Olching:Relikte der Eiszeit

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Petrologisches Schatzkästchen: Steine verschiedener Art lassen sich im Flussbett der Amper oder an deren Ufern finden. (Foto: Günther Reger)

"Willkommen im Tal der tausend Steine" heißt die Ausstellung, die im Rathaus Olching zu sehen ist. Dem Besucher zeigt sie Flora und Fauna an der Amper. Zugleich fordert sie ihn auf, weitere Eingriffe in die Natur zu vermeiden

Von Peter Bierl, Olching

Die Amper ist, wie auch andere Flüsse in Deutschland, in den vergangenen fast zweihundert Jahren begradigt, verkürzt und in festes Bett gezwängt worden. Der größte Teil der Auwälder ist abgeholzt, frühere Überschwemmungsgebiete und Altarme sind in Siedlungs- und Ackerland umgewandelt, eine Reihe von Kraftwerken, Staustufen und Staubecken sind errichtet worden. Kein Wunder also, dass es bei starken Regenfällen am Oberlauf und Schneeschmelze in den Bergen zu Hochwasser kommt, die natürlichen Rückhalteflächen fehlen größtenteils. Was übrig geblieben ist, steht zum Teil unter Naturschutz oder ist ein Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiet. Gleichwohl leben in diesem Reservat noch viele seltene und geschützte Tiere und Pflanzen. Eine Ausstellung im Foyer des Olchinger Rathauses soll den Bürgern dieses Kleinod vor der Haustür nahebringen. "Es gibt zu wenig Wertschätzung dieser Natur", bedauerte Bürgermeister Andreas Magg (SPD) bei der Eröffnung am Donnerstag.

Im Zentrum der kleinen Ausstellung stehen die restlichen Kiesbänke und die verschiedenen Steine. "Willkommen im Tal der tausend Steine", lautet darum der Titel. Insgesamt hat man über 70 verschiedene Gesteinsarten gefunden, sagte Friederike Herzog, die als Gebietsbetreuerin für den Landschaftspflegeverband Dachau-Fürstenfeldbruck tätig ist. Sie sind Relikte der letzten Eiszeit, als der Isar-Lech-Loisach-Gletscher sich weit ins Alpenvorland schob. 85 Prozent der Steine stammen aus den nördlichen Kalkalpen, es handelt sich um Mergel, Kalke und Sandsteine. Die übrigen Steine kommen aus den Zentralalpen, darunter Gneise und Amphibolite. Die Kiesbänke sind mit ihren Lücken und Zwischenräumen wichtige Lebensräume für Fischlaich, Fliegen- und Käferlarven.

Überdies sind die Amper und ihre Ufer Heimat von unzähligen Käfern, Spinnen, Heuschrecken- und Libellenarten sowie von Fledermäusen und Vögeln, wie der Wasseramsel, dem Flussregenpfeiffer oder dem Eisvogel, der allerdings Steilkanten braucht, um seine Nester zu bauen. Die Vögel ernähren sich von den Kleinlebewesen, die sich in den Kiesbänken aufhalten. Zu den geschützten Tieren zählt auch der Biber, der aber bei vielen Menschen unbeliebt ist, weil er mit seinen Verbauungen auch Schaden anrichtet. Nur noch an wenigen Stellen in Amper-Seitenbächen findet sich die Bachmuschel, die auf der Roten Liste steht und vom Aussterben bedroht ist.

Die kleine Ausstellung besteht aus vier Tafeln, auf denen anhand von Bildern, Grafiken und Texten der Aufbau und die Bedeutung der Amper als Ökosystem dargestellt werden. Dazu gibt es einige geschlossene Kästen, in denen verschiedene Steine gezeigt werden. Ein Kasten ist offen, dort können Besucher die Steine herausnehmen, befühlen und anhand eines Hefts versuchen, ihre Art selbst zu bestimmen. Daneben stehen einige präparierte Tiere, wobei es sich durchgehend um "Unfallopfer" handelt, wie Herzog betonte. Erarbeitet haben die Ausstellung sowie einen kleinen informativen Flyer die Mitarbeiter der Landschaftspflegeverbände Dachau, Freising und Fürstenfeldbruck, unterstützt von den Unteren Naturschutzbehörden der drei Landratsämter. Die Behörde wäre zuständig, sollte die geplante Bürgerbeteiligung in Olching zur Umgestaltung und Nutzung der Amper zu Vorschlägen führen, die einen Eingriff in das Schutzgebiet bedeuten. Neue Wege, Spielplätze, feste Grillplätze oder Badestrände wären solche Eingriffe. Am Samstag haben die Olchinger die Möglichkeit, bei einer Veranstaltung im Sozialzentrum ihre Ideen einzubringen. Etwaige Projekte müssten als erstes vom Stadtrat gutgeheißen werden, bevor die Naturschutzbehörden ihr Urteil abgeben. Sollte es dazu kommen, wird sich einmal mehr zeigen, was Schutzgebietsausweisungen taugen. Allen Bürgern und Kommunalpolitikern ist zu empfehlen, sich diese Ausstellung anzuschauen. Sie ist bis 6. November im Rathaus zu sehen.

© SZ vom 10.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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