Personalien geklärt:Wahlmarathon mit Pannen

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Die Grünen küren Jan Halbauer zu ihrem Landratskandidaten, müssen dafür aber zweimal wählen. Der Abend gerät auch anderweitig zur Geduldsprobe

Von Heike A. Batzer, Gernlinden

Der Samstagabend läuft nicht ohne Pannen ab. "Es gibt bessere Starts", sagt Jan Halbauer später der SZ, angesprochen darauf, dass gleich zweimal gewählt werden musste, bis er als Kandidat feststeht. Dabei hat Wahlleiterin Beate Walter-Rosenheimer noch darauf hingewiesen, dass "wir gut aufpassen müssen, dass mit den Formalia alles passt". Aber schon im ersten Anlauf passen die Zahl der Anwesenden und die Zahl der abgegebenen Stimmen nicht zueinander. Nicht alle Grünen haben sich vorschriftsmäßig in gleich zwei Anwesenheitslisten eingetragen. Im zweiten Anlauf klappt es: Jan Halbauer ist nun offiziell Landratskandidat der Grünen, 84 Prozent der Anwesenden stimmen für ihn.

Komplett reibungslos gehen die Wahlen bei den Grünen an diesem Abend nicht ab - der Wahl von Landratskandidat Jan Halbauer muss wiederholt werden. (Foto: Mattthias F. Döring)

"Soll ich meine Rede noch mal halten?", fragt Halbauer scherzhaft, als Walter-Rosenheimer ankündigt, dass man den Wahlgang wiederholen werde. Nein, das muss er nicht, hat ihm seine Partei doch zuvor zwölf Minuten Redezeit zugestanden. Da können sie unerbittlich sein, die Grünen. Selbst ihrem einzigen Landratsbewerber kommen sie mit der Stoppuhr, wenn der den Parteimitgliedern sich und seine Ziele vorstellen will. Ein Gong kündigt an, dass er zum Ende kommen soll. Halbauer drückt aufs Tempo, redet schneller.

Jan Halbauer, Stadt-, Kreis- und Bezirksrat, ist nun auch Landratskandidat und bekommt einen Kaktus. (Foto: Matthias F. Döring)

Sechseinhalb Stunden dauert der Wahlabend im Bürgerzentrum von Gernlinden, eine Stunde vor Mitternacht stehen die 70 Kandidatinnen und Kandidaten für die Kreistagswahl und der Landratsbewerber fest. Nach fast vier Stunden deuten sich erste Spuren von Erschöpfung an. "Langsam werde ich echt müde", bekennt Sophie Schuhmacher, als sie sich als Kandidatin für den Kreistag vorstellt. Dabei ist man gerade mal bei Listenplatz elf angekommen. Über die Plätze eins bis 24 wird einzeln und geheim abgestimmt. Immerhin haben sie zu diesem Zeitpunkt schon ihren Landratskandidaten Jan Halbauer gewählt.

Der 35 Jahre alte Politikwissenschaftler steht im soliden weißen Hemd am Rednerpult, die Ärmel ein wenig aufgekrempelt. Er wirkt weniger locker als sonst. Hinter ihm - auf den aufgestellten Roll-ups und als großes Foto via Beamer an die Wand gestrahlt - unzählige Sonnenblumen. Davor stehen aufgereiht 24 kleine Kakteen, die später die ersten 24 Listenkandidaten bekommen, und ein größerer für Jan Halbauer. "Wir können durchaus Stachel sein in der Politik", sagt er. Von 55 abgegebenen Stimmen erhält er 46, drei Stimmen sind ungültig, drei Enthaltungen, drei Gegenstimmen.

Am Ende des sechseinhalbstündigen Veranstaltung sich die Kandidatinne und Kandidaten bereit fürs Gruppenbild. (Foto: Matthias F. Döring)

Halbauer arbeitet seit drei Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Grünen-Landtagsabgeordneten Martin Runge. Beide schlagen sich an diesem Abend gegenseitig für ihre Kandidaturen vor. Martin Runge erhält Listenplatz vier, den zweiten, auf dem auch grüne Männer für den Kreistag kandidieren können. Runge geht als einziger nicht ans Rednerpult, braucht auch kein Mikrofon, sondern stellt sich einfach von seinem Platz aus vor. Er sagt, dass er seit 40 Jahren Politik mache und seit 1984 dem Kreistag angehöre. Zu Anfang sei man dort als Grüner des öfteren allein auf weiter Flur gestanden und als "Dagegen-Fraktion" gebrandmarkt worden. Zwischen den beiden amtierenden Kreisräten steht auf Platz drei Ingrid Jaschke, die ebenfalls bereits dem Kreistag angehört. Auch für den Spitzenplatz wird die Olchingerin vorgeschlagen, doch dort gewinnt in Barbara Helmers eine landkreisweit bislang unbekannte Bewerberin sogleich die erste Stichwahl an diesem Abend. Die 40-jährige Maisacherin hat zuletzt ein Schreibwarengeschäft geführt, seit sie in den Maisacher Gemeinderat nachgerückt ist, hat die Mutter von zwei Kindern im Grundschulalter Spaß an der politischen Arbeit gefunden. "Es ist ein tolles Gefühl. Manchmal stellt man kritische Fragen, manchmal kann man was bewegen", sagt sie in ihrer Bewerbungsrede, die wie die der folgenden Kandidaten drei Minuten dauern darf. Gina Merkl, die 21-jährige Bezirksrätin aus Mittelstetten, folgt auf Platz fünf.

Gina Merkl organisiert und kandidiert. (Foto: Matthias F. Döring)

Die Listen im steten Wechsel mit Frau und Mann zu besetzen, bereitet den Grünen keine Mühe. An Kandidatinnen und Kandidaten mangelt es ihnen nicht, um viele Plätze buhlen mehrere Bewerber. Ohnehin sind sie eine Partei, zu der sich gerade Frauen hingezogen fühlen. Im Kreistag sitzen derzeit fünf Grünen-Frauen und fünf Grünen-Männer. 15 Mandate wolle man bei der nächsten Wahl im März erringen, erzählt Halbauer am Rande der Veranstaltung der SZ. Die Grünen fühlen sich nach den jüngsten Wahlergebnissen im Aufwind. 300 Mitglieder haben sie nun im Landkreis, in Türkenfeld einen Ortsverband und in Althegnenberg und Emmering erstmals Bürgermeisterkandidaten.

Der Abend in Gernlinden zieht sich in die Länge. Von Platz sechs an folgt Stichwahl auf Stichwahl, bis Hans Sautmann, 66 Jahre alter pensionierter Manager aus Eichenau, auf Platz sechs feststeht, bedarf es sogar deren zwei. Auf Platz sieben setzt sich Angelika Simon-Kraus, 63, durch, die einst Stadträtin in Fürstenfeldbruck war. Platz acht geht an den 31-jährigen Erzieher Christian Huber aus Germering, Platz neun an die junge Brucker Ortsvorsitzende Johanna Mellentin. Manche amtierenden Kreisräte, wie Christian Stangl oder Johann Märkl, kommen erst in weiteren Anläufen auf den Plätzen zehn und 14 zum Zug. Auf Platz elf kandidiert Sophie Schuhmacher, 23 Jahre alte Stadträtin aus Germering, auf Platz zwölf der Kreisvorsitzende und Althegnenberger Bürgermeisterkandidat Andreas Birzele. Stefanie Keller aus dem Mittelstettener Ortsteil Tegernbach, Co-Vorsitzende im Ortsverband Nordwest, beweist, wie wichtig die dreiminütige Bewerbungsrede ist, und wird gegen zwei Mitbewerberinnen auf Rang 13 gewählt. Erst auf den Plätzen 15, 16 und 17 treten die aktuellen Kreisräte Christina Claus (Olching), Daniel Holmer (Gröbenzell) und Rike Schiele (Eichenau) an, auf den Plätzen 25 und 31 Lena Satzger (Mammendorf) und Agnes Dürr (Germering). Weil er an diesem Abend nicht anwesend sein kann, bringt sich Daniel Holmer mit einer Videobotschaft in Erinnerung. Der Ton freilich ist so leise, dass Jan Halbauer seinen Kreistagskollegen dann doch selbst vorstellt.

© SZ vom 25.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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