Online-Künstleraustausch:Kunst braucht Betrachtung

Online-Künstleraustausch: Bettina Elsässer-Max zeigt die jüngsten Ergebnisse der Gruppe auf dem digitalen Format.

Bettina Elsässer-Max zeigt die jüngsten Ergebnisse der Gruppe auf dem digitalen Format.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Fürstenfeldbrucker Malgruppe findet eine virtuelle Plattform

Von Sonja Pawlowa, Fürstenfeldbruck

Das Malatelier der Individualisten überbrückt den Lockdown als Online-Künstlergruppe. Allein malen, aber zusammen betrachten. Wie kam es zu dieser Idee? Bettina Elsässer-Max leitet seit Jahren die Künstlergruppe der Individualisten in Fürstenfeldbruck. Die Teilnehmer treffen sich normalerweise jeden Donnerstag in der Alten Schmiede zu vier intensiven Stunden gemeinsamen Malens. So entstehen nicht nur Bilder, sondern auch Ideen, Gespräche und Begegnungen. Das änderte sich im April 2020.

Die umfassende Werkschau der Kunstschaffenden aus den drei Werkstätten des Haus 10 mit dem Titel "Was ist denn da los?" wurde wegen der Pandemie abgesagt und die bereits gedruckten Einladungskarten somit wertlos. Selbst der Ersatztermin im März 2021 fällt nun ins Wasser. Seit dem Dezember-Lockdown saß die Künstlergruppe wie untätig zu Hause. Das Leben rutschte ins Private. Diese Erstarrung brach Elsässer-Max mit einem neuen Projekt auf. Den Impuls lieferte sie mit einem Email-Gruß zum Jahreswechsel. Die Reaktionen kamen postwendend: Allen Gruppenmitgliedern fehlte das Malen. Allen fiel es schwer, Antrieb zu finden, sich aus eigener Kraft hinzusetzen und ein Bild zu gestalten, das keiner sieht. Elsässer-Max kann das nachempfinden. "Bilder brauchen Betrachter. Wenn man etwas malt, will man es jemandem zeigen."

Die derzeit viel genutzten Möglichkeiten wie Zoom-Treffen oder Skype erschienen Elsässer-Max für die Malerei nicht angemessen. Schließlich geht es beim Schaffensprozess nicht ums Ratschen. Sie suchte nach einem Weg, der Zusammenhalt und Kreativität befeuert und fand für die Gruppe ein gemeinsames Thema: Gabriele Münter und eine Winterlandschaft bei Emmering. Entstandene Interpretationen sollten per Email an Bettina Elsässer-Max gehen. Sie selbst wollte die Werke sammeln und ihr Feedback geben.

Eine Terminabsprache schuf Struktur. Die Isolierung im Lockdown hatte plötzlich einen positiven Aspekt. Die zeitliche Einschränkung von vier Stunden fiel weg. Die Konzentration auf das Thema tat gut. Das selbstbestimmte Tempo brachte eine eindrucksvolle stilistische Vielfalt hervor.

Die fertigen Werke sind mittlerweile als Fotografien in einer Datei gesammelt. Der Vergleich ist erfrischend, das Resultat befruchtend. Leider fehlt die dritte Dimension. Wie groß ein Bild ist, wie sich die Farbe, die Leinwand, das Papier verhält - all das vermittelt sich nicht durch die Anordnung in digitalen Kacheln.

Denn die einzelnen Gruppenmitglieder, die auf unterschiedliche Lebensverläufe zurückblicken, verwenden unterschiedliche Techniken und Materialien. "Einer geht höchst emotional an das Thema heran, weil er aus einem sozialen Beruf stammt, ein Naturwissenschaftler hingegen agiert eher planerisch und gezielt." Ob die Pinsel und Farben von Aldi, Lidl oder aus dem Online-Versand des Fachhandels stammen, ist dabei egal. Es geht um den Prozess des Malens und den Impuls, der befeuert.

"Die Motivation taucht auf, wenn etwas im Raum steht", sagt Elsässer-Max. "Kunst hat eine hoffnungsspendende Wirkung und gibt Energie." Das ist ihre persönliche Erfahrung.

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