Puchheim:CSU gegen CSU

JU-Podium Asyl

Eine zuweilen kontroverse Diskussion entwickelte sich auf der Puchheimer Podiumsdiskussion zum Thema Asyl.

(Foto: Günther Reger)

Bei der Podiumsdiskussion der Jungen Union zum Thema Asyl in Puchheim prallen unterschiedliche Meinungen in der Partei aufeinander. Während Landrat Karmasin Zäune und Grenzkontrollen fordert, rügt der frühere Vizebürgermeister Kippes das als veraltete Idee

Von Peter Bierl, Puchheim

Die Flüchtlinge spalten auch die CSU, das zeigte die Podiumsdiskussion der Jungen Union (JU) zum Thema Asyl im Puchheimer Kulturzentrum. Über 100 Bürger erlebten am Mittwoch eine Debatte, in der Ludwig Kippes, ein Urgestein der örtlichen CSU, Thomas Karmasin ein ums andere Mal in die Parade fuhr. Forderte der Landrat den Bau von Zäunen und Grenzkontrollen als selbstverständlich für einen Nationalstaat, verwarf der frühere stellvertretende Bürgermeister das als überholte Idee des 19. Jahrhunderts. "Das funktioniert doch nicht, wenn 50 000 Menschen hungernd und frierend vor der Grenze stehen", sagte Kippes. Der dritte auf dem Podium, der evangelische Pfarrer Markus Ambrosy, warb für eine Gesellschaft des Miteinanders und der Verschiedenheit.

Solche offenen Debatten sind in der CSU bislang eher selten. Die Nachwuchsorganisation trägt mit solchen Veranstaltungen zur demokratischen Kultur bei. Sie gehören zum neuen Stil der Fürstenfeldbruck JU, deren Puchheimer Vorsitzende, die Stadträtin Ramona Weiß, den Abend souverän moderierte.

Dabei stilisierte sich der Landrat zum Realisten, der von harten Fakten ausgeht und sich keine romantische Seite erlauben kann. Er behauptete, alle etwa 60 Millionen Flüchtlinge auf diesem Planeten wollten nach Deutschland, beschwor das Bild einer "geschlossenen Menschenkette" von Aleppo bis hierher und erzählte Anekdoten von Flüchtlingen, die nach zwei Jahren kaum ein Wort Deutsch können und nicht auf Baustellen arbeiten wollen. Die Kanzlerin Angela Merkel lasse alle rein, sagte Karmasin.

Als Pfarrer Ambrosy betonte, wie wichtig der Austausch sei, dass es für die einheimischen Christen spannend sein könnte, von Flüchtlingen etwas über den Islam zu erfahren, dafür aber notwendig, dass diese Deutsch lernen, weil das die Sprache der Mehrheit sei, warf der Landrat ein: "Noch." Ein Teil des Publikums applaudierte, während Kippes ihn rügte: "Das ist außerhalb der Diskussion, das sollte nicht sein." Karmasin ruderte zurück, das sei bloß "Galgenhumor" gewesen.

Die Fronten waren schnell klar: Karmasin will die Flüchtlinge stoppen. Das Asylrecht sei gut, wer es bis hierher schaffe, müsse gut behandelt werden, aber an der Grenze sei jeder zurückzuweisen, der aus einem sicheren Drittland wie Österreich oder einem sicheren Herkunftsland wie dem Senegal komme. Abschiebungen brächten gar nichts, weil sie mengenmäßig nicht ins Gewicht fallen. Der Landkreis habe heuer zehn Abschiebungen versucht, von denen nur sieben gelungen seien. Würden von den 3300 Flüchtlingen, die bis zum Jahresende in Fürstenfeldbruck erwartet werden nur 1000 bleiben und ihre Familien nachholen, müsste bei adäquater Verteilung auf den Landkreis eine Stadt wie Puchheim 100 Wohnungen bauen, rechnete Karmasin vor.

Kippes entgegnete, dass Flüchtlinge erst einmal versorgt werden müssen. Sie einfach abzuweisen ginge nicht, schon gar nicht von einer Partei, die sich christlich und sozial nenne. Ambrosy sprach von einer Verpflichtung gegenüber Menschen, die in Not sind. "Wenn Leute erfrieren, kann ich nicht einfach sagen, so ist das Leben", betonte er. Sowohl der Pfarrer als auch der ehemalige CSU-Gemeinderat wandten sich scharf dagegen, nur Menschen nach Deutschland zu lassen, die für die Wirtschaft brauchbar sind. "Das ist ökonomische Eugenik und war in der NS-Zeit verbreitet", kritisierte Kippes.

Der Landrat ist ohnehin überzeugt, dass 80 Prozent der Flüchtlinge keine adäquate Berufsausbildung hätten und nicht integrierbar seien. Der Pfarrer plädierte dafür sich von engherzigen Vorstellungen zu verabschieden. "Wir erwarten, dass die Ausländer deutscher sind als wir selber. Viele wollen nicht integriert werden, sondern hier arbeiten und in ihrer Kultur bleiben", sagte Ambrosy. Dennoch würden sich einige irgendwann als Deutsche verstehen. Man solle sich endlich darauf einstellen, dass das Land sich längst zu einer multinationalen und multireligiösen Gesellschaft gewandelt habe, erklärt er. Kippes erwartet von den Flüchtlingen eine "Aufnahmekultur". Sie müssten sich langsam in die neue Gesellschaft einfügen, weshalb Sprachkurse auch Landeskenntnisse vermitteln sollten.

Was die Sicherheit betrifft, waren sich alle einig, dass von den Flüchtlingen keine besondere Gefahr ausgeht. Karmasin kritisierte, dass die Polizei im sächsischen Heidenau tagelang zusah, wie der Mob gegen eine Unterkunft vorging. Der frühere Ministerialdirigent Kippes sagte: "Ich fürchte mich vor Fußballrowdys und gewaltsamen Demonstrationen und Gegendemonstrationen wie in Dresden." Ramona Weiß berichtete von einem "Selbstversuch", um verbreitete Klischees über männliche Flüchtlinge zu testen. Sie sei unlängst alleine in der neuen Puchheimer Unterkunft in der Siemensstraße gewesen. "Ich hatte keine Probleme mit den Männern dort."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: