Puchheim:Einkaufswagen schlägt neben Frau auf

Unbekannte werfen einen schweren Drahtkorb aus einem Hochhaus in der Puchheimer Planie. Er landet auf einem offenen Übergang im ersten Stock - knapp neben einer 62 Jahre alten Bewohnerin

Petra Fröschl

Das hätte im schlimmsten Fall tödlich ausgehen können: Aus einem Hochhaus im Puchheimer Viertel Planie haben Unbekannte am Sonntagnachmittag einen Einkaufswagen geworfen. Der Drahtkorb landete mit großer Wucht auf dem im Freien befindlichen Übergang im ersten Stock und verfehlte nur knapp eine 62 Jahre alte Bewohnerin. Bereits in den Tagen zuvor waren zwei Einkaufswagen auf dem Übergang gelandet. Die Gröbenzeller Polizei geht nicht von gezielten Angriffen aus, die Ermittlungen dauern jedoch an.

Es war am helllichten Tag gegen 14 Uhr, als der Einkaufswagen auf dem etwa drei Meter vorstehenden Vorsprung landete, der Wohnungen im ersten Stock mit dem Treppenhaus verbindet und den Eingangsbereich des elfstöckigen Hauses an der Adenauerstraße 9 überdacht. Die 62-Jährige wollte gerade ins Treppenhaus gehen, als das Drahtgestell von oben angeflogen kam. Die Frau blieb unverletzt und alarmierte die Polizei.

Bei den Ermittlungen fanden die Gröbenzeller Beamten heraus, dass bereits in der Nacht auf Samstag ein Einkaufswagen auf den Übergang geworfen worden war. Neben dem Eingang im Erdgeschoss fanden sie noch ein weiteres Gefährt, das zuvor offenbar ebenfalls auf dem Übergang landete. Die beschädigten Wagen, die allesamt aus einem nahe gelegenen Supermarkt stammen, wurden auf Fingerabdrücke und DNA-Spuren untersucht. Da sie durch viele Hände gingen, ist das aber schwierig. Weil alle drei Wagen recht stark demoliert waren, geht die Polizei davon aus, dass sie aus einem mittleren Stockwerk geschleudert wurden; auf jeder Etage des Hochhauses befindet sich eine Galerie im Freien. Ein Einkaufswagen wiegt etwa zehn Kilo, je nach Fallstrecke steigt sein Gewicht beim Aufprall auf ein Vielfaches an.

Hinweise auf den oder die Täter und das Motiv hat die Polizei noch nicht. "Wir gehen davon aus, dass die Taten nicht gezielt verübt wurden, weil sie zu unterschiedlichen Zeiten stattfanden", sagt Hauptkommissar Karlheinz Pangerl. Es könne sich um einen sehr misslungenen Scherz handeln, oder jemand störe sich an den Einkaufswagen, die immer wieder in den breiten Gängen des Treppenhauses stehen gelassen werden. "Bisher können wir nur spekulieren", sagt Pangerl. Der Polizeichef hofft, über Befragungen oder Zeugenhinweise an die Nummer 08142/595 20 einen Tipp zu bekommen. Weil die Polizei die Sache sehr ernst nehme, wurden gleich am Sonntag Warnhinweise aufgehängt und die Hausverwaltung eingeschaltet.

Auch Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) geht nicht von einer gezielten Tat aus. In einem Gebiet, wo knapp 3000 Menschen aus 70 Nationen leben, die Anonymität recht groß und die soziale Kontrolle niedrig ist, seien viele Gründe denkbar. Es komme in der Planie zwar immer wieder zu Nachbarschaftsstreits, doch außergewöhnlich groß sei die Kriminalität nicht. Als Eskalation eines Konflikts wertet Seidl den Vorfall nicht. Gleichwohl habe die Planie mehr Aufmerksamkeit verdient, die sie dank des Projekts "Soziale Stadt" bekommen werde: Unter anderem sollen die Immobiliengesellschaften aufgefordert werden, die teils stark heruntergewohnten Häuser zu sanieren. Außerdem sind soziale Projekte und Sprachkurse geplant, da sich die Struktur der Bewohner in den letzten zwei Jahren durch den Zuzug irakischer Familien stark verändert hat. Mittlerweile liegt der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund bei 40 Prozent, der Altersdurchschnitt ist mit 37 Jahren niedrig.

Die Tat vom Sonntag erinnert ein wenig an einen Vorfall in Münster. Zwei junge Frauen hatten dort 2008 aus Langeweile einen Einkaufswagen und Feuerlöscher aus dem achten Stock eines Hochhauses geworfen. Sie wurden wegen versuchten Mordes zu drei- und dreieinhalbjährigen Haftstrafen verurteilt. Anders als nun offenbar in Puchheim war ihnen bewusst, dass unten Menschen standen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: