Süddeutsche Zeitung

Mitten in Fürstenfeldbruck:Nach Weihnachten ist vor Weihnachten

Der Historische Verein stellt am Samstag die prächtige Osterrieder-Krippe in der Klosterkirche vor. Der Zeitpunkt ist gut gewählt.

Kolumne von Stefan Salger

In ungefähr elf Monaten steht Weihnachten vor der Tür. Vermutlich in ungefähr neun Monaten wird wieder Adventsklimbim angeboten. Vermutlich in acht Monaten werden die ersten Lebkuchen und die obligatorischen Nikoläuse aus Schokoguss in den Regalen liegen. Und hoffentlich noch etwas zeitiger wird der Paketbote vor der Tür stehen. Aber dazu später mehr.

Mit hinreichender Gewissheit lässt sich jedenfalls bereits sagen, dass der Countdown begonnen hat. Und dies, noch bevor in manchen Wohnzimmern die letzten grün-nadeligen Überlebenskünstler das Feld räumen müssen: denn am 2. Februar, 40 Tage nach Weihnachten, wird Mariä Lichtmess begangen. Bis zu diesem Tag dürfen nach altem Brauch Christbäume stehen bleiben. Gleiches gilt für Krippen. Deshalb darf ein ganz besonderes Exemplar am Samstag von elf Uhr an auch mit Fug und Recht und just in time in den Blickpunkt rücken: die Osterrieder-Krippe in der Josephskapelle der Klosterkirche Fürstenfeld. Im Auftrag des Historischen Vereins werden die Experten Anneliese und Anton Hirschvogel deren Besonderheiten erklären.

Spätestens dann wird deutlich, dass die Klosterkirche mit der Peterskirche auf Augenhöhe ist - auch in Rom steht eines dieser Kunstwerke des Bildhauers Sebastian Osterrieder, der um 1900 herum das Krippenbrauchtum in den Kirchen wiederaufleben ließ und dessen Werke auch bei weltlicher Prominenz hoch im Kurs standen: bei Prinzregent Luitpold und Kaiser Wilhelm II ebenso wie bei Konrad Adenauer.

Wer neugierig geworden ist, sollte sich unter kontakt@hvf-ffb.de anmelden. Nach der inspirierenden Führung könnte man den Wunsch verspüren, sich selbst als Modellbaumeister zu versuchen. Dann zahlt es sich aus, mit Blick aufs nächste Weihnachtsfest zeitig dran zu sein. Denn Osterrieders Figuren sind nicht aus Schokoguss wie all die oblgatorischen Nikoläuse, sondern aus echtem Französischen Hartguss. Gips wird dafür mit Hasenleim und Champagnerkreide zusammengerührt. Angesichts gerissener Lieferketten mag es schon ein paar Monate dauern, bis der bereits oben avisierte Paketbote mit den seltenen Rohstoffen vor der Tür steht.

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