Süddeutsche Zeitung

Ökolandbau:Auf dem Weg zur bayerischen Falafel

Exotische Hülsenfrüchte werden immer wichtiger für die menschliche Ernährung. Tests sollen zeigen, wie sie in der Region ökologisch angebaut werden können.

Von Ingrid Hügenell

Kaffee, Grundlage für Aufstriche oder Fleischersatzprodukte, gesunde Snacks und irgendwann auch bayerische Falafel - dafür die passenden Pflanzen wie Lupinen, Kichererbsen oder Ackerbohnen in Bayern anzubauen, ist ein Ziel der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Das erklärt Stephan Sedlmayer, Präsident der LfL, am Montag bei einem Rundgang an der LfL-Versuchsstation im Fürstenfeldbrucker Stadtteil Puch.

Je mehr Menschen weniger oder keine tierischen Lebensmittel essen wollten, umso wichtiger würden die pflanzlichen Eiweißlieferanten, erklärt Klaus Wiesinger, Koordinator des LfL-Kompetenzzentrums Ökolandbau. Die Landwirte könnten zudem durch Nahrungsmittel für Menschen höhere Preise erzielen als für Tierfutter. "Die Anforderungen sind aber auch höher", sagt er.

Dass Hülsenfrüchte als Eiweißquelle in der menschlichen Ernährung immer wichtiger werden, weiß Marianne Heidner, stellvertretende Leiterin des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürstenfeldbruck (AELF), aus ihrer beruflichen Praxis. Am AELF werden schließlich auch Ernährungskurse für Hauswirtschafterinnen abgehalten. Kichererbsen aus Bio-Anbau in der Region statt aus Übersee - das fände sie gut, sagt Heidner.

Wie man Eiweißpflanzen in Bayern anbauen kann, in Bio-Qualität und mit gewinnbringendem Ertrag, das testet die LfL in Puch und an der Versuchsstation in Landberg am Lech. In Puch werden heuer Futtererbse, Ackerbohne, Weiße Lupine und Blaue Lupine kultiviert, in Landsberg am Lech Kichererbsen. "Eine interessante, neue Kultur", sagt Sedlmayer. "Aber eignet sich die Kichererbse überhaupt für bayerische Verhältnisse?" Das unter anderem gelte es herauszufinden.

Die bayerischen Landwirte haben noch nicht ausreichend Erfahrung mit dem Öko-Anbau dieser Feldfrüchte sammeln können. Die LfL probiert deshalb für sie aus, welche Kulturen auf welchen Böden wie wachsen. Untersucht wird auch, wann der beste Zeitpunkt für die Aussaat ist, wie und womit man am besten düngt, wie man den Boden bearbeitet. Dazu werden auf kleinen Feldern die selben Sorten ausgesät, aber unterschiedlich gepflegt. Gesät werden muss früh genug, dass die Hülsenfrüchte noch reif werden, aber nicht zu früh, damit die empfindlichen Jungpflanzen nicht unter späten Frösten oder der immer häufigeren April-Trockenheit leiden.

Beim Öko-Feldtag können Landwirte die Ergebnisse an Ort und Stelle begutachten, auch Laien können sich informieren. Ralf Huber, Bezirkspräsident des Bayerischen Bauenrverbands und selbst Öko-Landwirt, freut sich über die Gelegenheit, die Versuche zu sehen. "Mir hat das ganz viel gebracht", sagt er. Coronabedingt findet der Feldtag heuer nicht an einem Termin statt, sondern dauert einen ganzen Monat, noch bis kommenden Sonntag. Beim Pressetermin erklärt Peer Urbatzka, bei der LfL für ökologischen Pflanzenbau zuständig, detailliert die Unterschiede. Wer alleine zu den Versuchsfeldern nördlich von Puch kommt, findet dort Informationsmaterial und QR-Codes, die auf entsprechende Seiten der LfL führen. Mehrere hundert Mal seien sie schon angeklickt worden, sagt Wiesinger.

Hubert Heigl, Vorsitzender der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) und Biobauer seit 1991, begrüßt den "Wissenstransfer von der Wissenschaft zur Landwirtschaft". Er weist darauf hin, dass auf Biobetrieben die Artenvielfalt sehr viel höher ist als auf konventionellen. In Puch ist das gut zu erleben: Schmetterlinge, Hummeln und andere Insekten umschwirren die Pflanzen, lassen sich auf den Lupinenblüten zum Trinken nieder.

Heigl freut sich, dass LfL-Präsident Sedlmayer zu dem Termin gekommen ist. "Das zeigt mir, dass der Öko-Landbau Chefsache ist bei der LfL", sagt er und fordert gleich mehr Unterstützung der Bio-Bauern. 2030, in neun Jahren, solle nach dem Willen der Staatsregierung ein Drittel der bayerischen Bauern ökologisch wirtschaften. Das könne aber nur mit der entsprechenden finanziellen Unterstützung bei den Agrar-Subventionen gehen. "Dann muss auch jeder dritte Euro in den Öko-Landbau fließen", fordert Heigl.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5351712
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.07.2021/vewo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.