Süddeutsche Zeitung

Olching:Schatten über dem Erntedankfest

Lesezeit: 2 min

Die Feier der Garten- und Blumenfreunde steht im Zeichen des ungelösten Nachwuchsproblems

Von Manfred Amann, Olching

110 Jahre Vereinsgeschichte, 35 Jahre Kleingartenanlage und die Weihe des frisch restaurierten Wegkreuzes vor dem Vereinsheim: Drei Ereignisse, die die Olchinger Garten- und Blumenfreunde am Samstag bei schönstem Wetter in ihr traditionelles Erntedankfest eingebunden haben. Für den Erntedankgottesdienst hatten Mitglieder auf Strohballen mit Garten- und Feldfrüchten einen viel bewunderten Erntedankaltar gestaltet. Auf einem Tuch war in mit Goldfaden gestickter Schrift zu lesen: "Danke - Und wächst das Korn, dann reift es auch", ein Gedanke, von dem sich auch Pfarrerin Susanne Uhrich und Diakon Josef Rauffer beim Gottesdienst leiten ließen, den die Olchinger Sänger mit passenden Liedern ebenso begleiteten wie die Segnung des Wegkreuzes und das anschließende gemütliche Beisammensein.

Obwohl die Sonne kräftig strahlte, lag so etwas wie ein unsichtbarer Schatten über der Feier, nachdem bekannt geworden war, dass die Gartenfreunde in Germering nach 105 Jahren den Verein auflösen wollen - wegen Überalterung und deshalb, weil kaum noch jemand Verantwortung übernehmen will. "Genau deren Probleme sind auch unsere", sagte der kommissarische Vorsitzende Peter Edmeier. Eigentlich ist Edmeier Schriftführer. Da sich nach dem Rücktritt von Manfred Krzyzowaty aus privaten Gründen aber kein Nachfolger fand, übt er das Amt des Vereinschefs seither zusätzlich aus. Im nächsten Jahr sind Neuwahlen. Es wäre schön, wenn der Vorstand Verstärkung bekommen würde und eventuell auch einen neuen Vorsitzenden, befand Edmeier und richtete den Appelll an die etwa 80 Feiergäste. Zudem habe der Verein Nachwuchsprobleme, so Kassenwartin Thea Eder. Die meisten der aktuell 206 Mitglieder sind älter als 60 Jahre und viele davon beteiligen sich kaum noch am Vereinsleben. Hinzu komme, dass sich kaum noch jemand für die Mitarbeit im Vorstand finden lasse, so Klaus Jurczek, im Verein für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Auch Bürgermeister Andreas Magg (SPD) bereitet das Darben vieler Vereine Sorgen. Leider würden heutzutage immer mehr Mitglieder nur zum "nutznießen" beitreten, statt sich selbst aktiv für die Gemeinschaft einzubringen. Als der Verein 1906 gegründet wurde, sei das noch anders gewesen, erinnerte Magg. Man habe auf Zusammenhalt gebaut und Gärten zur Selbstversorgung mit Obst und Gemüse genutzt. Heute stehe indes bei vielen das Freizeitvergnügen im Vordergrund. Keine Nachwuchsprobleme gibt es laut Edmeier bei der Sparte "Kleingärten", die vor 35 Jahren auf einer einstigen Müllhalde errichtet wurden und heute allen Bürgern als "idyllische Oase in einer Gegend offen stehen, die nicht gerade zu den schönsten Ortsbereichen zählt", wie Bürgermeister Magg lobte. Mittlerweile hätten junge Familien mit Kindern Gärten übernommen, so dass hier die Gefahr einer Überalterung nicht bestehe. Man wolle aktiver werden und arbeite mittlerweile auch im Kreisverband mit, so der stellvertretende Vorsitzende Dieter Resselberger.

An den Bau der Kleingartenanlage mit 69 Parzellen mit Größen zwischen 250 und 350 Quadratmetern erinnerte Ehrenmitglied Theo Obermaier, der damals federführend mit Richard Segerer die Arbeiten organisiert und auch für die Vergabe der Parzellen gesorgt hatte. "Ich sehe noch die Müllwüste vor mir", erzählte er. Es sei schön anzusehen, was daraus geworden ist. Dem Verein übergab Obermaier eine Gartenordnung aus dem Jahre 1906. Aus dem historischen Dokument geht hervor, dass das Fernbleiben von Gemeinschaftsarbeiten damals noch mit der Einforderung von Gartenfrüchten bestraft wurde. "Vielleicht können wir Teile der Ordnung ja wieder übernehmen", scherzte Peter Edmeier augenzwinkernd und hatte dabei sicherlich die Nachlässigkeit mancher Gartler im Blick.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3178717
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.09.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.