Pandemie:Pas de deux mit der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung

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Zum Unterricht in der Ballettschule Sinzinger gehören auch immer wieder Auftritte wie beim Tanzfestival im Veranstaltungsforum.

(Foto: Günther Reger)

Dass die neuen Corona-Regeln nicht in allen Fällen klar sind, zeigt der Fall des Brucker Ballettstudios Sinzinger

Von Florian J. Haamann

Ist eine Ballettschule nun eine Sporteinrichtung? Eine Freizeiteinrichtung? Oder doch ein Ort der außerschulischen Bildung? Was nach einer Lappalie klingt, ist für Ludwig Sinzinger eine existenzielle Frage. Denn er betreibt in Fürstenfeldbruck ein Ballettstudio - und in zwei der genannten Fälle müsste er es schließen, im dritten könnte er es weiter geöffnet lassen. Und so steht er am Montag einigermaßen hilflos da, weil vor allem klar ist, dass nichts klar ist. Auf der Homepage des Studios steht, dass weiterhin geöffnet ist, mit Verweis auf Paragraf 20 der am späten Freitagabend veröffentlichten achten bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Dort heißt es, dass außerschulische Bildung unter Auflagen erlaubt ist.

"Die Verordnung ist in unserem Bereich nicht eindeutig. Meine Sorge ist, dass wenn ich jetzt freiwillig zumache und dann den Antrag auf die 75 Prozent Unterstützung stelle, es heißt, Herr Sinzinger, Sie hätten gar nicht zumachen müssen. Dann habe ich ein Problem. Ich möchte vor allem Rechtssicherheit. Wenn es heißt, ich soll zumachen, dann mache ich das sofort. In meinen Augen ist das aus Infektionsschutzgründen sinnvoll", sagt Sinzinger am frühen Montagnachmittag. Da hat er gerade mit dem Landratsamt telefoniert und seinen Fall vorgetragen. Genau wie nach drei Stunden in der Warteschleife bei der Corona-Hotline des Freistaats. "Bei der Hotline hatte ich dann jemandem am Telefon, der hat gesagt, Sie sind eine Kunstschule, Sie bilden Künstler aus. Damit sind sie eine außerschulische Bildungseinrichtung, und die bleibt offen". Also habe er auf der Homepage weiter die Öffnungsmeldung stehen lassen. "Dann hat sich das Landratsamt gemeldet und gesagt, Herr Sinzinger, was Sie machen, ist Sport. Wir hatten ein nettes Gespräch, und am Ende hieß es dann, das Landratsamt stellt eine Anfrage an die Regierung, die hoffentlich Auskunft geben kann." Wann mit der Antwort zu rechnen sein? Schwer zu sagen.

Klärungsversuch bei der Pressestelle des zuständigen bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit. Dort heißt es: Man werde heute von Anfragen überrollt, deshalb bitte die Fragen per E-Mail schicken, man versuche schnell zu antworten, könne für heute aber nichts versprechen.

Doch was macht die Lage eigentlich so kompliziert? Rechtlich gibt es einen Unterschied zwischen Tanzschulen für Freizeit oder Wettkampf und Schulen für künstlerischen Tanz, zu denen auch Sinzingers Ballettstudio gehört. So sind seine Mitarbeiter Mitglieder in der Künstlersozialkasse, und das Unternehmen ist von der Umsatzsteuer befreit. Klassische Tanzschulen können eine Sportförderung bekommen, Sinzinger nicht. "Wir sind den freien Berufen zugeordnet, so wie beispielsweise Musiklehrer. Die werden in ausdrücklich in Paragraf 20 genannt. In anderen Bundesländern sind auch Schulen für künstlerischen Tanz explizit erwähnt. In Bayern aber nicht. Ich glaube, die haben uns einfach vergessen, es existiert eine Lücke". Weil Ballettschulen ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg zum professionellen Balletttänzer sind, seien sie als berufsvorbereitend anerkannt.

Eine Möglichkeit, die Sache rechtsgültig zu klären, sei, dass er das Studio öffne und sich selbst anzeige, habe man Sinzinger erklärt. Dann werde er im Ordnungswidrigkeitsverfahren zu einem Bußgeld verurteilt. In dem Bescheid stünde dann auch, ob das Studio Freizeit- oder Sporteinrichtung sei. "Dagegen könnte ich dann vorgehen." Erst einmal hofft er aber, dass sich die Regierung bald melde. Bis zum Abend lag noch von keiner der Behörden eine Stellungnahme vor.

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