Süddeutsche Zeitung

Psychische Krankheiten:Die Mut-Macher machen Station in Bruck

Lesezeit: 2 min

Radlerteams klären über Depression auf

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Gekleidet in türkis-gelbe Trikots mit dem Aufdruck "Mut Tour" steht die kleine Gruppe auf dem Brucker Hauptplatz und weckt die Neugier einiger Passanten. Was für eine Radl-Truppe ist das denn, mag sich der ein oder andere fragen. Und was hat Fahrrad fahren mit Mut zu tun? Ganz einfach: Es geht den sechs Teilnehmern darum, auf eine Krankheit aufmerksam zu machen, unter der viele Menschen leiden, die in der öffentlichen Wahrnehmung aber immer noch oft scham- und tabubehaftet ist: Depression. Deshalb sind in diesem Wochen mehrere Mut-Tour-Teams in ganz Deutschland unterwegs, um über die psychische Erkrankung aufzuklären und natürlich auch, um Erkrankten Mut zu machen, darüber zu sprechen.

Die meisten Teilnehmer an dem bundesweiten Projekt sind selbst haben selbst Depressionserfahrungen. So auch Katharina Schmidt, die zu dem Team gehört, das an diesem Vormittag in Fürstenfeldbruck Halt macht. "Ich bin vor zwei Jahren in eine Krise gekommen. Ein guter Weg, da raus zu kommen, ist es sich Hilfe zu holen. Das wichtigste ist einfach, dass man nicht alleine ist. Was mir persönlich sehr geholfen hat, war, darüber zu reden und viel Sport zu machen", erzählt die junge Frau. Deswegen sei es für sie selbstverständlich gewesen, sich an der Tour zu beteiligen. "Ich bin sowieso viel mit dem Rad unterwegs, da hat es sich angeboten. Unsere Gruppe ist wirklich toll, und auch die Reaktion der Leute auf uns. Wir werden jeden Tag angesprochen und bekommen tolles Feedback."

"Wichtig ist, dass wir nicht nur Menschen mit Depressionserfahrung ansprechen wollen, sondern auch Leute, die einfach nicht wissen, was es mit dieser Krankheit auf sich hat", ergänzt Antoniya Petkova. Für jede Region, in der sie unterwegs sind, haben die Teilnehmer eine Liste mit ersten Anlaufstationen dabei und außerdem einen Aufklärungs-Flyer, den einige Passanten auch interessiert entgegen nehmen.

Bei jedem Halt machen die Teams ein Gruppenfoto. Dabei hält jeweils einer der beiden sich einen großen Smiley vors Gesicht. Er soll für all diejenigen stehen, die sich noch nicht getraut haben, über ihre Erkrankung zu sprechen. "Es ist oft nicht einfach, den ersten Schritt zu machen. Und dann muss jeder für sich entscheiden, mit wem spreche ich darüber, wem erzähle ich von meiner Krankheit? Meiner Familie? Meinem Arbeitgeber? Ich habe für mich entschieden, ganz offen damit umzugehen. Die Krankheit ist ein Teil von mir und gehört dazu", sagt Mia Anders, eine der Teilnehmerinnen. "Mein größter Wünsche wäre es, dass es irgendwann ganz normal ist zu sagen, dass man beim Psychotherapeuten war, so wie es ganz normal ist, zum Physiotherapeuten zu gehen".

Nach den Gesprächen mit den interessierten Bruckern ist es für die Teilnehmer an der Zeit, wieder auf die drei Tandems, mit denen sie unterwegs sind aufzusteigen. Schließlich sind noch einige Kilometer zu bewältigen an diesem sonnigen Nachmittag: Über Landsberg am Lech und Buchloe geht es bis zum Tagesziel in Mindelheim.

Erste Hilfe bei psychischen Problemen bietet unter anderem der Krisendienst Psychiatrie an. Er ist rund um die Uhr unter Telefon 0180/655 3000 zu erreichen und bietet Hilfesuchenden eine niederschwellige Unterstützung. Im Gespräch werden konkrete Wege aufgezeigt, die dem Betroffenen aus der Krise helfen können.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4522759
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 13.07.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.