Olching:Plädoyer für TTIP

Angelika Niebler

CSU-Europaabgeordnete Angelika Niebler glaubt an den Abbau von Zöllen durch das umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA.

(Foto: Günther Reger)

CSU-Europaabgeordnete erhofft sich Vorteile vom Freihandelsabkommen mit den USA

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Die CSU hat noch Hoffnung, dass TTIP, das Freihandelsabkommen der EU mit den USA, der deutschen Wirtschaft Vorteile bringt. "Auch kleine und mittlere Firmen versprechen sich mehr Export in die USA", sagte Angelika Niebler, CSU-Abgeordnete im Europa-Parlament, bei einer Veranstaltung der Olchinger CSU im Kolpingheim. "Wir leben vom Export", bekräftigte Niebler. "Da sollten wir uns die Chancen, die TTIP bietet, nicht verbauen." Sie kritisierte aber auch vehement bestimmte Aspekte des zurzeit verhandelten Abkommens, zum Beispiel die von den USA gewollten Schiedsgerichtsverfahren. "Wenn die USA das haben wollen, bekommen sie kein Abkommen", so die CSU-Politikerin.

Für Niebler ist es nicht vorstellbar, dass Staaten von Konzernen per Schiedsgericht verklagt werden. Sie sprach sich für den Aufbau eines Schiedsgerichtshofes aus, der Streitigkeiten zwischen Firmen und Investoren mit Staaten entscheiden soll. "Da sollten unabhängige Richter drin sitzen und es muss auch eine zweite Instanz geben", so die die 52-jährige Abgeordnete, die seit 16 Jahren dem EU-Parlament angehört. Sie betonte auch, dass sie gegen eine Absenkung von Standards votieren werde. Niebler zählte Verbraucher- und Umweltstandards auf, aber auch Arbeitnehmerstandards, die in Deutschland gelten. "Auch Fracking kommt mit TTIP nicht über die Hintertür herein", bekräftigte Niebler. Auch die kommunale Daseinsfürsorge, wie sie in Deutschland existiere, dürfe auf keinen Fall geopfert werden. "Die Wasserversorgung und Müllversorgung wird nicht angetastet", so die gebürtige Münchnerin entschlossen.

"Wie findet eigentlich die Meinungsbildung in der EU statt?", wollte der Olchinger FDP-Stadtrat Andreas Teichmann wissen. Niebler erwiderte, dass die EU-Staaten der EU-Kommission im Juni 2013 ein Verhandlungsmandat erteilt habe. Dieses Mandat sei zwei Jahre lang nicht veröffentlicht worden, weil das die EU-Länder nicht gewollt hätten. Von Meinungsbildung konnte Niebler nichts berichten, weil die im Geheimen stattfindet und die Abgeordneten davon ausgeschlossen sind.

"Warum herrscht eigentlich diese Geheimniskrämerei?", fragte ein Besucher. Niebler verteidigte die geheimen Verhandlungen der Beamten der EU-Kommission mit den USA: "Erst muss das Abkommen ausgehandelt werden, dann können wir das prüfen und entscheiden." Niebler teilte mit, dass im Internet inzwischen auf der Seite des EU-Parlaments Protokolle der Verhandlungen zugänglich seien, ebenso die Themen, die verhandelt werden oder bereits verhandelt worden sind. Zwischenergebnisse sind jedoch nicht bekannt. Sie schilderte sehr ausführlich ihre eigene Ohnmacht, wenn sie selbst in Brüssel an Informationen über TTIP kommen will. "Da darf ich nur in Begleitung in einen Raum gehen, den man mit einer Zugangskarte öffnen muss. Vorher muss ich aber ankreuzen, welche Texte über welche Themen ich lesen will. Alles ist auf Englisch verfasst, manche Themen bestehen aus 200 Seiten." Sie bekomme Stift und Zettel, um sich offenbar Notizen machen zu können. Der Begleiter schaut ihr dabei zu.

Die Frage, warum sie das als langjährige Abgeordnete mit sich machen lasse, wollte Niebler nicht beantworten. Sie kritisierte aber heftig das Fernhalten deutscher Bundestagsabgeordneter von den TTIP-Texten. Können doch nur Beamte der Bundesministerien die Texte in einem Leseraum der US-Botschaft in Berlin einsehen. "Das ist ein Unding, das ist ein großer Skandal", schimpfte Niebler vehement. "Ich sage den Bundestagsabgeordneten immer, sie sollen Druck machen, dass sich das ändert." Bei allen offenkundigen Verfahrensschwierigkeiten zeigte sich die CSU-Politikerin jedoch überzeugt, dass durch TTIP Zölle und Handelshindernisse zwischen der EU und den USA abgebaut werden können. "Besonders die chemische Industrie hat großes Interesse daran", so Niebler. "die wollen gerne ihre Produkte noch besser auf dem US-amerikanischen Markt bringen." Ob TTIP 300 000 Arbeitsplätze zusätzlich schaffe, könne sie nicht sagen. "Da bin ich vorsichtig mit jeder Zahl."

Peter Wehrle von der Olchinger Agenda 21 wollte von Niebler noch wissen, wie Veränderungen des Vertrages nach Verhandlungsschluss stattfinden würden. "Da muss man ganz sensibel hinschauen", meinte die Referentin des Abends. Es komme darauf an, wer dann Veränderungen vornehme. Für die CSU-Politikerin stand fest: "Auf jeden Fall darf unsere Gesetzgebungskompetenz nicht ausgehöhlt werden."

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