"Mir war immer klar, dass ich in die Pflege will." Das sagt die Pflegefachkraft Veronika Sandmayr, 33. Und sie macht klar, warum das so ist in einer Branche, die als aufreibend und teils als unterbezahlt gilt. Für Veronika Sandmayr ist es mehr als nur ein Beruf, eher eine Berufung.
Sie stammt aus einer sozial geprägten Familie aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck. Oma und Mutter arbeiteten in pflegerischen Berufen. Nach der mittleren Reife absolvierte sie ihr erstes Schulpraktikum in einem Altenheim. "Warum mache ich das? Ich glaube, das ist so eine Standardfrage" sagt sie. Über die Antwort muss sie nicht lange nachdenken: "Um Menschen zu helfen." Von den alten Menschen bekomme man viel zurück. Oft seien das einfache Dinge wie ein Lächeln. "Ich finde es toll, wenn sich ein Bewohner meinen Namen merkt, obwohl er schon leichte Demenz hat." Dann wisse sie, dass sie etwas richtig gemacht hat.
Vroni, wie sie im Theresianum genannt wird, war 2006 seit langer Zeit die erste Auszubildende in der Einrichtung. Der Ausbildungsberuf hieß damals noch "Altenpflegerin", und das Theresianum war noch voller Ordensschwestern. Zu ihnen hat die bayerische Frohnatur seit jeher eine innige Beziehung. "Ich habe total gerne mit den Schwestern gearbeitet, wir haben einen solchen Luxus gehabt", so Sandmayr über die Zeit bis 2021. Da endete in der Kreisstadt eine 162 Jahre alte Geschichte, als die Niederbronner Schwestern das Theresianum verließen. Drei der letzten vier Ordensfrauen waren über 80 Jahre alt und zogen ins Kloster Sankt Josef in Neumarkt in der Oberpfalz, um dort den Ruhestand zu verbringen. Und die damals 59 Jahre alte Oberin Klara Sexlinger zog um ins Kloster und Pflegeheim Sankt Barbara in Österreich.
Von Anfang an und mittlerweile seit fast 16 Jahren arbeitet Sandmayr im zweiten Obergeschoss der Einrichtung. Toilettengänge, Waschen oder bei der Körperpflege zu helfen, das sei nur ein Teil ihres Jobs. Man müsse vor allem für die Bewohner da sein, sie begleiten und ihnen zuhören. "Man erfährt ihre Lebensgeschichten und bekommt einen Einblick in ein anderes Leben. Wir bekommen so viel Liebe und Dankbarkeit von den Bewohnern in diesem Beruf. Sie umarmen einen so oft und bereichern das Leben mit ihrer Art." Gewiss gibt es auch unter den Senioren ein paar schwierige Charaktere, aber hauptsächlich seien die alten Menschen um sie herum wundervoll und dankbar, wenn man sich gut um sie kümmert. "Viele Alte nennen diesen Ort ihr Zuhause und uns Pfleger ihre Familie - das macht diesen Job für mich aus."
"Man bekommt so viel zurück", sagt die staatlich geprüfte Altenpflegerin
Gleichwohl will der Umgang mit dem Tod gelernt sein, denn ein Pflegeheim ist in der Regel die letzte Station des Menschen. Zwar gelte es immer, das richtige Maß aus Nähe und Distanz zu finden, so Sandmayr. "Aber es entstehen auch über Generationen hinweg Freundschaften." Zwangsläufig müsse man daher in jungen Jahren lernen, auch für sterbende Menschen da sein zu können. "Die Ordensschwestern haben das Abschiednehmen ritualisiert", sagt die staatlich geprüfte Altenpflegerin. Mittlerweile begleitet sie Sterbende gerne, weil der Tod einfach dazugehört. "Manche Bewohner geben einem auch das Gefühl, dass der Tod nichts Schlimmes ist und zum Leben dazugehört." Das bedeute aber nicht, dass sie der Tod eines Bewohners nicht berührt. Zum Abschiednehmen gehört es, dem Verstorbenen etwas Schönes anzuziehen. Am Ende werden im Theresianum die Hände gekreuzt und Rosenblätter drum herumgestreut.
Neben Empathie sind Flexibilität und Belastbarkeit in ihrem Job sehr wichtig, davon ist Sandmayr überzeugt. Dabei gehe es weniger um die Arbeitszeiten und das Schichtsystem, vielmehr um den Umgang mit den alten Menschen. "Gerade Demenzkranke sind heute vielleicht glücklich und freundlich, morgen depressiv verstimmt - da muss ich umschwenken können."
Wenn die Altenpflege Schlagzeilen macht, sind die meist negativ. Von Arbeitsüberlastung, Schicht- und Wochenenddienst, nicht planbarer Freizeit und geringer Bezahlung ist oft die Rede. Manche Pflegekraft sattelt auf einen anderen Beruf um. Der Beruf sei anstrengend, bestätigt Sandmayr. "Der Pflegeschlüssel ist einfach zu schwach - zu wenige Mitarbeiter für zu viele Heimbewohner." Über einen Ausstieg habe sie trotzdem nie nachgedacht. Und auch mit dem Finanziellen sei sie zufrieden. Die Vergütung liege deutlich über dem, was in anderen Branchen gezahlt werde.
Würde sie die Ausbildung empfehlen? "Auf jeden Fall. Wenn junge mit alten Menschen arbeiten, kann man unglaublich viel voneinander lernen und Lebenserfahrung sammeln." Es gehe auch um das Fachwissen über medizinische Versorgung, Medikamente und Krankheitsbilder. "Das sind Dinge, die vielleicht auch in der eigenen Familie wichtig werden können. Die Pflege ist mein Traumjob, das ist immer noch so und das werde ich auch in zwanzig Jahren noch sagen." Seit gut drei Monaten arbeitet Veronika Sandmayr als Wohnbereichsleiterin im gerontopsychiatrischen Bereich des Theresianums. Noch während der Corona-Pandemie hatte sie sich für die Weiterbildung entschieden, nachdem sie 2014 bereits die Fortbildung zur Gerontofachkraft absolviert hatte. Wer gewillt ist und entsprechendes Interesse mitbringe, habe in der Pflege viele Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten.