Die Schafe ruhen inmitten von grünem Moos und Felsen. Ihr Fell in immer gleichen Locken, betrachten sie mit leicht geneigten Köpfen die jährlich wiederkehrende Szene, die sich in der Palastruine abspielt. Drei reichgeschmückte Männer sind angekommen, ihre Kamele weilen im Hintergrund. Sie haben ihre Truhen mit Gold, Weihrauch und Myrre auf den Stufen abgestellt. Auf rotsamtenen Decken liegen ihre Gaben für das neugeborene Kind. Hoch über ihnen schwebt der Engelein Chor.
"Bei den Schafen muss man ein bisschen aufpassen, wie man sie platziert. Sonst merkt man, dass sie alle gleich aussehen", sagt Marina Frustaci. Nicht nur die Begeisterung für Weihnachtskrippen hat sie von ihren Großeltern Anton und Anneliese Hirschvogl geerbt. Sie übernahm vor sechs Jahren auch die Aufgabe von ihnen, die berühmte Osterrieder Krippe in der Josephskappelle der Klosterkirche Fürstenfeld zu pflegen.
Die drei Weisen überbringen Gold, Weihrauch und Mhyrre. Oben schweben die Engel.
(Foto: Johannes Simon)Die 29-Jährige erinnert sich noch, dass es früher zur Weihnachtszeit immer hieß: Wo ist Opa? Und die Antwort selbstverständlich lautete: bei der Krippe. "Erst wenn Opa das Jesuskind in die Krippe gelegt hatte und von der Kirche zurückkam, konnte Weihnachten losgehen."
Es waren auch ihre Großeltern, die als erste den Wert der Krippe erkannten. "Als ich die Augen der Figuren mit ihrem wachen Blick sah, erkannte ich sofort, dass das etwas Besonderes ist", sagt Anneliese Hirschvogl. Dafür hat die 85-jährige einen Blick. Sie und ihr 86-jähriger Ehemann Anton sind seit langer Zeit Krippenbegeisterte und besitzen selbst mehr als 15 Stück. Seit 1999 kümmerten sie sich um die von dem Münchner Bildhauer Sebastian Osterrieder vor mehr als 100 Jahren geschaffenen Figuren.
Der Verkündigungsengel teilt Christi Geburt mit.
(Foto: Johannes Simon)Als sie die Krippe übernahmen, sei sie in sehr schlechtem Zustand gewesen. Es habe fachkundige Restaurateure gebraucht, um die Hartguss-Körper zu verarzten. "Sich um so eine Krippe zu kümmern, ist Herzenssache", sagt Hirschvogl. Er ist seiner Enkelin und deren Ehemann dankbar, dass er seine Aufgabe in "kundige Hände" übergeben kann. "Und wenn es mal brennt, sind wir ja auch noch da."
Noch bis zum 2. Februar, Mariä Lichtmess, ist die Krippe aufgebaut. Erst jetzt, nachdem die drei heiligen Könige beim Jesuskind ankamen, sind alle der etwa 20 Zentimeter großen Figuren zu bewundern. Anlässlich dieser Vollständigkeit findet an diesem Samstag eine Führung mit dem Ehepaar Hirschvogl statt, die vom Historischen Verein Fürstenfeldbruck organisiert wurde. Das Interesse ist groß, es gibt bereits 25 Voranmeldungen.
Das Jesuskind in der Krippe bildet den Mittelpunkt der Szene.
(Foto: Johannes Simon)Dass die Hirschvogls nach über 20 Jahren viel zu der Krippe zu erzählen haben, versteht sich von selbst. Anneliese Hirschvogl deutet auf eine goldene Vorrichtung: "Dieser Halter für das Weihrauchgefäß stammt beispielweise aus Santiago de Compostela." Bekannte hätten es ihr von dort mitgebracht. Auch die Fassade des Stalls sei weit gereist. Zwar bemalten sie sie selbst, die besondere Wand stamme allerdings aus Neapel. "Wir haben die Krippe und ihre Landschaft weiterentwickelt, ausgebaut und verändert", sagt Anton Hirschvogl.
Mit der Zeit sind einige Figuren hinzugekommen, die den Originalen exakt nachempfunden seien. Unter den vier Neulingen gebe es nun auch endlich eine weibliche Unterstützung für die Mutter Gottes. "Die Wasserträgerin ist neben Maria die einzige Frau", sagt Marina Frustaci. Aber nicht nur die Krippe wächst, sondern auch die Familie. Als Neujahrskind kam Frustacis Sohn Emilio 2022 zur Welt. Der Einjährige kennt die Krippe natürlich schon. Bevor ihr Ehemann sie nach der Geburt des Kindes aus dem Krankenhaus abholte, sei er noch in der Josephskappelle vorbeigefahren, um die Kamele für die letzte Szene zu positionieren. So eine Krippe ist eben eine Aufgabe für die ganze Familie.