Prager Bläseroktett:Sensibel austarierte Klangstudien

Gröbenzell: Gröbenzeller Konzertreihe - Prager Oktett

Harmonisch: Die sonore Klanglichkeit der Prager Bläser verlässt trotz der acht Instrumente nie den Rahmen eines angenehmen Lautstärkeniveaus.

(Foto: Johannes Simon)

Zum Auftakt der Gröbenzeller Konzertreihe gibt das Prager Bläseroktett ein Gastspiel im Festsaal der Rudolf-Steiner-Schule. Dabei überzeugen die Musiker mit anspruchsvollen Interpretationen

Von Klaus Mohr

Alles doppelt: Auf diese Kurzformel kann man die Besetzung des Bläseroktetts bringen, denn die Instrumente Oboe, Klarinette, Fagott und Horn sind hier jeweils zweifach vertreten. Zur Eröffnung der neuen Saison der Gröbenzeller Konzertreihe gastierte das Prager Bläseroktett mit Vladislav Borovka und Lukáš Pavlíček (Oboe), Aleš Hustoles und Kateřina Váchová (Klarinette), Pavel Langpaul und Libor Soukal (Fagott) sowie Jiří Špaček und Jan Musil (Horn) am Samstag im Festsaal der Rudolf-Steiner-Schule.

Die Besetzung des Bläseroktetts hatte ihre Blüte im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert und diente insbesondere dem Adel dazu, seine Gäste mit Bearbeitungen bekannter Werke zu unterhalten. In dieser Tradition bewegte sich auch das Programm des Prager Bläseroktetts. Allerdings handelte es sich hier nicht um mittelmäßige Bearbeitungen, die zu hören waren, sondern ausschließlich um qualitativ sehr anspruchsvolle Kompositionen. Die Einschätzung einer Zuhörerin in der Pause, dass die Musik "nicht zu laut oder modern" sei, traf dabei genau das Zentrum: Die sonore Klanglichkeit der Bläser verließ trotz der acht Instrumente nie den Rahmen eines angenehmen Lautstärkeniveaus, während die stilistische Geschlossenheit der Werke ganz in der Hochphase der Harmoniemusik verblieb.

Die schwungvoll-pfiffige Ouvertüre zu Gioacchino Rossinis Oper "Die Italienerin in Algier" eröffnete den Konzertabend. Bei den drei weiteren Kompositionen von Josef Mysliveček, Franz Krommer und Wolfgang Amadeus Mozart handelte es sich um Originalwerke. Allen war gemeinsam, dass die melodische Führung zum größten Teil bei erster Oboe und erster Klarinette lag und die anderen Instrumente entweder begleiteten oder kunstvoll in das thematische Geschehen eingebunden waren. In jedem Fall aber waren alle Begleitfiguren mit so großer Prägnanz und Musikalität ausgeführt, dass die Melodie darüber oft noch stärker strahlen konnte. Im Larghetto-Satz des Mysliveček-Oktetts legten Fagotte und Hörner ein quasi symphonisches Klangbett unter die ausdrucksstarken Kantilenen der Klarinette und der Oboe. Wie eine Opern-Ouvertüre mutete der Kopfsatz in der Partita von Krommer an: Auf den fanfarenartigen Beginn im Allegro-Kopfsatz folgte ein virtuoser Abschnitt für flinke Finger in Fagott und Oboe, der in dynamischem Feinschliff klanglich veredelt war. Wie die Liebesarie einer Sängerin kam die folgende, berückend schöne Oboenmelodie dann bei den Zuhörern an und wurde von neckischen Begleitfiguren zusätzlich angefeuert.

Ein Meisterwerk Mozarts, nämlich seine Serenade für Bläseroktett in c-Moll KV 388, die er selbst als "Nacht Musique" bezeichnete, stand nach der Pause auf dem Programm. Mozart zog hier deutlich mehr kompositorische Register als seine Vorgänger und setzte diese höchst effektvoll ein: Im Andante stellte er den Klang der oberen Instrumente dem der unteren dialogisierend gegenüber. Der symphonische Gesamtklang des Menuetts kontrastierte mit dem aus Oboen und Fagotten im Trio. Zusätzlich stellte Mozart hier höchste kontrapunktische Satzkunst durch die komplexe imitatorische Verschränkung der Stimmen unter Beweis.

Am Ende gab es lang anhaltenden Beifall und zwei Bearbeitungen aus Sergej Prokofieffs Ballett "Romeo und Julia" als Zugabe. Mit diesem Konzert wurde die 26. Saison der Gröbenzeller Konzertreihe eröffnet. Zählt man die Besucher zusammen, die im vergangenen Vierteljahrhundert zu diesen immer ausverkauften Konzerten kamen, dann ergibt sich mit rund 40 000 Zuhörern etwa die doppelte Einwohnerzahl Gröbenzells. Diese gewaltige Zahl belegt am eindringlichsten die Erfolgsgeschichte dieser Reihe und die höchst professionelle Betreuung durch ihre künstlerischen Leiter, Susanne und Dinis Schemann.

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