Olching:Multikultureller Advent

Adventsfeier Esting

Musik als Eisbrecher: Das Klavier, vor lauter Kindern kaum noch zu sehen, zieht die Minderjährigen alle in seinen Bann.

(Foto: Günther Reger)

Asylhelferkreis feiert mit Flüchtlingen bei Glühwein und Plätzchen

Von Ariane Lindenbach, Olching

"Jingle Bells, Jingle Bells" schallt es in den vollen Saal des katholischen Pfarrheims in Esting. Alles ist vorweihnachtlich dekoriert, mit Tannenzweigen und Lichterketten. Auf den Tischen brennen Kerzen, es duftet nach Lebkuchen und Weihnachtsgebäck. Die Asylhelfer haben die Flüchtlinge zu einer Adventsfeier eingeladen und sehr viele sind der Einladung gefolgt. "Es ist richtig voll", freut sich eine Frau vom Helferkreis. "Und so viele Kinder", betont sie. An den vorweihnachtlich dekorierten Tischen sitzen Menschen mit Hautfarben in allen Schattierungen - von europäisch hell über dezent gebräunt bis richtig dunkel. Fast die Hälfte der Anwesenden sind Kinder, und fast alle der gut hundert Gäste singen lauthals mit bei dem amerikanischen Weihnachtslied. Ihr Gesang scheint ohne Worte zu sagen, wie froh sie sind, dass sie endlich irgendwo angekommen sind, wo sie einmal durchatmen können. Und wo sie sogar in Ruhe den Advent feiern können.

Klar, den amerikanischen Schlager Jingle Bells kennt man fast überall auf der Welt. Doch wie ist es mit anderen Adventsbräuchen, dem Nikolaus, Plätzchen und Glühwein? Die kleine Shiba ist mit ihren Eltern vor einigen Monaten aus Afghanistan gekommen. Jetzt geht sie in Olching in die Grundschule und spricht schon einigermaßen gut deutsch. Lebkuchen und Plätzchen, Weihnachtslieder und den Nikolaus "mit dem weißen langen Bart" habe sie schon in der Schule kennen gelernt, berichtet das muslimische Mädchen freudestrahlend. Aus ihrer Heimat kennt sie derartiges nicht. Da schaltet sich ihr Vater, Tanciqi Samiullah, ein. Er kann zwar noch kaum deutsch, will aber unbedingt mit der Journalistin sprechen. "Danke, danke, danke", sagt er. Er sei so froh, hier zu sein, alle seien so freundlich, übersetzt seine Tochter.

An einem der vielen großen Tische sitzen Ahmad, 19, und Mohammed, 13. Die Brüder sind gemeinsam vor einem Jahr aus Syrien als sogenannte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Sie haben jeweils einen Teller mit Plätzchen und Lebkuchen vor sich. Mohammed geht auf die Mittelschule in Olching, Ahmad absolviert einen Deutschkurs in München und ein Praktikum im Krankenhaus Fürstenfeldbruck. Obwohl Moslems, sind ihnen Plätzchen und Lebkuchen, Weihnachtslieder und Tannengrün, ja selbst Glühwein nicht fremd. Zuhause hätten sie die vorweihnachtliche Zeit immer gemeinsam mit den Christen gefeiert, erzählen sie.

Am Klavier vor der Bühne stimmt eine ehemalige Musiklehrerin ein Lied an. "Freedom is coming, oh yes, we know" heißt es und scheint sehr bekannt zu sein. Denn wieder singen die meisten mit und klatschen im Takt. Zuvor hatte die Musikerin abgefragt, woher die verschiedenen Menschen kommen - Syrien, Afghanistan, Eritrea, Sierra Leone, um nur einige zu nennen. Die jeweiligen Landsleute hatten sich dann gemeldet. Wohl die einfachste Art, einander näher kennenzulernen.

Mit ihrem kleinen schokoladenbraunen Baby auf dem Arm sitzt Angela Bah mit drei weiteren Müttern und drei Asylhelferinnen an einem Tisch. Sie kenne all die christlichen Bräuche aus ihrer Heimat Sierra Leone, erklärt sie auf englisch. Doch Zuhause habe sie weder mitgefeiert, noch sei sie an Heilig Abend in die Kirche gegangen.

Die Muslima ist seit fünf Monaten in Deutschland. Auch sie betont, wie dankbar sie ist, hier sein zu können. Sie möge die Menschen hier sehr, da sie so freundlich seien. Und auch das deutsche Essen, fügt sie hinzu. Nadia Kamara neben ihr, ebenfalls mit Baby auf dem Arm, kommt auch aus Sierra Leone. Allerdings ist sie Christin. Weihnachten und die Adventsbräuche - Lieder und Plätzchen, Tannenzweige und den Nikolaus, all das kenne sie schon von daheim. Und natürlich besuchte sie Zuhause regelmäßig die Kirche, nicht nur in der Zeit um Weihnachten. Ob es auch Unterschiede gibt zwischen den Adventsbräuchen in Deutschland und in Sierra Leone? Das Wetter, antwortet sie. Hier sei es so kalt und Zuhause war es so warm.

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