Wenn das Leben allein nicht mehr zu bewerkstelligen ist, stellen sich viele Fragen: Muss der alte Mensch in ein Pflegeheim umziehen oder kann er mit Unterstützung weiterhin zu Hause bleiben? Gibt es dafür ambulante Hilfen und wenn ja, welche? Wie teuer ist das und wer bezahlt das? Wie findet man einen guten Pflegedienst? Was ist ein Pflegegrad und wie beantragt man diesen? Antworten auf diese und viele ähnliche Fragen geben kann der am Landratsamt eingerichtete Pflegestützpunkt Fürstenfeldbruck, der jetzt offiziell in Betrieb gegangen ist. Die Nachfrage ist schon im ersten Monat enorm.
Ein Pflegestützpunkt ist eine örtliche Beratungsstelle für Menschen mit Pflegebedarf und deren Angehörige. Er soll Wegweiser und Lotse sein, um individuell passgenaue Angebote und Unterstützung zu finden. Denn an solchen mangelt es nicht, allerdings sind sie im Einzelnen und für den einzelnen oft schwer zu ermitteln. Und so ist bei diesem Einweihungstermin im voll besetzten großen Sitzungssaal des Fürstenfeldbrucker Landratsamtes viel von „Dschungel“ und „Dickicht“ die Rede. Die Situation, der sich Betroffene gegenübersehen, ist unübersichtlich. Ein Pflegestützpunkt hat nun die Aufgabe, „Orientierung zu bieten und Wege aufzuzeigen“, betont Rainer Schneider (FW), Vizepräsident des Bezirkstags Oberbayern. Denn die Themen Älterwerden und Pflege, „die betreffen uns alle“. Plötzlich werde man mit Fragen konfrontiert, „die wir uns vorher nicht gestellt haben“.
Auch Fürstenfeldbrucks Landrat Thomas Karmasin (CSU) erging es so. Aus eigener Erfahrung wisse er, dass sich „plötzlich und zur Unzeit“ die Frage stelle, was zu tun sei, wenn ein Angehöriger nicht mehr allein zurechtkomme. Karmasin räumt ein, dass er „nicht der Erste war, der vorangestürmt ist“, als es um die Einrichtung eines Pflegestützpunkts in seinem Landkreis ging. Er sei skeptisch gewesen und habe lieber „abgewartet, was die anderen machen“. Und so ist der Brucker Stützpunkt auch einer der letzten, der 26., die in Oberbayern eingerichtet wurden.

Von „Strukturen, die echt schwierig sind“, spricht die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU), die zum Eröffnungstermin gekommen ist: „Da steht man bei vielen Anträgen wie der Ochs vorm Berg.“ Der Staat - als dessen Vertreterin sie gekommen ist - müsse sich „Mühe geben, zu einfacheren Strukturen zu finden“. Das hat man schon ganz oft gehört. Entbürokratisierung nennt sich das dann.
Da es diese noch nicht gibt, müssen alle Beteiligten mit und in den vorhandenen bürokratischen Strukturen leben. Vier Beraterinnen versuchen seit einem Monat am Pflegestützpunkt Fürstenfeldbruck Betroffenen da durchzuhelfen. Nicht nur Senioren suchen die Beratung auf, auch für Kinder mit Behinderung, die Pflege benötigen, gibt der Stützpunkt Auskunft. Das Altersspektrum der zu Beratenden lag bislang zwischen fünf und 102 Jahren, erzählt Michaela Murawski, eine der Beraterinnen. Für die Ratsuchenden ist das Angebot kostenlos. Von Mai an wird es - zunächst einmal im Monat - auch Außensprechstunden in verschiedenen Städten und Gemeinden des Landkreises geben.
Wichtig ist auch, die vorhandenen Angebote zu vernetzen. Der Pflegestützpunkt arbeitet deshalb mit den bereits bestehenden Fachstellen für pflegende Angehörige der Germeringer Insel und der Caritas zusammen, mit der Seniorenfachberatung am Landratsamt, der Wohnberatung der Diakonie und mit den Pflegeberatungen der gesetzlichen und privaten Kranken- und Pflegekassen. Auch der Bezirk Oberbayern, der wie der Landkreis je ein Sechstel der Kosten für den Stützpunkt übernimmt - den Großteil, nämlich zwei Drittel, bezahlen die Kranken- und Pflegekassen - ist mit einer offenen Sprechstunde im Pflegestützpunkt vertreten.

Die Zahl der Menschen mit Pflegebedarf wird allein durch die Alterung der Gesellschaft weiter ansteigen. „Die Spitze haben wir noch nicht erreicht. Die Probleme werden sich in den nächsten Jahren verschärfen“, mahnt AOK-Direktor Maximilian Georg, der als Vertreter der Krankenkassen anwesend ist. Er erinnert auch an die „immer höheren Eigenanteile“, die zu pflegende Menschen leisten müssten, was ohne staatliche Unterstützung oft nicht möglich sei. Dabei sei die Pflegeversicherung vor gut dreißig Jahren eigentlich geschaffen worden, um genau das zu verhindern. An die künftige Bundesregierung richtet er deshalb einen Appell: Sie müsse dringend die Finanzierungsprobleme in der Pflegeversicherung lösen, um deren Leistungsfähigkeit zu erhalten und einen Kollaps des Systems zu verhindern.
Der Pflegestützpunkt Fürstenfeldbruck ist erreichbar unter Telefon 08141/519-7070 oder per E-Mail unter pflegestuetzpunkt@lra-ffb.de, und zwar von Montag bis Freitag von 9 bis 12 Uhr, montags und dienstags zudem von 13 bis 16 Uhr und donnerstags von 13 bis 18 Uhr. Für ein ausführliches persönliches Beratungsgespräch ist eine Terminvereinbarung notwendig, die telefonisch, per E-Mail oder über das Kontaktformular unter www.psp-ffb.de vereinbart werden kann. Das Büro befindet sich im Landratsamt Fürstenfeldbruck, Münchner Straße 32, Raum A 151 im ersten Stock. Die Beratung des Bezirks Oberbayern (mit Termin) findet dort jeden Mittwoch von 10 bis 12 Uhr statt. Sie ist unter Telefon 089/2198-21069 oder per E-Mail unter beratung-ffb@bezirk-oberbayern.de erreichbar.