Süddeutsche Zeitung

"One Billion Rising":Globaler Streik

Lesezeit: 2 Min.

Eine weltweite Aktion am Valentinstag setzt ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen. In Germering beteiligen sich auch Männer

Von Ariane Lindenbach, Germering

Es ist Punkt 16 Uhr, als mitreißende Sambarhythmen unten vom Kreisel an der Bahnunterführung in Germering erklingen und zu beachtlicher Lautstärke anschwellen. Ein paar Passanten - Spaziergänger, Cafébesucher - gucken etwas irritiert. Die älteren Herren am Bouleplatz vor der Stadthalle beginnen scherzhaft zu dem Rhythmus zu tanzen. Unten vor dem Kreisverkehr steht eine Gruppe von Menschen, etwa drei Dutzend. Es sind vor allem Frauen gekommen, die meisten schon etwas älter. Gemeinsam wollen sie an diesem Valentinstag ein Zeichen setzen gegen Gewalt an Frauen. Wie es Milliarden Menschen an diesem Tag auf der ganzen Welt tun.

",One Billion Rising' ist ein globaler Streik", erklärt Brigitte Breidenbach den Anwesenden. Das Gründungsmitglied der Germeringer Fraueninitiative (Gefi) steht mit einem Mikrofon vor den in weiße Hosen und rote Pullover gekleideten Trommlern der Sambavarians und bedankt sich bei ihnen und Zumba-Lehrerin Sigrun Wegener, die den weltweit gleich gestalteten Tanz mit allen Interessierten im Vorfeld eingeübt hat. So wie in den vergangenen vier Jahren. So lange gibt es "One Billion Rising" schon und so lange organisiert die Gefi mit Unterstützung der Gleichstellungsbeauftragten Renate Konrad die Aktion, die immer am 14. Februar stattfindet. Es ist die einzige im Landkreis. "Heute erheben sich rund um den Globus Millionen von Frauen, Männern, Kindern", sagt Breidenbach: "Tanzen gibt Kraft und Stärke, und wenn auf der ganzen Welt Millionen von Menschen miteinander tanzen, hat das eine enorme Wirkung. Deswegen: Lasst uns miteinander tanzen." Mit Breidenbachs Worten setzt wieder die Musik ein.

Diesmal ist es der Gema-freie Song zur Aktion "Break the Chain" (Zerbrich die Kette) von Tena Clark, allerdings in einer deutschen Version gesungen. Die Gruppe dürfte inzwischen auf mehr als 50 angewachsen sein. Etwas mehr als die Hälfte tut es Wegener gleich, die mit dem ersten Ton in die Hocke gegangen ist, um sich dann mit nach oben zeigenden Armen zu erheben. Schritte nach links, nach rechts, klatschen. Es ist nicht so wichtig, ob alles korrekt ist. Hauptsache, viele machen mit.

In Germering tanzen auch ein paar Männer mit. Maxim zum Beispiel, der mit seiner Frau Linda und den drei kleinen Kindern zufällig beim Spaziergang auf die Aktion gestoßen ist. Beide kannten sie nicht und finden sie "sehr schön". "Vor allem, weil es in vielen Ländern anders ist", fügt Maxim noch hinzu. Ohne damit sagen zu wollen, in Deutschland gäbe es keine Gewalt gegen Frauen. Ähnlich sieht es Angelika Zierhofer. Sie ist "ganz bewusst" mit ihrer Mutter hierher gekommen, um die Aktion zu unterstützen. "Ich bin eigentlich keine Spaziergängerin", betont sie. Passanten bleiben stehen, einige fotografieren vom Rand aus die Tanzenden. Inzwischen laufen andere Lieder, die Choreografie bleibt gleich. "Eigentlich sollte das normal sein", kommentiert David die Aktion. Gut findet er sie trotzdem. Die stampfenden Rhythmen klingen über den Platz, die Boulespieler sind weg.

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Quelle:
SZ vom 15.02.2016
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