Olching:Schreckliche Erinnerung

Am 22. Februar 1944 werden Bomben auf Olching geworfen. 22 Menschen sterben, Dutzende werden schwer verletzt. Damit die Auswirkungen von Krieg und Zerstörung nicht in Vergessenheit geraten, macht die Stadt diesen Freitag zum Gedenktag

Von Katharina Knaut, Olching

"Ein Knall - und alles war zerstört." Mit diesen Worten beschreibt der ehemalige Olchinger Stadtrat Georg Steer, 84, den Moment, als der Zweite Weltkrieg am 22. Februar 1944 Olching traf. 75 Sprengbomben und mehr als 150 Brandbomben hagelten an diesem Tag auf die damals noch kleine Gemeinde herab. Nur dieses eine, das einzige Mal. Nur eine Explosion. Aber die Auswirkungen dieser Explosion waren verheerend: 22 Tote, Dutzende Schwerverletzte und etliche zerstörte Häuser.

Damit das schreckliche Ereignis nicht in Vergessenheit gerät, plant die Stadt nun einen Gedenktag. An diesem Freitag, 22. Februar, singen Schüler der Mittelschule und des Gymnasiums Lieder für den Frieden. Veranstaltungsort ist die Kirche Sankt Peter und Paul, die damals bei dem Angriff beschädigt wurde. Auch Steer wird dem Gedenken beiwohnen. Und seine Geschichte erzählen. Eine Geschichte, die ihn beinahe das Leben gekostet und Olching fast zerstört hätte.

Bombenabwurf in Olching 22.2.1944

Historische Aufnahmen zeugen von den Folgen der Bombenabwürfe auf Olching.

(Foto: Stadtarchiv Olching/Sammlung Scherer)

Nöscherplatz, 22. Februar 1944, 11.30 Uhr: Der damals neuneinhalbjährige Georg Steer sitzt mit seinen Klassenkameraden in der Sakristei beim Kommunionsunterricht. Dann ertönt die Sirene: Flieger über Olching. Eigentlich schon Alltag, erinnert sich Steer: "Etwa zweimal in der Woche wurde Alarm gegeben. Die Lehrer schickten uns dann sofort nach Hause." So auch dieses Mal. Zu Fuß lief Steer zu seinem Elternhaus in der Hauptstraße 61. Auch das nichts Ungewöhnliches. "Olching war nicht groß. Etwa 4000 Menschen haben hier gelebt. Die Wege waren kurz." Er erinnert sich noch, wie er auf dem Gehweg stehen blieb und die Flugzeuge am Himmel zählte. 25 bis 27 amerikanische Bomber kreisten über der kleinen Gemeinde. "Da habe ich den Gemeindeschreiber getroffen. Er schrie mich an: ,Bursche, geh heim!'" Das tat er dann auch. Zu Hause traf er seine Mutter. "Ich sagte zu ihr: Mama, da draußen sind lauter feindliche Flieger! Man sagte das damals so", erzählt der 84-Jährige. Dass die Maschinen blieben, war ungewöhnlich. "Normalerweise flogen die Flugzeuge immer weiter Richtung München." Dieses Mal nicht. Dieses Mal tat es einen großen Knall.

Zusammen mit seiner Mutter verschanzte Georg Steer sich im Haus gegenüber, weil "wir keinen Schutzkeller hatten", erläutert er und fügt an: "Unsere Nachbarn schon." Es blieb bei einem kollektiven Abwurf, einer gewaltigen Explosion.

Georg Steer hatte Glück. "Wären wir in der Sakristei geblieben, hätten wir nicht überlebt." Ein Großteil der Kirche war von den Bomben getroffen worden, ebenso wie viele andere Gebäude. Etliche Olchinger erlitten Verletzungen, insgesamt 22 Menschen starben. "Das Haus der Familie Halbinger wurde vollständig weggerissen", erinnert sich Steer: "Das stand dort, wo heute der Maibaum steht. Nichts blieb übrig." Es sei das tragischste Ereignis gewesen, so Steer: "Die ganze Familie kam ums Leben. Sie saßen gerade beim Mittagessen."

Bombenabwurf in Olching 22.2.1944

Getroffen wurde auch die Kirche Sankt Peter und Paul.

(Foto: Stadtarchiv Olching/Sammlung Scherer)

Georg Steer glaubt nicht, dass Olching das eigentliche Ziel war. Die Flüge hätten zumeist Bahnhöfen, Brauereien oder dem Rüstungsunternehmen Krauss Maffei Wegmann gegolten, das schon damals in München produzierte. Wohin genau die Flugzeuge unterwegs waren, weiß Steer nicht. Aber die Ladung mussten sie loswerden." 75 Sprengbomben und etwa 150 bis 200 Brandbomben. "Hätten alle Bomben getroffen, wäre Olching nicht mehr da", meint Steer. Eine Tatsache, eine trockene Feststellung.

Die meisten Bomben landeten außerhalb der Ortschaft, in der Amper oder in den Amperauen. Noch heute könne man die Krater erkennen, erinnert sich Steer: "Natürlich ist alles zugewachsen, aber die Mulden sind noch da." Besonders der Birkenweg zwischen den Stadtteilen Olching und Neu-Esting sei getroffen worden. Die Schäden, die in der Stadt entstanden, wurden anschließend mit bloßen Händen beseitigt. "Die Landwirte haben sich da zusammengetan. Die meisten arbeiteten ja nur mit Pferden. Große Maschinen oder Traktoren gab es nicht." Die Toten wurden übergangsweise in das kleine Feuerwehrhaus am Nöscherplatz gebracht. Ihnen zu Ehren wurde eine Trauerfeier auf der Insel mit anschließendem Zug zum Friedhof abgehalten.

Mit seiner eigenen Geschichte und Erinnerung will Steer nun bei der Gedenkveranstaltung 75 Jahre später eine Botschaft verbreiten: "Ich möchte der heutigen Generation sagen: So etwas sollt ihr nie erleben!" Das sei nur möglich mit dem gesamten Europa. "Wenn der Zusammenhalt nicht wäre, gäbe es längst wieder Krieg."

Die Gedenkveranstaltung zum Bombenabwurf über Olching findet am Freitag, 22. Februar, von 12 Uhr an in der Kirche Sankt Peter und Paul, Nöscherstraße 1, statt.

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