Süddeutsche Zeitung

Protest:Olchinger wollen ihre neue Mitte nicht verschachern lassen

Bürgerinitiative möchte den Verkauf der Paulusgrube an einen Investor verhindern und fordert den sofortigen Stopp der Planungen

Von Katharina Knaut, Olching

In der Stadt Olching regt sich Widerstand gegen die Entwürfe zur Neugestaltung des Bahnhofsgeländes. Bereits Ende vergangener Woche rief die Initiative Paulusgrube zum Einspruch gegen die Planung auf, am Freitag übergaben dann die Initiatoren 1203 Einspruchskarten an die Stadtverwaltung im Rathaus. "Ziel der Aktion ist, den Verkauf an einen Investor zu verhindern und die Planung, so wie sie ist, zu stoppen", erklärt Hubert Widmann, einer der Initiatoren.

Die Debatten um die Neugestaltung des Bahnhofsareals im Zentrum Olchings laufen bereits seit Jahren. Es gilt als "Jahrhundertprojekt", das der Stadt eine neue Mitte verleihen wird. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn, der unter anderem das Bahnhofsgebäude gehört und die eine Beteiligung zunächst abgelehnt hatte, erstellte die Stadt den Entwurf eines Bebauungsplans, den der Stadtrat Anfang dieses Jahres beschloss. Dieser enthält unter anderem ein neues Bahnhofsgebäude sowie einen Busbahnhof und Tiefgaragenstellplätze. Hinzu kommt ein Hauptgebäude, in dessen Erdgeschoss ein Laden sowie Gastronomie und ein Café vorgesehen sind. In den Obergeschossen könnte ein Bürgerbüro mit Meldeamt entstehen. Auch die Möglichkeit eines Kinos steht im Raum. Zusätzlich sind mehrere Wohnkomplexe geplant.

Vor einem Monat wurden die Pläne und die zugehörigen Gutachten zur öffentlichen Beteiligung ausgelegt. Bis Freitag konnten Bürger Einsicht nehmen und Stellung beziehen. In diesem Zusammenhang rief die Bürgerinitiative Paulusgrube die Olchinger dazu auf, Einspruch gegen die Planung zu erheben. Die Initiatoren kritisieren unter anderem, dass die Entwürfe nicht mehr den Wünschen der Bürger entsprechen, die sie im Rahmen von Workshops geäußert hatten. Sie warnen auch davor, dass sich das Verkehrsaufkommen in umliegenden Straßen drastisch erhöhen könnte. Vor allem sprechen sie sich aber gegen einen möglichen Grundstücksverkauf an einen Investor aus. "Es ist die letzte große, zusammenhängende Fläche, an der die Zukunft von Olching beeinflusst werden kann", betont Widmann. "Dieses Grundstück im Herzen von Olching aus der Hand zu geben, wäre der falsche Weg."

Etwa 40 Menschen engagieren sich aktiv in der Bürgerinitiative Paulusgrube, darunter Anwohner, Betroffene und politisch Engagierte, wie die Stadträtin und Naturschutzreferentin Ulrike Girtner (ÖDP). "Aufgrund von Corona konnten wir erst vor vier Wochen das erste Treffen der Bürgerinitiative abhalten", erklärt Widmann. "Dennoch habe wir 1203 Einspruchskarten sammeln können." Davor seien bereits mehrere hundert Karten im Rathaus eingegangen, ebenso wie mindestens 100 ausführlichere Einspruchsschreiben, so Widmann. "Diese Menge kann vom Stadtrat nicht ignoriert werden."

"Wir werden uns mit den Einwänden auseinandersetzen", sagt Bürgermeister Andreas Magg (SPD). "Uns ist daran gelegen, die Befürchtungen ernst zu nehmen und in den Dialog zu treten." Er selbst konnte die Einspruchskarten am Freitag aufgrund eines Termins nicht entgegennehmen. Es sei aber bereits ein Treffen vereinbart worden. Auch will die Stadt, soweit die Pandemie es zulässt, eine öffentliche Veranstaltung organisieren, in der die Rückmeldungen zum Planungsentwurf vorgetragen werden. "Ich will allerdings nicht, dass alles wieder auf Null gesetzt wird", betont Magg. "Dafür haben wir zu lange daran gearbeitet." Er weist außerdem den Vorwurf zurück, dass die Vorschläge der Bürger nicht in der Planung berücksichtigt wurden. Mehrere Punkte, darunter das Schaffen von Wohnraum und Gastronomie, sei gewünscht gewesen. Mit den Warnungen vor einem Investor werde zudem ein "Schreckensgespenst" heraufbeschworen, betont er. Der Stadtrat habe nie entschieden, ob das Projekt mit Fremdkapital realisiert wird. Auch seien noch keine Gespräche mit einem potenziellen Investor geführt worden, erklärt er in einem Schreiben an den Stadtmarketingverein und den Gewerbeverband Anfang Juli.

Alfred Münch, ehemaliger Referent für Stadtentwicklung im Stadtrat hinterfragt die Ziele der Initiative. Die Mitglieder würden in letzter Minute kommen und die Leute verunsichern, sagt er. Die Argumente seien "an den Haaren herbeigezogen". Die Beteiligten halten an alten Konzepten fest, so Münch. "Wir sind so weit, wie wir noch nie waren." Er warnt davor, dass die Aktion das Projektes um weitere Jahre verzögern könne. Deshalb ruft er dazu auf, die Bürgerinitiative "ZOo Zukunft Olchings organisieren" als Gegenpol ins Leben zu rufen. "Ich biete es denjenigen an, die ein Interesse daran haben, dass die Stadt weiterkommt."

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SZ vom 03.08.2020
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