Prozess:Verzweiflungstat einer Mutter

Jugendrichterin verurteilt Frau wegen Misshandlung ihrer zwölf Jahre alten Tochter

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Es ist bereits nach Mitternacht, als Celine, zwölf Jahre alt, von der Polizei nach Hause gebracht wird. Das Mädchen hat nicht nur die Anweisungen seiner alleinerziehenden Mutter missachtet. Es ist auch noch betrunken. Die Mutter, 49, weiß sich in diesem Moment voll Angst und Verzweiflung nicht anders zu helfen: Sie schlägt ihrer Tochter mit einem Schuhlöffel auf den Oberschenkel, wie sie jüngst vor einer Jugendrichterin am Amtsgericht einräumt. Deshalb und weil sie ihre Tochter bei zwei anderen Gelegenheiten kräftig an den Oberarmen gepackt und geschüttelt hat, wird sie der Misshandlung Schutzbefohlener für schuldig befunden. Nun muss sie 2400 Euro Geldstrafe bezahlen. Dabei war das ganze Verfahren bereits gegen eine Geldauflage von 800 Euro vorläufig eingestellt worden.

Zwischen Oktober 2017 und März 2018 hatte die in Fürstenfeldbruck lebende 49-Jährige ihre damals zwölfjährige Tochter bei drei Gelegenheiten verletzt: einmal mit dem Schuhlöffel und zwei Mal durch kraftvolles Zupacken an den Oberarmen, verbunden mit Schütteln oder Ziehen. Die Staatsanwaltschaft legt der Alleinerziehenden deshalb zweimal vorsätzliche sowie ein Mal gefährliche Körperverletzung zur Last.

"Das Ganze war ja schon einmal vorläufig eingestellt", entnimmt die Vorsitzende Jugendrichterin Caroline Friemel rasch den Akten. Gegen eine Auflage in Höhe von 800 Euro wäre das gesamte Verfahren damals eingestellt worden. "Das Problem ist, Sie sollten den Betrag bis 25. Juli 2018 bezahlt haben." Leider seien aber die Ratenzahlungen ohne weitere Erklärung eingestellt worden, woraufhin die Staatsanwaltschaft irgendwann einen Strafbefehl über die nun geforderten 2400 Euro erlassen habe, erläutert die Richterin.

"Ich war arbeitslos", begründet die 49-Jährige die eingestellten Zahlungen. Sie habe "keine Nerven mehr" gehabt, weil ihre pubertierende Tochter ständig Probleme gemacht habe. "Sie war zwölf Jahre alt, sie war immer unterwegs", schildert die Angeklagte die Situation. Sie selbst habe nicht mehr gewusst, wie sie sich ihr gegenüber verhalten sollte, damit diese ihre Anweisungen befolgt. An dem Abend, als sie ihr Kind mit einem Schuhlöffel schlug, habe sie die Tochter zunächst bei der Polizei als vermisst gemeldet. Die Frau berichtet der Vorsitzenden, dass sie sich bereits an das Jugendamt und eine Schulsozialarbeiterin gewandt habe. Ohne Erfolg. Sie gesteht, ihre Tochter in drei Situationen körperlich angegangen zu haben.

"Das Problem ist einfach, dass der Strafbefehl in der Welt ist", schaltet sich die Staatsanwältin ein. Womit sie wohl ausdrücken will, dass sie das Verfahren nicht einfach so beenden kann. Und angesichts ihres Vergehens, einer Körperverletzung mit einem Gegenstand, "würde ich auch nicht mehr von der Summe abrücken", stellt die Juristin klar. Jugendrichterin Friemel empfiehlt der Angeklagten daraufhin, ihren Einspruch zurückzunehmen und den Strafbefehl zu akzeptieren. Die ursprünglich geforderten 800 Euro "waren ein nettes Angebot von der Staatsanwaltschaft". Aber das habe sie mit den fehlenden Zahlungen verwirkt.

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