Zwölf Monate - zwölf Namen:Erinnerung an den Kollegen

In der Polizei-Hochschule Fürstenfeldbruck findet eine Gedenkveranstaltung für Anton Fliegerbauer statt, der beim Olympia-Attentat 1972 getötet wurde. Er war 32 Jahre alt.

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Zwölf Monate - zwölf Namen: Im Churfürstensaal des Klosters Fürstenfeld, dem größten Saal der Polizei-Hochschule, wird des Polizeibeamten Anton Fliegerbauer gedacht.

Im Churfürstensaal des Klosters Fürstenfeld, dem größten Saal der Polizei-Hochschule, wird des Polizeibeamten Anton Fliegerbauer gedacht.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Zwölf Menschen sind bei dem Anschlag palästinensischer Terroristen am 5. September 1972 ums Leben gekommen, zwölf Opfer, derer in diesem Jahr gedacht wird. Zwölf Monate - zwölf Namen heißt das Projekt von Jüdischem Museum und NS-Dokuzentrum in München und Fürstenfeldbruck. An beiden Orten spielte sich das Olympia-Attentat ab, in München begann es mit dem Überfall von acht Terroristen auf die israelische Olympiamannschaft, in Fürstenfeldbruck endete es mit dem gescheiterten Befreiungsversuch durch die bayerische Polizei. Dass die Polizei 50 Jahre nach den Olympischen Spielen von München nun während dieses Projekts eine Veranstaltung mit etwa 70 geladenen Gästen in ihrer Hochschule in Fürstenfeldbruck abhält, hat unmittelbar damit zu tun, dass eines der zwölf Opfer einer der ihren war. Anton Fliegerbauer, damals 32, starb im Tower des Militärflugplatzes Fürstenfeldbruck beim Feuergefecht mit den Terroristen.

Die Biografien der von den Terroristen getöteten israelischen Geiseln und des Polizisten stehen im Mittelpunkt des Gedenkjahres. Nach Anton Fliegerbauer in diesem Monat wird im März des Gewichthebers Ze'ev Friedman gedacht. Und zwar in einer Ausstellung im Bauernhofmuseum Jexhof. Es folgen weitere Erinnerungsmonate, einige auch im Landkreis.

Dass dieses Erinnern nicht aufhört, dass jedes Jahr am 5. September eine Gedenkveranstaltung mit weiter zunehmenden Interesse der Bevölkerung in Fürstenfeldbruck stattfindet, dem hat sich Landkreis und insbesondere Landrat Thomas Karmasin verschrieben. Seit 1997 verfolgt Karmasin mit sehr viel persönlichem und politischem Engagement dieses Ziel. Seit 1999 steht vor der Kaserne in Fürstenfeldbruck ein von Hannes Götz aus Gröbenzell gestalteter Gedenkstein.

Ein digitaler Erinnerungsort wird derzeit aufgebaut

Der Landrat stellte den Gästen im Churfürstensaal am Dienstagnachmittag den derzeit im Aufbau befindlichen digitalen Erinnerungsort vor, der bis zu einer Eröffnung des realen Erinnerungsortes im alten Tower des Fliegerhorstes eine internationale Plattform sein soll. Sollte es nach 2026, dem derzeit genannten Abzugsdatum der Bundeswehr aus Fürstenfeldbruck, zur Schaffung des Erinnerungsortes in der Kaserne kommen, soll eine eigene App mit "Augmented Reality" Digitales und Reales verschmelzen, wie Karmasin sich ausdrückte.

Karmasin war 1972 als Schüler in Fürstenfeldbruck ebenso Zeitzeuge wie Thomas Hampel, der amtierende Polizeipräsident von München. Hampel ließ die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung an seinen eigenen Erinnerungen teilhaben, die er am 6. September 1972 im Olympiastadion hatte. Nur wenige Stunden nach dem Massaker auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck wurde im Stadion eine Trauerfeier abgehalten. Hampel war Schüler und einer unter etwa 80 000 Menschen im Olympiastadion. Draußen, ergänzte Ulrike Bergheim vom Historischen Verein, hatten sich weitere 20 000 Menschen versammelt, die das Entsetzen und die Trauer einte.

Die als "heiter" konzipierten und auch so begonnenen Spiele gingen als "Nebensache" weiter, wie Hampel sagte. Während die Sportwelt, insbesondere das Internationale Olympische Komitee, schon gleich danach nichts mehr von dem Attentat hören wollte, folgte in Bayern wie auch auf Bundesebene eine erste Aufarbeitung, die zur Gründung der für Spezialeinsätze ausgebildeten GSG 9 führte.

Die eingesetzten Beamten hatten keine angemessene Ausbildung

Hampel konnte aus heutiger Warte sagen, dass 1972 die Sicherheitslage falsch eingeschätzt worden sei, die Kommunikation nicht funktioniert habe und die Beamten, die am Flugplatz eingesetzt worden waren, keine Ausbildung für die Geiselbefreiung gehabt hätten. Auch Anton Fliegerbauer nicht, der am 5. September eigentlich seinen ersten Urlaubstag gehabt hätte. Er habe sich freiwillig für den Einsatz im Fliegerhorst gemeldet, so Hampel. Da er als guter Schütze galt, bekam er eine Maschinenpistole und einen Posten im Tower. Seine Familie nahm am 8. September 1972 von ihm Abschied.

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