Sparkasse:Reif für die Dialog-Insel

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Im zweiten Anlauf klappt es: Saskia Martens, Mitarbeiterin der Sparkassenhauptstelle in Fürstenfeldbruck, erscheint auf dem Bildschirm (links Sparkassenchef Frank Opitz, daneben der Türkenfelder Bürgermeister Emanuel Staffler. (Foto: Jana Islinger)

Per Knopfdruck am Bildschirm: In Türkenfeld, Moorenweis und Althegnenberg können sich Kunden von der bisherigen Filiale aus online mit einer Sparkassen-Mitarbeiterin zusammenschalten.

Von Stefan Salger, Türkenfeld

„Houston, wir haben ein Problem.“ Die Worte sind in die Geschichte eingegangen. In Türkenfeld gibt es am Montagvormittag kurzzeitig auch ein Problem, das sogleich fernmündlich von der Duringstraße ans grüne Mutterschiff in Fürstenfeldbruck gemeldet wird. Im Unterschied zu der 1970 in Not geratenen Besatzung von Apollo 13 bleibt die Stimmung in der Türkenfelder Sparkassenfiliale aber entspannt. An die Gästeschar, die sich vor dem Banktresen drängt, wird bei der Vorstellung der neuen Dialog-Insel unbeirrt Sekt und Orangensaft ausgeschenkt. Das mag daran liegen, dass in der Filiale nicht irgendwo auf dem Weg zum Mond ein Tank mit superkritischem Sauerstoff explodiert ist, sondern sich nur der Computer aufgehängt hat. Sowas lässt sich lösen mit einer Methode, um die Astronauten die Banker im Türkenfelder Sparkassensatellit gewiss beneidet hätten: ein Neustart.

Es ist die Reaktion auf Fachkräftemangel und den Trend zum Onlinebanking

Die Generalprobe, bei der leibhaftige Sparkassen-Mitarbeiterinnen von Fürstenfeldbruck aus in Türkenfeld und etwas später auch in Moorenweis und Althegnenberg am Bildschirm erscheinen und „Face to face“ im Videochat bei Überweisungen oder anderen Bankleistungen zur Hand gehen, fällt also ein bisschen ins Wasser. Bekanntlich ein gutes Vorzeichen, dass von April an im Regelbetrieb alles perfekt klappt.

Zur Vorstellung des neuen Konzepts sind Kunden sowie Vertreter des Gemeinderats und von Beiräten gekommen. (Foto: Jana Islinger)

Türkenfelds Bürgermeister Emanuel Staffler (CSU) ist an diesem Tag die Rolle des Versuchskaninchens zugedacht. Er drückt auf den kleinen, blau leuchtenden Knopf unter dem auf Augenhöhe montierten Bildschirm. Sparkassenchef Frank Opitz drückt dem Rathauschef eine beispielhafte Arztrechnung in die Hand und lenkt mit den Worten „Jetzt kommt das Abenteuer“ die Aufmerksamkeit der Premierengäste auf den Bildschirm. Als dort dann aber der Schriftzug „Bitte haben Sie einen Augenblick Geduld“ auch geschätzt hundert Augenblicke später noch nicht verschwinden mag, zieht der ebenfalls bestens gelaunte Staffler Parallelen zwischen der Dialog-Insel und einer Thermomix-Küchenmaschine, die gerade ein Update bekommt. Und er zeigt sich demonstrativ bereit, das Treffen in der Filiale inmitten all der Gäste mit Sektgläsern in Händen kurzerhand zum Neujahrsempfang umzudeuten.

Dazu kommt es nicht. Denn beim zweiten Anlauf erscheint die Mitarbeiterin der Sparkasse live auf dem Bildschirm. Zwei Kameras der Dialog-Insel übermitteln gleichzeitig das Porträt des Testkunden sowie die Rechnung. Im realen Leben müssten sich Kundin oder Kunde möglicherweise noch ausweisen. Eine Unterschrift ist dann nicht mehr erforderlich.

Die Sparkassenfiliale an der Duringstraße in Türkenfeld. (Foto: Jana Islinger)

„Testen Sie uns“, ruft Opitz den Kunden zu. Für die erste etwa dreiwöchige Probephase werden in den Filialen noch leibhaftige Mitarbeiterinnen anwesend sein, nach einem Jahr soll Bilanz gezogen werden. In Türkenfeld wird im Sinne der Diskretion noch eine Trennwand eingezogen und darüber nachgedacht, ob sich der Bildschirm mit Blick auf die Barrierefreiheit bei Bedarf auch absenken ließe.

Opitz ist optimistisch, dass viele Kunden von Ende Januar an das niederschwellige Konzept annehmen und sich damit reif für die Dialog-Insel fühlen. Für die Sparkasse sei es möglich, in Zeiten, in denen Online-Banking an Bedeutung zunimmt, einen Service am Ort trotz Fachkräftemangel aufrechtzuerhalten und die Beratungszeiten noch deutlich zu erweitern. Waren es zuletzt vier Stunden pro Woche, in denen in Türkenfeld geöffnet war, so sind die insgesamt drei zuständigen Mitarbeiterinnen in Fürstenfeldbruck nun von Montag bis Freitag, jeweils von neun bis 16 Uhr auf Knopfdruck erreichbar.

Einen Termin beim Bankberater gibt es auch weiterhin

Für tiefergehende Beratungen könne auch künftig ein Termin beim Kunden oder in verbliebenen Filialen oder der Hauptstelle in Fürstenfeldbruck vereinbart werden, so Opitz. Die nicht mehr benötigten Räume der Türkenfelder Filiale werden vermietet. Der Sparkassenchef könnte sich in Zukunft grundsätzlich vorstellen, Dialog-Inseln für Kooperationspartner wie Krankenkassen oder Rathäuser zu öffnen.

Staffler ist froh, dass die Sparkasse somit weiterhin präsent ist und Bürgerinnen und Bürger weder auf Avatare angewiesen sind noch sich mit anonymen „Call-Centern im Wolkenkuckucksheim“ herumschlagen müssen.

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