Puchheim:Niederschwelliges Angebot

Puchheim: Bürgermeister Norbert Seidel ließ sich von Dr. Ute Hartenberger, Landesgeschäftsführerin der Europa-Union Bayern, die Inhalte und Ziele des Outdoor-Lehrpfads erläutern, der noch bis zum 24. März in der Grünanlage Oberen Lagerstraße/Tannenstraße stehen wird.

Bürgermeister Norbert Seidel ließ sich von Dr. Ute Hartenberger, Landesgeschäftsführerin der Europa-Union Bayern, die Inhalte und Ziele des Outdoor-Lehrpfads erläutern, der noch bis zum 24. März in der Grünanlage Oberen Lagerstraße/Tannenstraße stehen wird.

(Foto: Europa Union Bayern/oh)

Die Europa-Union will den europäischen Gedanken auf vielfältige Art unter die Leute bringen.

Von Peter Bierl, Puchheim

Für die Werte der Europäischen Union wirbt die Europa-Union derzeit mit einem Wanderweg in Puchheim. An den acht Stationen können sich die Einwohner bis Donnerstag, 24. März, über die Werte und Grundrechte informieren, auf denen die EU beruht, die Grundrechtecharta der EU, die Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, wie diese Werte im europäischen Alltag umgesetzt sowie weltweit geschützt und gefördert werden, wie es auf den Tafeln heißt.

Die Europa-Union als Bewegung ist nicht zu verwechseln mit der heutigen Europäischen Union als Staatenbund. Die Bürgerinitiative wurde 1946 gegründet. Ihre Mitglieder engagieren sich seitdem für eine europäische Einheit und gegen den Nationalismus. 1951 kam die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) zustande, die beinhaltete, dass die Bundesrepublik, Frankreich, Italien, Niederlande und Luxemburg untereinander zollfrei Kohle und Stahl handelten. Diese Montanunion ist der älteste europäische Verbund. Es war noch ein weiter Weg bis zu heutigen EU.

Kulturell und gesellschaftlich offen

Das aktuelle Erstarken von rechten Parteien, die sich gegen die EU wenden, hat die Bürgerbewegung auf den Plan gerufen. In 14 der 27 Mitgliedstaaten der EU seien rechtspopulistisch-nationalkonservative oder rechtsnationalistische Parteien in den Parlamenten vertreten, in sechs davon stellten sie derzeit die Regierung oder seien als Koalitionspartner beteiligt. "Die gesellschaftlich-kulturelle Offenheit in diesen Ländern verändert sich, Intoleranz und nationalistische Abgrenzungstendenzen nehmen zu", heißt es dazu.

Der Wertewanderweg ist ein niederschwelliges Bildungsangebot gegen solche Tendenzen. Als die Europa-Union das Projekt begann, ging es vor allen Dingen um die EU-interne Auseinandersetzung um Dinge wie Rechtsstaatlichkeit, Solidarität und Grundrechte, um die autoritäre Entwicklung in Ungarn und Polen. Durch den Krieg in der Ukraine habe das Thema noch einmal eine völlig neue Relevanz erhalten, sagte Ute Hartenberger, die Geschäftsführerin des bayerischen Landesverbandes. "Jetzt müssen wir uns fragen, wie wir es als Europäer mit diesen Werten halten, wenn sie in einem europäischen Nicht-EU-Staat massiv angegriffen werden."

Allerdings ist die Wanderausstellung reichlich unkritisch, Widersprüche zwischen Ansprüchen und Wirklichkeit sind kein Thema. So ließe sich die Frage stellen, wie es Europäer mit Grund- und Menschenrechten halten, wenn sie mit Diktaturen wie Saudi-Arabien, dem Iran oder China kooperieren. Die umstrittene Fußballweltmeisterschaft in Katar, einer absolutistischen Monarchie, die islamistischen Terrorismus fördert, Frauen und Homosexuelle unterdrückt und Arbeitsmigranten wie Sklaven ausbeutet, wäre ein aktuelles Beispiel. Auch nicht thematisiert werden Freihandelsabkommen, die die EU afrikanischen Staaten zum Teil aufgenötigt hat und die dort zum Ruin von Kleinbauern beitragen. Hartenberger räumt solche Defizite durchaus ein: "Eine kritische Ausstellung war nicht das Ziel." Persönlich komme ihr aber auch "die Galle hoch", wenn billiges Hühnerfleisch nach Afrika exportiert werde.

Zur Verteidigung verweist die Landesgeschäftsführerin darauf, dass Grund- und Menschenrechte immerhin als solche anerkannt sind, woraus sich Schutzansprüche ableiten lassen und die Kritik ein Fundament hat. Manchen Menschen seien ihre Rechte gar nicht bewusst, deshalb sei Aufklärung durch Projekte wie die Wanderausstellung notwendig. Für eine kritische Debatte bestehe Gelegenheit bei einer Veranstaltung in den Räumen der Volkshochschule am Donnerstag, 24. März, um 19.30 Uhr.

Das Projekt Wertewanderweg wurde 2020 von der Europa-Union Bayern im Europäischen Parlament beantragt und bewilligt. Finanziert wird es deshalb von der EU sowie dem Freistaat Bayern. Gezeigt wurden die Tafeln bislang in acht bayerischen Kommunen. Inzwischen gibt es auch eine deutsch-tschechische Version.

In Puchheim kooperiert die Europa-Union mit der Volkshochschule. Am Samstag ist ein "Wertespaziergang" geplant, der um 11 Uhr an der ersten Tafel des Outdoor-Lehrpfades in der kleinen Grünanlage an der Oberen Lagerstraße / Tannenstraße beginnen soll. Mit der Aktion will der Landesverband der Europa-Union auch seinen Kreisverband wiederbeleben, der einst der größte in Bayern war, wie Hartenberger erzählte. Derzeit würden dem Kreisverband etwa 20 Personen angehören.

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