Olching:Wiesensalbei unter Strom

3,2 Megawatt leistet der Solarpark an der Bundesstraße 471. Zwischen den Modulen darf die Natur aber weiter üppig erblühen. Ein Rundgang

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

In den Jahren 2010 und 2011 ist der Solarpark Olching an der Bundesstraße 471 errichtet worden. Zwischen den eingezäunten riesigen Photovoltaikmodulen sieht die 15-köpfige Besuchergruppe, die zur ersten Führung am "Geo-Tag der Natur" gekommen ist, um sich über die dortige Tier- und Pflanzenwelt zu informieren, eher mickrig aus. "16 000 Solarmodule ergeben eine Leistung von 3,6 Megawatt", erläutert Marco Weinhold, der technische Leiter des Olchinger Solarparks. Zum Vergleich: auf normalen Häusern finden nur 30 bis 50 Module Platz. Weinhold arbeitet für die Kölner Investorengruppe Wattner, die mehrere dieser Solarparks in Deutschland betreibt. Die gleichzeitigen bundesweiten Führungen durch sieben Solarparks werden vom Geo-Magazin und dem Bundesverband Neue Energiewirtschaft organisiert.

Olching: Ohne Dünger kommt man hier aus, und gemäht wurde bislang nur zweimal.

Ohne Dünger kommt man hier aus, und gemäht wurde bislang nur zweimal.

(Foto: Günther Reger)

Von den 13 Hektar Fläche sind in Olching-Esting lediglich drei mit Photovoltaikmodulen überbaut; der Rest ist Wiese. Zwischen den Modulen, die im Abstand von etwa acht Metern zueinander aufgestellt sind, wächst nicht nur hohes Gras. Landschaftsplaner Gerhard Suttner aus Schwabhausen hat bei einem Rundgang am Vortag schon 43 Gräser und bis zu 15 Pflanzenarten gezählt. "Das ist eine blüten- und artenreiche Wiese", legt sich Suttner gleich zu Beginn der Führung fest. Gegenüber einem bewirtschafteten Acker sei das Photovoltaik-Areal "ein Quantensprung", sagt der Experte zur SZ. Er deutet auf den Wiesensalbei mit den tiefblauen Blüten, auf den Glatthafer und die Kartäusernelke. Dann bleibt Suttner beim orangeroten Habichtskraut stehen. "Eigentlich eine alpine Art, die sich aber auch im Flachland an Straßen und Autobahnen verbreitet", erläutert der Landschaftsplaner.

Olching: Unter den Paneelen leben auch seltene Insekten.

Unter den Paneelen leben auch seltene Insekten.

(Foto: Günther Reger)

In der Zwischenzeit ist Suttners Führungspartner Ralf Schreiber schon, sein Schmetterlingsnetz schwingend, durch das hohe Gras gelaufen, um Schmetterlinge, Käfer und andere Insekten einzufangen. Das gelingt dem Biologen und Landschaftsgutachter aus Neu-Ulm auch. Einen Käfer und eine Wanze hat er aus dem großen weißen Netz in eine kleine durchsichtige Filmdose befördert, die sodann bei den Besuchern herumgeht. Danach werden die Tiere wieder freigelassen. "Solche Wiesen wie hier sind Gold wert", sagt Schreiber, er klingt ebenso wie Suttner begeistert. Die nächste Runde in der Dose macht ein Grasfalter, dann ein Bläuling, zwei Schmetterlinge. "Die Weibchen der Bläulinge sind braun, die Männchen blau", erklärt Schreiber. "Davon sind hier sicherlich hundert." Da das Areal nicht gedüngt werde, lebten hier Tiere und Pflanzen, die es woanders nicht gebe. Zweimal pro Jahr wird laut Parkleiter Weinhold die Wiese gemäht. Diese eher mäßige Bearbeitung der Fläche reicht für die Aushagerung des Nährstoffgehaltes des Bodens, damit sich nach jeder Mahd noch mehr Tiere und Pflanzen entwickeln können.

Doch schon jetzt gibt es zwischen den Solarmodulen eine extrem große Vielfalt an Pflanzen und Insekten. Plötzlich kommt ein Käfer sogar auf den Handrücken geflogen. Schreiber erkennt ihn sofort: "Das ist ein Blatthornkäfer, der kleine Bruder des Maikäfers." Wenig später fängt er mit seinem Netz noch einen Nachtfalter und ein Dutzend winzige Heuschrecken ein. "Bei den Heuschrecken ist das so", erklärt Schreiber, "die Männchen machen Krach oder spielen liebliche Melodien und die Weibchen laufen ihnen dann zur Paarung hinterher." Suttner erklärt noch den Unterschied der zahlreichen langstieligen Gräser, die überall zu finden sind. Der Lebensraum Solarpark, der zuvor ein bewirtschafteter Acker gewesen ist, bietet Tieren und Pflanzen seit elf Jahren ein abgeschirmtes Dasein und ermöglicht eine Diversität, die die Experten erfreut. Mensch und Hund sind ausgesperrt, so dass es hier für die Tiere eine Ruhezone gibt. "Das Klima und der Artenschutz profitieren davon", ziehen Suttner und Schreiber ein gemeinsames positives Fazit.

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