Puchheim:Eine Lesung der eindringlichen Bilder

Puchheim: Dirk Reinhardt bei seiner Lesung aus seinem halbdokumentarischen Jugendroman "Train Kids" im Puchheimer Gymnasium.

Dirk Reinhardt bei seiner Lesung aus seinem halbdokumentarischen Jugendroman "Train Kids" im Puchheimer Gymnasium.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Autor Dirk Reinhardt sensibilisiert Achtklässler des Puchheimer Gymnasiums für ein Flüchtlingsdrama in Mittelamerika. Dort versuchen täglich Tausende von Jugendlichen, in die USA zu gelangen

Von Katharina Proksch, Puchheim

Die Gedanken und Gefühle von jungen Flüchtlingen bleiben in der nachrichtlichen Berichterstattung in der Regel im Verborgenen. Vor allem für Kinder selbst ist somit das Thema schwer greifbar und zugänglich. Der Münsteraner Autor Dirk Reinhardt hat sich deshalb dem Thema gewidmet und erzählt in seinem Jugendroman "Train Kids" von jugendlichen Flüchtlingen, die sich durch Mexiko schlagen, um in den USA ein besseres Leben zu finden. Am Dienstag war der 54-Jährige zu Gast bei den achten Klassen des Gymnasiums Puchheim. Der promovierte Historiker las nicht nur Ausschnitte aus dem Abenteuerroman vor, sondern berichtete auch ausführlich und in verständlichen Worten von seiner Recherche im Jahr 2013 in Mexiko und den Begegnungen mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen. Dabei machte er die Kinder auf den Plan des US-Präsidenten Donald Trump aufmerksam, eine Grenzmauer zu Mexiko zu bauen, und auch auf die Flüchtlingsströme, die nach Deutschland führen. Nach der Lesung ergriffen die Schüler die Gelegenheit und fragten interessiert nach weiteren Details und Reiseerfahrungen Reinhardts.

Täglich versuchen Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren der Armut ihrer Heimat Guatemala, El Salvador und Honduras zu entkommen. "50 000 bis 100 000 Jugendliche sind ständig unterwegs", verdeutlichte es Reinhardt. Quer durch Mexiko von Süden nach Norden begeben sie sich auf den Dächern von Güterzügen auf eine der gefährlichsten Reisen der Welt, wie es Amnesty International bewertet. Inspiriert von Begegnungen und Tatsachenberichten schickt Reinhardt in seinem halbdokumentarischen Roman Miguel, Fernando, Jaz, Emilio und Ángel auf den Flüchtlingsweg, der in Tapachula, im Süden Mexikos, beginnt. Dabei müssen sie auf fahrende Züge springen, sich vor Gaunern schützen und sind der brutalen Willkür der Polizisten ausgeliefert. Die Polizei selbst muss sich in Acht nehmen vor "La Migra", einer staatlichen Organisation, die sich entsprechend der Genfer Flüchtlingskonvention um die Rechte und Sicherheit von jugendlichen Flüchtlingen kümmert. Reinhardt versteht es, mit detailgetreuen Beschreibungen eindringliche Bilder im Kopf entstehen zu lassen.

Im Unterricht hatten die Lehrer, darunter Felicia Geuder-Hanslik, ihre Klassen auf das Flüchtlingsthema und die Lesung vorbereitet. Eindruck haben vor allem die Fotos bei den Schülern hinterlassen, die teilweise handgreifliche Szenen zwischen der Polizei und den Flüchtlingen zeigten. Diese seien von Amnesty International, klärte Reinhardt auf. Den Großteil der Aufnahmen habe er jedoch selbst gemacht. In Kontakt mit den Flüchtlingen kam er direkt oder über kirchliche Organisationen wie einer Herberge, die ein Mönch mit Absprache des örtlichen Polizeipräsidenten leitet. "Das mexikanische Gesetz verbietet ihnen eigentlich die Hilfe." Es sei nicht einfach gewesen nach den emotionalen und engen Bindungen zu den Jugendlichen, den Roman zu schreiben. Rationale Distanz sei nötig gewesen, um "Gefühlskitsch" zu vermeiden.

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