfer: "Das Naturerlebnis können alle genießen. Im Frühjahr wird man mit einem erstklassigen Vogelorchester belohnt."

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