Tempolimit:Puchheimer Verein fordert Verkehrsminister heraus

Lesezeit: 2 Min.

Wie viel Treibhausgase spart ein Tempolimit? Das wollte der Verein Campo Limpo vom Bundesverkehrsminister wissen. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Campo Limpo will, dass Volker Wissing die globalen Folgen von Tempo 120 untersuchen lässt. Der FDP-Kreisverband setzt auf Emissionshandel.

Von Peter Bierl, Puchheim

Der Ausstoß von Kohlendioxid könnte durch ein Tempolimit in der Bundesrepublik jedes Jahr um 400 Millionen Tonnen sinken, und zwar deshalb, weil deutsche Automobilhersteller keine überdimensionierten Wagen mehr bauen würden, sondern Karossen, die maximal 150 Stundenkilometer hergeben, und damit Ressourcen sparen. Die Berechnung stammt vom Wuppertaler Klimainstitut, das von einem globalen Downsizing-Effekt spricht.

Der Puchheimer Verein Campo Limpo hat sich deshalb an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gewandt. Er soll eine Studie in Auftrag geben, die die globale Wirkung von Tempo 120 in Deutschland berechnet. Die Puchheimer Aktivisten bekamen keine Antwort vom Herrn Minister, sondern lediglich von einer Referatsleiterin, die auf den Koalitionsvertrag verwies, wonach kein generelles Tempolimit vorgesehen sei.

Ausführlicher reagierten Martin Koch und Carolin Steiner vom Brucker Kreisvorstand der FDP sowie der Landtagskandidat Ulrich Bode auf Campo Limpo. "Der Markt regelt diese Dinge schneller und besser", heißt es in ihrem Brief. Die Politik müsse lediglich ein klares Ziel, die Reduktion des Ausstoßes von Gasen, und ein wirksames Lenkungsmittel, den Preis, vorgeben.

Sie verweisen auf den europäischen Emissionshandel, der die maximale Kohlendioxid-Menge vorgibt, die ausgestoßen wird, und schrittweise reduziert. Wer Treibhausgase produziert, braucht eine Lizenz, die an der Börse gehandelt wird. In der Theorie wird der Preis immer teurer, weswegen die Marktteilnehmer verzichten und nach Alternativen suchen.

Theorie und Praxis

In der Praxis würden die höheren Kosten auf die ärmeren Schichten der Bevölkerung abgewälzt, sagt Walter Ulbrich von Campo Limpo. Der CO2-Handel wirke wie eine Verbrauchssteuer.

Gemeint ist, dass auf Öl, Gas oder Benzin nur verzichtet, wer eine Alternative hat und sich diese leisten kann. Die anderen müssen sehen, wie sie mit steigenden Preisen zurecht kommen. Mieter können nicht einfach die Öl- oder Gasheizung austauschen, macht es der Eigentümer, kommt im Regelfall eine saftige Mieterhöhung. Wer auf das Auto verzichten will, braucht ein günstiges und zuverlässiges System aus Bus und Bahn, nicht das marode System der Bahn AG, die die Politiker einst an die Börse brachten. Auch in diesem Fall zeigte sich, dass der Markt zwar regelt, aber nicht zum Vorteil der Kunden der Bahn.

Ein Tempolimit würde bloß dazu führen, dass sich wie in den USA mehr Leute einen Wohnwagen kaufen, behaupten Koch, Steiner und Bode. Wieso ein solcher Zusammenhang vermittelt ist, steht in ihrem Schreiben nicht. "Das hat doch nichts mit dem Tempolimit zu tun", sagt Ulbrich. Dass in den USA so viele Menschen im Wohnwagen leben, liege eher am Markt: Es fehle an günstigen Wohnungen und die Löhne sind oft zu niedrig, weswegen sich viele Amerikaner bloß einen Wohnwagen leisten könnten.

Zusammenhänge erklären

Der Verein Campo Limpo engagiert sich seit 48 Jahren für Gerechtigkeit und Umweltschutz, vor allem durch Projekte in Brasilien. Er ist aber auch um Aufklärung über Zusammenhänge bemüht, wie das Nord-Süd-Tor am Bahnhof zeigt, das zum Nachdenken über neokoloniale Ausbeutung anregen soll.

"Wir können noch so viele Entwicklungsprojekte unterstützen - die entscheidende Wende für mehr Gerechtigkeit und die Überlebensfähigkeit auf unserer einen Erde muss durch eine grundlegende Reform des Wirtschaftens im industrialisierten globalen Norden erfolgen", schrieben Klaus Lindhuber und Karl Gschwindt dem FDP-Minister. Die aktuellen Krisen erforderten, den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, den Verbrauch von Rohstoffen und Energie zu reduzieren.

Bei Liberalen dürfte Campo Limpo damit auf taube Ohren stoßen, denn das Gesetz der Marktes lautet: Wachse oder Weiche. Demnach wird der Verbrauch von Energie, Rohstoffen und Flächen weiter wachsen, wie in den vergangenen 250 Jahren regulierter Marktwirtschaft.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusNeues Walderlebniszentrum
:Im Zauberwald

Zwischen Lost Place und Mittelerde: Im neu eröffneten Walderlebniszentrum Grafrath reisen Besucher zu amerikanischen Mammutbäumen und finden Ruhe unter japanischen Eiben.

Von Ingrid Hügenell und Jana Islinger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: