Politik:Tiefe Gräben 

Grünen-Politiker Sepp Dürr spricht über Rechtsnationalismus

Von Andreas Ostermeier, Germering

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Sepp Dürr macht sich Sorgen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland und in den anderen westlichen Gesellschaften. Der Germeringer Politiker bemerkt "tiefe politische Gräben", so hätten Demokraten und Republikaner in den USA kaum noch eine Basis für ein Gespräch. Aber auch in Deutschland seien Hass und Hetze längst angekommen, sagt Dürr und verweist auf die aggressiven Sprüche von Rechtsnationalisten, als jene bezeichnet er die autoritären, fremdenfeindlichen und auf Abgrenzung bedachten politischen Organisationen, am Rand der Einheitsfeier im vergangenen Jahr. Auch in Germering ist dieser Hass zu bemerken. Der politische Gegner wird nicht zur Debatte gefordert, sondern soll zerstört werden. Als Belege dienten bei der jüngsten Versammlung der Grünen auch Mails, die dem Ortsverband zugehen. In denen ist nach Auskunft von Gisela Trinkwitz beispielsweise vom "Abmurksen" oder vom "Vergasen" die Rede.

Die Hauptursache für die gesellschaftlichen Spaltungen sieht Dürr in den erheblichen Ungleichheiten. Innerhalb der westlichen Gesellschaften entwickeln sich laut Dürr die Einkommen immer weiter auseinander. Dass Manager mehr verdienen als Arbeiter, sei nicht das Problem, sagt Dürr. Das werde von der Gesellschaft akzeptiert. Nicht akzeptiert werde aber der immense Unterschied in den Entlohnungen, der sich mittlerweile entwickelt habe. Größtes Problem sind für Dürr jedoch die Milliardäre, die mit ihren unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffenen Entscheidungen über die Anlage ihres Geldes gesellschaftliche Auswirkungen erzeugen. Als Beispiel nannte der Germeringer Landespolitiker russische Milliardäre, die in München Häuser und Wohnungen aufkauften und damit die Mieten hochtrieben.

Es geht nach Dürrs Worten also um ungerecht verteilten Reichtum. Eigentlich ein linkes Thema. Weshalb profitieren von dem Unwillen gegen diese Verhältnisse aber vor allem Rechtsnationalisten, wie der Front National in Frankreich oder die AfD in Deutschland? Dürrs Antwort auf diese Frage bezieht eine ökologische Dimension mitein. Weil die westliche Wirtschaftweise mit ihrer Belastung der Natur nicht für alle Gesellschaften Vorbild sein könne, braucht es eine Legitimation für unseren Wohlstand. Und diese Legitimation liefern die Rechtsnationalisten, weil sie die Gleichheit aller Menschen ablehnten und für die Vorrechte der Völker einträten, denen sie angehören. Rechtsnationalisten suchten weniger nach Sündenböcken, ist Dürr überzeugt, sondern wollten die eigenen Vorteile und Privilegien verteidigen.

Auch mit der Wissenschaft liegen die Rechtsnationalisten im Clinch. So beim Thema Klimawandel. Dieser werde trotz vieler Argumente geleugnet, weil sonst die Verbrennung von Öl, Kohle und Gas verringert oder aufgegeben werden müsste, was den Wohlstand gefährden könnte.

Wie aber lassen sich Rechtsnationalisten zurückdrängen? Dürrs Antwort und Aufforderung an die eigene Partei lautet: Die Grünen müssten sich für gerechtere Verhältnisse einsetzen, auf die Einhaltung demokratischer Speilregeln pochen und rassistischen Behauptungen entgegentreten. Der Germeringer warnt allerdings davor, Andersdenkende in der Diskussion vorschnell mit Etiketten wie Rassist oder Nazi zu versehen. Das führt nach seiner Ansicht zum Abbruch von Gesprächen. Um die gesellschaftliche Spaltung zu überwinden, sei es aber wichtig, im Gespräch zu bleiben.

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