Puchheim:Ein Film zum Jubiläum

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Vera Greif zeigt Ausschnitte aus ihrer Doku über das Puchheimer Volksfest

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Puchheims Alt-Bürgermeister Herbert Kränzlein lässt sich nichts anmerken, als Horst Jesse plötzlich im Film auftaucht. Sicherlich hat er sich dann innerlich ziemlich geschüttelt, als der ehemalige Vorsitzende des Puchheimer Vereinsverbandes (PVV) Kränzlein ausdrücklich für den zwischenzeitlichen mehrjährigen Ausfall des Puchheimer Volksfestes verantwortlich macht. Das Interview mit Jesse war eine der politischen Überraschungen im Film über das Puchheimer Volksfest, den die Autorin Vera Greif auf dem gerade stattfindenden Volksfest einem kleinen Kreis von vorwiegend prominenten Lokalgrößen zeigte. Kurios: Die Filmvorführung versammelte die Puchheimer Bürgermeister der vergangenen 47 Jahre im Festzelt.

Der 20-minütige Film war so etwas wie eine verkürzte Vorpremiere, neudeutsch Preview, zum Thema "Volksfest im Wandel der Zeit", den Vera Greif im Auftrag der Stadt produziert hat. "Es sollte kein Werbefilm werden", bekräftigte die ehemalige Fotojournalistin aus Germering, die vor fünf Jahren ins Filmressort gewechselt ist. "Der Film sollte authentisch sein und alles ehrlich rüberkommen", so der Anspruch von Greif. Und so ein Volksfestfilm geht nicht ohne historisches Material und Zeitzeugen. Greif hat deshalb viel Zeit in die Recherche gesteckt. Sie hat Archivfotos gesichtet und konnte auf die Unterstützung des Puchheimer Archivars Werner Dreher bauen. Greif hat auch Super-8-Filme digitalisieren lassen, um den Beginn des Volksfestes im September 1961 in einer Sequenz zu dokumentieren.

Der technische Aufwand, den Greif betreibt, ist enorm. So wurde der Bieranstich von Bürgermeister Norbert Seidl des gerade laufenden Volksfestes mit fünf Kameras gefilmt. Mitarbeiter Jonny Freifeld präsentierte vor der Filmvorführung noch seine Drohne. Kaum 50 Zentimeter im Durchmesser groß, flog die mit einer eingebauten Kamera über den Volksfestplatz und lieferte ansprechende Aufnahmen. "So eine Kameradrohne kostet 1100 Euro und kann 25 Minuten in der Luft bleiben", erklärte Freifeld noch, als diese im Festzelt knapp über die Köpfe der Anwesenden zu einem Demonstrationsflug ansetzte. "Wie schneidet die Autorin so einen Film?", wollte Seidl, in diesem Fall als Moderator der Filmvorführung, wissen. "Das mache ich mit viel Bauch", antwortete Greif, "vor allem muss der Film spannend sein."

Spannung erzeugte Greif vor allem mit den eingestreuten Interviews mit Zeitzeugen. "Es geht darum, die Menschen selbst sprechen zu lassen", sagt sie, "und sie von den Interpretationen der Filmemacherin zu befreien." Der ehemalige Gemeinderat und so etwas wie der damalige Volksfestreferent, Franz Metz, berichtete von den Anfängen des Festes mit Schieß- und Wurfbude 1961. "Puchheim war damals nach Fürstenfeldbruck, Olching und Unterpfaffenhofen das vierte Volksfest im Landkreis". Erich Pürkner, Bürgermeister von 1970 bis 1988, hielt sich zugute, dass er 1973 die Organisation in die Hände des Vereinsverbandes PVV gegeben hat. 1975 hatte er den damaligen 90-jährigen "Flugpionier" Otto Lindpaintner im Festzelt präsentiert. "Das war richtig was los im Zelt", so Pürkner. Befindet sich doch der Volksfestplatz auf einem Teil des ehemaligen Geländes des Puchheimer Flugplatzes, der von 1910 bis 1914 existierte.

Greif interviewte auch Petra Schöniger, die Wirtin des Volksfestes von 1973 bis 2008. Im Hintergrund war ihr verstorbener Mann und Festwirt Heinz Schöniger auf einem Bild zu sehen. "Finanziell ging es nicht mehr", erklärte Petra Schöniger das Ende des Festes. Von 2009 bis 2012 fiel es aus. Das war in der Amtszeit von Peter Friedl als PVV-Vorsitzender. Friedls Vorgänger Horst Jesse machte den damaligen Rathauschef Kränzlein als Schuldigen aus: "Der fürchtete die geballte Vereinsmacht." Kränzlein ("das Oktoberfest überstrahlt alles") antwortete auf Nachfrage von Moderator Seidl gelassen auf diesen Vorwurf: "Ich hoffe, dass die positive Welle 20 Jahre anhält, dann könnt ihr wieder eine Pause machen." Seidl selbst kommt im Vorschau-Film als offenbar begabter Helfer im Bauhof vor. Er bohrte und sägte, damit die Schaukästen für das Volksfest noch rechtzeitig fertig wurden. "Die Zeitzeugen Seidl und Festwirt Jochen Mörz werden dann in der Endfassung im Oktober dabei sein", kündigte Vera Greif an. Der fertige Film soll dann etwa 40 Minuten lang sein und auch die geschnittenen Filmaufnahmen vom diesjährigen Volksfest enthalten - mit Spannung aus dem Bauch raus versteht sich.

© SZ vom 05.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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