Programm für den Sommer:Abenteuer in den großen Ferien

Sägen, hämmern, kleben, klettern: Wie Kinder und Jugendliche neue Fähigkeiten entdecken und Dinge ausprobieren, die in der Schule auch ohne Corona oft zu kurz kommen

Von Katharina Knaut, Stefan Salger, Lea Schellenberg und Christina Strobl

Zwar hat es seit Monaten keinen echten Schulunterricht gegeben, aber die Sommerferien, die am 29. Juli begonnen haben, die sind schon echt. Städte und Gemeinden bieten Ferienprogramme an. Die SZ hat Kindern dabei zugeschaut, wie sie eine Wetterstation bauen, einen Schatz finden oder lernen, wie man ein Vogelhäuschen baut. Angebote, bei denen Buben und Mädchen kreativ sein können und mit viel Spaß auch viel lernen.

Wetterstation bauen

Programm für den Sommer: An einer Wetterstation arbeiten die Kinder in Olching.

An einer Wetterstation arbeiten die Kinder in Olching.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Kaum hat auch für die Olchinger Kinder und Jugendlichen die letzte Schulglocke vor den Sommerferien geläutet, schon drücken sieben von ihnen wieder die Schulbank. Auf den ersten Blick ist der kleine Saal in der Olchinger Volkshochschule einem Klassenzimmer nicht unähnlich: eine Tafel an einem Ende des Raumes, davor drei Reihen an Tischen, aufgestellt im notwendigen Abstand. Auf ihnen liegt kein buntes Sammelsurium aus Heften, Stiften und Arbeitsblättern. Stattdessen sind die Oberflächen bedeckt von Alltagsgegenständen, vom Marmeladenglas und Strohhalmen, Holzstäbchen und einem Klumpen Knete. Utensilien, aus denen, auf die richtige Weise zusammengefügt, innerhalb von zwei Stunden eine kleine Wetterstation entstehen soll. Wie das geht, zeigt Christian Morhart in seinem Kurs "Frühes Forschen - Luftworkshop", einem der ersten von sieben Ferienprogrammpunkten, den die VHS in der letzten Juliwoche anbietet. Morhart, der unter anderem im Schülerlabor Physik in der Hochschule München arbeitet, erklärt den Kindern dabei die Eigenschaften von Luft - und lässt sie das Gelernte beim Bauen der Station ausprobieren. Dazu gehören ein Hygrometer, ein Gerät zum Messen der Luftfeuchtigkeit, als auch ein Thermometer. Eifrig und mit konzentrierten Blicken kleben die jungen Teilnehmer Knete um den Deckel eines Marmeladenglases. Aus einem Loch im Deckel ragt ein Strohhalm, im Inneren des Glases schwappt blau eingefärbtes Wasser. Die Idee: Wenn sich die Luft im luftdicht verschlossenen Glas erwärmt und dadurch ausbreitet, steigt das blaue Wasser im Strohhalm nach oben. Wird es kälter, sinkt die Flüssigkeit wieder ab. Die Temperatur lässt sich auf einem entsprechend beschrifteten Eisstil, der neben dem Strohhalm angebracht ist, ablesen. Auch wenn das Experiment am Ende nicht bei allen Kindern klappt, versichern alle, viel Spaß gehabt und viel gelernt zu haben. "Es war auch viel weniger schwierig als in der Schule."

Einen Schatz suchen

Programm für den Sommer: Auf Schatzsuche sind die Brucker Buben und Mädchen.

Auf Schatzsuche sind die Brucker Buben und Mädchen.

(Foto: Stefan Salger)

Schatzsuche geht immer, Und wenn es dafür in den Wald geht: umso besser. Klingt nach Abenteuer. Und so ist es kein Wunder, dass 16 Kinder bei der Schatzsuche dabei sein wollen am Montag, dem ersten Tag des Fürstenfeldbrucker Ferienprogramms. Alle verfügen über professionelle Ausrüstung: Rucksack, Brotzeit, Trinkflasche, Mückenschutz, Mundschutz. Bis der Schatz nach drei Stunden am Rande der Emmeringer Leite gefunden wird, müssen allerlei Aufgaben gelöst werden. Die gute Nachricht: Alle sind zufrieden. Ein Haufen Golddukaten oder eine mit Perlen und Diamanten gefüllte Schatzkiste tauchen zwar nicht auf - dafür aber viel leichter verdauliche Süßigkeiten, die hinter den Gedenktafeln für die Kriegsgefangenen auf ihre Entdeckung warten. Hinter den Kindern liegen da drei Stunden in der Natur, ganz ohne Handy - reinstes Abenteuer also. Und das Pflasterpäckchen, das Monika Märk für alle Fälle mitgebracht hat, kann die Mitarbeiterin der Stadt ungeöffnet wieder mit heim nehmen. Marion Stadler vom Bund Naturschutz will aber erst mal sehen, wie gut sich die Kinder in der Natur auskennen. Vom Kloster Fürstenfeld aus geht es ein paar Stufen hinauf und unter der Bahnlinie hindurch. Nach fünf Minuten Fußmarsch wartet auf der ersten Lichtung im Wald die erste Herausforderung auf die sieben bis zwölf Jahre alten Kinder. Zunächst wird geklärt, was überhaupt ein Wald ist. Julia stellt fest, dass so ein Wald "ganz viele Bäume hat", Johanna ergänzt, es gebe manchmal einen Bach, und Julia streicht den "Lebensraum für viele Tiere" heraus. Alles richtig. Wer sich mit Bäumen und ihren Früchten auskennt, ist dann klar im Vorteil - den anderen helfen die beiden Betreuerinnen auf die Sprünge. Abbildungen von Blättern müssen dem richtigen Baum zugeordnet werden. Lasse und Mats puzzeln erst ein bisschen herum, dann haben sie Ahorn, Buche, Eiche und Birke richtig zugeordnet. Es ist ein bisschen wie Schule, macht aber mehr Spaß. Ein raues Ulmenblatt wird herumgereicht. Und die Kinder lernen, dass Siebenschläfer gerne Bucheckernblüten fressen (wenn sie keine finden, schlafen sie einfach weiter). Dann geht es weiter. Auf dem Weg erzählt die neun Jahre alte Laura, dass sie Bäume sehr gern mag und es schöner sei, in der Natur zu wandern als zu Hause zu sitzen. Eigentlich wollte sie in den Ferien in ein Schullandheim fahren, aber wegen Corona ist das ausgefallen. Corona sei andererseits gar nicht schlecht. Weil da der Papa von zu Hause arbeite. Etwas später baut die Gruppe ein Eichhörnchen-Kobel gebaut, das ist ein Nest, und löst Tierrätsel. Der Schatz hat nur am Rande mit der Fauna zu tun: Gummibärchen sind nicht heimisch in der Emmeringer Leite. Egal. Echte Abenteurer haben sich das verdient.

Vogelhäuschen zimmern

Programm für den Sommer: In Gernlinden wird ein Vogelhäuschen gebaut.

In Gernlinden wird ein Vogelhäuschen gebaut.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Unter den großen Linden neben dem Spielplatz bei der Feuerwehr Gernlinden werden Holzstücke geschliffen und gesägt. 15 Kinder sitzen auf Bierbänken im Kreis. Sie wollen Vogelhäuschen bauen. Unter Isabellas Strohhut mit goldenen Pailletten und pinker Blume an der Seite strahlen blaue Augen voller Begeisterung. "Bauen macht einfach Spaß!", sagt die Achtjährige. Es sei sogar schon das zweite Vogelhäuschen, das sie heute baue. Das Erste, das sie mit ihrem Vater gebaut habe, sei kaputt gegangen, weil das Holz morsch gewesen sei. Sie ruft Niklas, weil sie beim Sägen Hilfe braucht. Niklas Eisenhut ist einer der fünf Betreuer des Projekts. Der 17-Jährige macht eine Schreinerlehre und hatte die Idee, mit den Kindern Vogelhäuschen zu bauen. Als er selbst das Ferienprogramm besuchte, habe er auch einmal ein Vogelhäuschen gebaut und gedacht: "Dieses Angebot muss es doch eigentlich mal wieder geben." Er kommt Isabella zur Hilfe. "Sollen wir schummeln?", fragt er und sägt das Holzstück mit einer kleinen elektronischen Holzsäge ab. Die elektrischen Geräte werden nur von den Betreuern benutzt. Die Kinder arbeiten mit Schmirgelpapier und Handsägen - alles unter sorgsamer Beobachtung. Sozialpädagoge Wolfgang Scholz beaufsichtigt das Ganze und hilft, wo es nötig ist. "Bevor die Kinder verzweifeln, helfen wir ihnen natürlich", sagt Scholz. Die sechs Bretter für das Häuschen hat Ben schon fertig. Nun bohrt Niklas mit dem Elfährigen Löcher für die Schrauben ins Holz. Bens Schwester Emma wartet geduldig, bis sie dran ist. Sie freut sich über das Ferienprogramm, das einzig Blöde sei das mit dem Abstand, sagt sie.

Klettern üben

Programm für den Sommer: Die richtigen Knoten lernen die Puchheimer Kletterer.

Die richtigen Knoten lernen die Puchheimer Kletterer.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Sicherheit geht vor, sogar vor Spaß. Das lernen die zehn Kinder, die am Ferienprogramm des Jugendzentrums Stamps in Puchheim teilnehmen. Bevor es zum Kletterkurs nach München-Thalkirchen geht, lernen die Buben und Mädchen im Alter von zehn bis 14 Jahren, wie man Knoten knüpft. Wegen der Coronakrise hat die Gruppe nur drei Stunden Zeit im Kletterzentrum des Alpenvereins, deshalb lernen die Kinder die Theorie vorher. Auch das obligatorische Sicherheitstraining durchlaufen sie noch in Puchheim. Zu Beginn aber schlägt Kurs- und Jugendzentrumleiter Florian Lux ein Kennenlernspiel vor, damit sich die Nachwuchs-Kletterer beim Namen nennen können. Das sei wichtig, weil beim Kraxeln jeder einen Partner. "Und ohne Vertrauen in den Kletterpartner geht nichts", erklärt Lux. "Euer Partner muss euch absichern und ihr müsst euren Partner absichern." Das Absichern mit Knoten, Gurt und allem Drum und Dran komme nachher. Die Kinder werfen einander also einen Ball zu und nennen ihren Namen sowie ihre Lieblingsspeise. "So könnt ihr euch den Namen viel besser merken", sagt Lux. Dann geht es an die Knoten. Gurte und Seile werden verteilt, dann üben die Buben und Mädchen unter professioneller Anleitung, wie man den notwendigen "Achterknoten" richtig knüpft. Der Reihe nach flechten die jungen Kletterer die sichere Verbindung zum Hüftgurt, stets unter den wachsamen Augen des Kursleiters. Am Klettergerüst des Jugendzentrums probieren die Kinder die Ausrüstung schon mal, bevor es in die Wände der Münchner Kletterhalle geht.

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