Süddeutsche Zeitung

Prämienprogramm:Lob-Schein, Los-Topf, Gratis-Pizza

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Die Realschule Unterpfaffenhofen wird für ein Projekt ausgezeichnet, mit dem die massive Hausaufgaben-Problematik behoben wurde

Von Marija Barišić, Germering

Die Idee sei ihm vergangenes Jahr auf Taiwan gekommen, als er seinen Sohn zu Weihnachten besuchte und merkte, dass dort "nirgends" Kassenzettel zu finden waren, weder im Einkaufskorb, noch am Boden. "Warum stecken die alle ihren Einkaufszettel ein, gibt's da Kontrollen oder was?", fragte er seinen Sohn, der ihm erklärte: "Ne, auf jedem Kassenzettel ist eine Nummer und alle zwei Monate gibt's eine Lotterie - die können Geld gewinnen!" Es sei der Moment gewesen, in dem Christoph Breuer, Direktor an der Realschule Unterpfaffenhofen, realisierte, dass man das Problem mit den Hausaufgaben an seiner Schule vielleicht auch so lösen könnte. Oder zumindest so ähnlich.

600 Nacharbeiten, 60 Verweise und zwei verschärfte Verweise wegen nicht gemachter Hausaufgaben hat der Direktor im ersten Halbjahr 2018/19 an seiner Schule gezählt. Diese desaströse Bilanz und der Taiwan-Urlaub kurz danach hätten den Realschuldirektor dazu bewogen, endlich "Stop" zu sagen und "das Undenkbare zu denken." Damit meint Breuer ein Schulprojekt, das den Namen "Lernen Optimistisch Bewältigen: LOB" trägt und am Mittwoch bei der Preisverleihung des sogenannten Prämienprogrammes mit dem ersten Platz und 1750 Euro ausgezeichnet wurde. Die jährliche Preisverleihung, die vom Landratsamt organisiert und abgehalten wird, kürt besonders vielversprechende Schulprojekte wie eben jenes der Realschule Unterpfaffenhofen. Gemeinsam mit den Lehrern, Schülern und dem Elternbeirat seiner Schule hatte Direktor Breuer das Projekt im März 2019 eingeführt, um die Schüler zum Erledigen ihrer Hausaufgaben zu motivieren. Und das mit Erfolg. Denn seit Einführung des Schulprojektes habe es laut Breuer keine Nacharbeiten mehr an seiner Schule gegeben.

Wie sie das denn geschafft hätten? "Wir wollten die Schüler nicht wie bisher mit Schimpfen und lästigen Nacharbeiten dazu bringen, ihre Hausaufgaben zu machen, sondern durch Anerkennung und Lob - für alle positiven Leistungen, die sie erbringen." Dieses Lob sollte nicht nur mündlich, sondern auch mit einem sogenannten Lob-Schein ausgedrückt werden, ergänzt der 16-jährige Niclas Fehser, einer der vier Schulsprecher, die mitgeholfen haben, das Projekt zu entwickeln und umzusetzen.

Dafür haben die Schulsprecher gemeinsam mit Direktor, Lehrern und Elternbeirat genaue Regeln für das Ausstellen von Lob-Scheinen aufgestellt, die sie bei ihrer Preisverleihung stolz präsentieren. So bekommen all jene Schüler einen Lobschein, die es schaffen, zwei Wochen lang jede Hausaufgabe vorzuweisen und pünktlich zu Unterrichtsbeginn zu erscheinen. Wenn es sogar eine gesamte Klasse an allen fünf Tagen einer Unterrichtswoche pünktlich erscheint, kann auch ein sogenanntes "Klassenlob" ausgesprochen werden. Im Anschluss können die gesammelten Lobscheine in einer Losbox vor dem Sekretariat eingeworfen werden. Alle zwei Monate findet die mittlerweile sehr beliebte Lotterie statt, bei der zum Teil leckere Gewinne verlost werden, wie gratis Pizzabestellungen beim Sekretariat, Spezi für die ganze Klasse, Chipstüten oder Getränkegutscheine für das Schülercafé. "Das Schöne am Projekt ist aber, dass wir es schaffen, die jüngeren Jahrgangsstufen mit einer ganz neuen Einstellung hochzuziehen", sagt Lehrerin Julia Neumann.

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SZ vom 23.01.2020
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