Süddeutsche Zeitung

Olching:Von Nürnberg lernen

Oberbürgermeister Ulrich Maly diskutiert über das Verhältnis von städtischer und ländlicher Region

Von Katharina Knaut, Olching

Ein Druck lastet auf Olching: der Druck der nahen Metropole München, sagt SPD-Ortsvorsitzender Ulrich Steck: der Wohnungsmarkt überlaufen, die Straßen überlastet. Die Kommune habe reagiert, mit dem Bau von kommunalen Wohnungen und der Planung eines neuen Stadtkerns in Form der Paulusgrube. Doch es brauche Visionen, betont Steck.

Um die Zukunft und die Trends des urbanen Lebens zu diskutieren, lud der SPD-Orstverband am Dienstagabend in die Kulturwerkstatt am Olchinger Mühlbach (Kom). Das Interesse ist groß, beinahe alle Plätze im oberen Saal sind besetzt. Gast an diesem Abend ist Ulrich Maly, seit 2002 Oberbürgermeister von Nürnberg und Vizepräsident des deutschen Städtetags. Er wird bei den Kommunalwahlen in wenigen Wochen nicht mehr antreten. An diesem Abend diskutiert er mit Olchings Bürgermeister Andreas Magg über das Verhältnis von urbaner und ländlicher Region, den Gestaltung einer "gesunden" Stadt sowie die künftige Verkehrsentwicklung.

Diese beinhaltet, da sind sich Magg und Maly einig, ist die Reduzierung des individuellen Autoverkehrs. Es sei ein Kampf gegen die motorisierte Gesellschaft, sagt Maly. Ein großes Problem sei der Platz, den parkende Autos einnehmen. Diesen Raum gelte es zurückzuerobern, so Maly. Eine Lösung sieht er im kostenpflichtigen Abstellen der Fahrzeuge. Einige Parkplätze in der Altstadt, die bisher gebührenfrei nutzbar waren, kosten künftig Geld, erklärt der Oberbürgermeister. "Wir müssen Ordnung schaffen, damit die Blechkisten nicht überall herumstehen."

Die Frage nach kostenpflichtigen Parkplätzen stelle sich in Olching nicht, erklärt Magg. Stattdessen setzt er auf Alternativen: Eine neue Buslinie, die ausschließlich Haltestellen entlang der Hauptstraße anfährt, soll den Anreiz bieten, Einkäufe nicht mehr mit dem Auto zu erledigen. Die Menschen könnten ihr Fahrzeug außerhalb der Hauptstraße abstellen und von dort in den Bus umsteigen, so Magg. Vergünstigte Tickets seien denkbar. Kurzfristig soll zur Entlastung der angespannten Verkehrssituation eine Fahrradstraße eingerichtet werden, die als eine Art Umfahrung parallel zur Hauptstraße durch Olching führt. Magg betont, dass die künftige Gestaltung der Hauptstraße nur in Absprache mit den Einzelhändlern gelingen kann. Die Aufenthaltsqualität und das Einkaufserlebnis seien für eine funktionierende Einkaufsstraße wichtig, betont Magg.

Für Maly haben Miteinander und Zusammenleben Priorität in einer Stadt, unabhängig vom Verkehr: Infrastruktur lasse sich einfacher entwickeln, wenn die Bürger miteinander kommunizierten, betont er. Die Menschen würden sich nach Heimat sehnen. Die bestehe nicht aus der Postadresse, sondern aus Familie, Freunden, Verein. In Nürnberg gebe es eine große Fluktuation: 40 000 Leute würden im Jahr zu- und 35 000 fortziehen. Diese Neubürger sollen Nürnberg als ihre Heimat erleben, betont Maly: "Wenn das funktioniert, haben wir es geschafft." Magg sieht darin ebenfalls eine Aufgabe. 2140 Menschen zogen zwischen 2018 und 2019 in die Stadt Olching, 2045 verließen sie. Es sei wichtig, dass diejenigen, die in München arbeiten, auch eine Bindung zu Olching entwickelten, so Magg. Um die Aufenthaltsqualität der Stadt zu stärken, sei bereits einiges geleistet worden, es gebe allerdings noch mehr zu tun: "Wir haben die Konkurrenz vor der Nase."

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SZ vom 20.02.2020
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