Prozess:Volksverhetzung im Internet

Ein 30-Jähriger wird wegen eines Posts bei Facebook zu einer Geldstrafe von 1350 Euro verurteilt

Seit es die sogenannten sozialen Medien wie Facebook, Instagram und Twitter gibt, wird der Umgangston im Internet rauer. User posten ungehemmt, was ihnen gerade in den Sinn kommt. Ob nun die Hemmschwelle sinkt, weil man online auch mit einem anderen Namen, also eigentlich anonym, unterwegs sein kann - oder einfach nur deshalb, weil es einfacher ist, vor einem Bildschirm zu sitzen und seine unerfreulichsten Regungen mittels einer Tastatur in die Welt hinaus zu befördern als sie einem anderen Menschen offen ins Gesicht zu sagen: egal. Fakt ist jedenfalls, dass das Strafgesetzbuch auch im Internet gilt. Und wer dort gegen Gesetze verstößt, zum Beispiel wegen Volksverhetzung, landet unter Umständen vor einem echten Richter und wird richtig bestraft.

Diese Erfahrung hat nun ein 30 Jahre alter Mann aus Emmering machen müssen. Er hatte im Vorjahr in einer Facebook-Gruppe ein Foto von Flüchtlingen, die auf einem Transparent mehr Geld fordern, wenig geschmackvoll kommentiert. "Arbeit macht frei. Also ab ins Arbeitslager", begann sein Kommentar. Danach wurde es noch heftiger. Die Staatsanwältin verlas die wenigen Sätze, als sie zu Beginn der Verhandlung den Strafbefehl vortrug. Mit seinem Post habe der Angeklagte die Bevölkerung aufhetzen und so zur Störung des inneren Friedens beitragen wollen, weshalb er nun wegen Volksverhetzung angeklagt sei, schloss die Staatsanwältin. Der Emmeringer hatte gegen den Strafbefehl über 90 Tagessätze zu je 40 Euro Widerspruch eingelegt.

Im Gerichtssaal äußerte sich der 30-Jährige: "Gut, ich hab das geschrieben. Es ist auch heftig, aber ich bin kein Rassist." Der junge Mann redete sehr schnell und undeutlich, womöglich vor lauter Nervosität. Jedenfalls verstand man nicht alles. Als der Vorsitzende Richter Johann Steigmayer nachfragte, nuschelte der Emmeringer etwas von einem kranken Sohn, der am fraglichen Tag operiert worden war. Darüber hinaus hatte offensichtlich eine Behörde zum wiederholten Mal einen Antrag abgelehnt, der der Familie des Angeklagten mehr Geld gebracht hätte. Derzeit arbeiten weder er noch seine Partnerin, da die Erkrankung des Sohnes alle Energie erfordert und auch die ältere Tochter des Emmeringers etwas Aufmerksamkeit benötigt.

Inwieweit seine Probleme denn nun mit diesen geschmacklosen, volksverhetzenden Kommentaren zusammenhängen würden, erkundigte sich der Richter. "Ich hab das aus Wut geschrieben", antwortete der Emmeringer. Immerhin würden "diese Leute" ohnehin schon Geld vom Staat bekommen, dann noch mehr zu fordern, halte er für unverschämt. Danach gefragt, ob er den geschichtlichen Hintergrund seines Satzes kenne und wisse, dass er an den Toren der Konzentrationslager der Nationalsozialisten stand, erwiderte der Angeklagte: "Klar war ich mir dessen bewusst." Zwei Tage später habe er alles wieder löschen wollen, da war der Kommentar bereits entfernt worden.

Angesichts dieser klaren Sachlage empfahl Steigmayer dem Angeklagten, seinen Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Höhe des Tagessatzes zu beschränken. Denn die festgesetzten 90 Tagessätze würden noch nicht ins Führungszeugnis eingetragen. "Bei derartigen Kommentaren, das ist 90 Tagessätze wert, weil das auf einem derart niedrigen Niveau ist." Der Emmeringer folgte dem Ratschlag. Die Staatsanwältin beantragte in Anbetracht von zwei arbeitslosen Erwachsenen und zwei Kindern, die Tagessatzhöhe auf 30 Euro zu senken. Richter Steigmayer setzte in seinem Urteil 15 Euro fest. Somit müsste der Emmeringer, sofern das Urteil rechtskräftig wird, noch 1350 Euro Geldstrafe zuzüglich Gerichtskosten zahlen. Das ist zwar schon deutlich weniger als die 3600 Euro aus dem ursprünglichen Strafbefehl. Aber immer noch eine Menge Geld, nur um mal seine Wut abzulassen, wie es der Emmeringer formuliert hatte.

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