Ortspolitik:Bürgerhaushalt soll Eichenauer mehr einbinden

Fahrradpumpe

Nachahmungswürdig: Eine öffentliche Fahrradpumpe wie diese am S-Bahnhof Gröbenzell wünschen sich viele Eichenauer in ihrem Ortszentrum. Mittels des beantragten Bürgerhaushaltes könnte sie rasch Realität werden.

(Foto: Günther Reger)

Gemeinderat entscheidet am Mittwochabend über SPD-Antrag. Als Vorbild dient die Stadt Unterschleißheim

Von Ariane Lindenbach, Eichenau

Ob ein hundert Quadratmeter großes Sonnensegel über einem Spielplatz oder ein Lastenfahrrad zum Ausleihen für jeden: Im nahe gelegenen Unterschleißheim ermöglicht ein sogenannter Bürgerhaushalt seit einigen Jahren die Umsetzung solcher Vorschläge der Bewohner. Diese Idee, die aus den Achtzigerjahren stammt, hat nun die SPD in Eichenau aufgegriffen. Sie beantragt, in der Kommune am Starzelbach als erster im Landkreis ebenfalls einen Bürgerhaushalt einzurichten. An diesem Mittwoch beschäftigt sich der Gemeinderat damit.

"Ich bin gespannt, wie die Kollegen aus anderen Fraktionen dazu stehen", sagt Andreas Zerbes. Der SPD-Gemeinderat und Sozialreferent hat den Antrag ausformuliert. Die Idee für den Bürgerhaushalt kam von der stellvertretenden Fraktionschefin Gertrud Merkert. Wie Zerbers erläutert, "ist es relativ oft so, dass Bürger auf uns zukommen mit Anregungen, können wir da mal eine Bank aufstellen", oder etwa eine zweite öffentliche Fahrradpumpe im Ortszentrum installieren. Zur Umsetzung solcher Anregungen aus der Bürgerschaft sei ein Bürgerhaushalt sehr gut geeignet. 25 000 Euro will die SPD dafür im nächsten Jahr bereit stellen. Ob es das Budget jährlich oder alle zwei Jahre geben soll, soll entweder die Diskussion im Gemeinderat oder der Erfolg respektive Misserfolg des ersten Jahres ergeben.

In Unterschleißheim (Landkreis München), das die Eichenauer SPD als positives Beispiel nennt, praktiziert man die Einbeziehung der Bürgerschaft mit dem Bürgerhaushalt im fünften Jahr. Wie Steven Ahlrep berichtet, der im Rathaus für Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, "ist die Bandbreite an Vorschlägen riesig groß". Zunächst kann jeder Anwohner seine Ideen im Rathaus vorbringen. Meist digital, aber es geht auch schriftlich oder persönlich.

Im nächsten Schritt bewerten Verwaltungsmitglieder die Realisierbarkeit: Ist die Kommune überhaipt zuständig? Was ist für die Umsetzung notwendig? Was kostet das? Die Ideen, die im Rahmen des Budgets von der Kommune realisiert werden können, werden zur Abstimmung ins Internet gestellt. Dann können die Bürger, wenn sie sich registriert haben, abstimmen. Diejenigen, die die meisten Stimmen erhalten, kommen ganz oben auf die Prioritätenliste. Abschließend ist dann noch einmal der Stadtrat gefragt. "Der Hauptausschuss muss formal die Mittel freigeben", erläutert Ahlrep.

Die Beteiligung für den Bürgerhaushalt 2019 ist in Unterschleißheim bereits abgeschlossen. Unter den Vorschlägen ist zum Beispiel zwei Mal jährlich die kostenlose Abfuhr von Sperrmüll, Umkleidekabinen am See, ein Trinkwasserbrunnen oder die Einrichtung eines Zebrastreifens. Auf der Seite www.machmit.unterschleissheim.de können Interessierte alle Ideen durchlesen, den jeweiligen Status (die vorgenannten Beispiele werden alle durch die Verwaltung geprüft) ansehen, teils sind auch die Kosten aufgeführt (der Zebrastreifen etwa kostet 21 500 Euro, da er mit einer beleuchteten Beschilderung versehen sein muss).

Nach Steven Ahlreps Erfahrung bringt dieser Prozess - der Austausch von Bürgerschaft und Verwaltung - die Situation und Sichtweise der jeweils anderen Seite näher. "Das Verständnis, was alles dahintersteckt, wächst." Um es am Beispiel des Zebrastreifens zu erläutern: Ein Klick auf den Vorschlag, ein Fenster öffnet sich. Dort erfährt der Leser auch, dass die Stadtverwaltung nicht einfach irgendwo einen Zebrastreifen hinmalen kann. Eine Verkehrszählung muss zunächst belegen, dass an dieser Stelle eine relevante Zahl an Personen die Straße quert. Erst dann ist es rechtlich zulässig, ihn einzurichten.

Einen Nachteil hat der Bürgerhaushalt auch. Ahlrep spricht von einem "hohen personellen Aufwand", die SPD Eichenau zitiert in ihrem Antrag Unterschleißheims Bürgermeister ähnlich. Ob das die Gemeinderäte am Starzelbach von einem positiven Votum abhält, wird sich am Abend zeigen. Die SPD hofft jedenfalls, mit ihrem Antrag der Politikverdrossenheit entgegenzuwirken.

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