Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Zum Abschied eine Kunstauktion

Die Street-Art-Künstler verlassen ihre Ateliers am Alois-Harbeck-Platz. Mehr als zwei Jahre haben sie dort gearbeitet. Jetzt steht der Abriss der Gebäude an

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Wasser und Strom sind bereits abgeschaltet worden. Demnächst findet der Abriss der Gebäude statt. Zuvor ist das Kunstprojekt des Vereins "Buntheim" am Puchheimer Alois-Harbeck-Platz mit einer Auktion zu Ende gegangen. Die ist zur Freude der Organisatoren sehr erfolgreich gewesen. Gut 30 Interessenten hatten sich in den Räumen der ehemaligen Johanniter-Kinderkrippe "Himmelzeit" eingefunden und kräftig für die 19 Exponate geboten. "Prima", schwärmt dann auch Buntheim-Aktivist Mehmet Ismail Birinci, "von 19 sind 15 Bilder und Kunstobjekte versteigert worden." Exakt 1545 Euro kamen dem Kinderschutzbund Fürstenfeldbruck zu Gute, hatten doch die 16 ausstellenden Künstler ihre Exponate dem guten Zweck gespendet.

Zwei Wochen konnten die Künstlerinnen und Künstler ihre Exponate in den schönen Räumen von "Himmelzeit" präsentieren, bis die Auktion die Ausstellung abschloss. Die Erwerber kamen nicht nur aus Puchheim. "Ich musste den Anfang machen", meint eine Frau, die aus Friedberg gekommen ist und das Bild "Alles Mist" von Rosanna Schumacher für hundert Euro ersteigert hat. "Keine Zeit, keine Lust" hat Schumacher bis zu "Alles Mist" fortgeführt. "Diese Klagen aller Depressiven", sagt die Friedbergerin, "haben mich angesprochen." Sascha Mürken ist aus München hergefahren, um ein Bild von Matthias Edlinger, einem Münchner Künstler und Filmemacher, gezielt zu ersteigern. "Ich verfolge den Künstler seit Langem", sagt er und hat Erfolg. Das Startgebot von 190 Euro für die kleine Collage "Stars on Cardboard" erhöht Mürken um zehn Euro und bekommt den Zuschlag.

Auch für eine schwere Metalltür findet sich eine Käuferin

Dann steht eine mit düsterer Acryl-Farbe besprühte Metalltür zur Versteigerung. "Viel Spaß beim Transport", warnt Bundheim-Organisator Matt Wiegele den Erwerber vorher. Aufgesprüht hat der Künstler, der sich nur Discop nennt, einen Polizisten in voller Montur mit einem Kopf, der eine große Kamera ist. Einen blauen Luftballon hält der Polizist in der Hand. Die Versteigerung beginnt bei 25 Euro und eilt in Zehnschritten bis zu hundert Euro hoch. Marta Zientkowska-Schulz, Vorsitzende des Puchheimer Kulturvereins, erhält den Zuschlag. Die schwere Tür schleppt ihr Ehemann nach Hause.

Discops Thema ist die Polizei, das ist unübersehbar. Seine Exponate hat er zusätzlich mit rot-weißen Absperrbändern überspannt. "Polizisten sind nicht meine Feinde", sagt der jüngere Künstler im dunklen Frotteegewand, der sein Alter nicht nennen will. "Die Polizei ist genauso ein Spiegelbild der Gesellschaft." Discop kommt von der "klassischen Graffitikunst", wie er sagt. Seine Bilder, Sprühexponate und Collagen sieht er als "soziopolitische Statements". Der Verkauf seiner Exponate ist während der Ausstellung gut gelaufen. Sechs rote Kleckse bedeuten sechs verkaufte Kunstobjekte.

Mit spürbarer Wehmut verlässt Buntheim-Organisator Birinci den Alois-Harbeck-Platz. Ende 2019 startete der langjährige Quartiermanager in der Puchheimer Planie mit drei Mitstreitern die Kunstaktion am Harbeck-Platz. Street-Art mit vielen Graffiti-Pieces wurden seitdem an die zum Abriss stehenden Häuserfassaden gesprüht. Vorne an der Ladenzeile entstand die gemalte Geschichte Puchheims mit den Torfstechern, der Müllverbrennung für München, dem Flugfeld, bis zur Bebauung der Planie. "Wir waren total glücklich mit dem Projekt, das eineinhalb Jahre länger dauerte als geplant", sagt Birinci. Sein Dank gilt Laura Stieber und den Harbeck-Immobilien, die die Kunstaktion finanziert haben. Auch der Kinderschutzbund hat sich beteiligt und bekommt das jetzt in einer beachtlichen Spende zurückgezahlt.

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