Süddeutsche Zeitung

Kultur:Bilder aus der Tiefe

In Olching demonstrieren Mitglieder des Germeringer Kunstkreises am Tag der Druckkunst die Vielfalt verschiedener alter Techniken. Die Besucher sind fasziniert.

Von Verena Lohr, Olching

Mit viel Feingefühl arbeitet Gerhard Baumgärtner an seiner Kupferplatte, streicht die spezielle Farbe auf und erklärt dabei, was er eigentlich genau macht. Um seinen kreativ-chaotischen Arbeitsplatz, auf dem sämtliche Materialien, Farben und Papiere liegen, stehen wissbegierige Besucherinnen und Besucher herum und schauen dem Künstler gespannt bei der Arbeit zu. Der 67-Jährige hat die Kunst des Tiefdrucks für sich entdeckt und präsentiert sie beim "Tag der Druckkunst" in einer Ausstellung mit dem Titel "gedruckt - gedruckt - gedruckt". Er ist Teil der Gruppe "Unikate", dazu kommen sechs weitere Kunstschaffende des Kunstkreises Germering. Auch sie stellen ihre Werke in der Kulturwerkstatt am Olchinger Mühlbach aus.

Gerhard Baumgärtner überlegte sich nach Jahrzehnten im Beruf, was er noch in seinem Leben machen könnte, und entschied sich 2004 dann für die Kunst. "Das Hauptinteresse meiner Kunst liegt in der Vielseitigkeit der Darstellungsmöglichkeiten meiner Themen", so Baumgärtner. In der Tiefdruckkunst sei der Abwechslungsreichtum riesig. Bei dieser Drucktechnik wird Farbe in Vertiefungen aufgenommen, die meist in Metallplatten mit einem Stichel oder einer Nadel eingeritzt oder gestochen werden. Die gewünschte Farbe wird über die Platte gestrichen, damit alle Vertiefungen gefüllt sind. Die überschüssige Farbe muss anschließend mit bestimmten Materialien wie Stoffen und Papieren "abgewischt" werden. Wie viel Farbe wieder abgetragen wird, entscheidet über das Gesamtergebnis.

Für einen Tiefdruck benötigt man eine Presse, da die Druckerplatte fest auf das vorher angefeuchtete Papier gepresst werden muss. Nur so kann es die in den Vertiefungen sitzende Farbe aufnehmen. Der Plattenrand erzeugt zusätzlich eine Vertiefung im Papier, so bekommt das Bild auch einen Rahmen. "Die Druckkunst ist leider am Aussterben, weshalb wir hier das Fähnchen hochhalten und auf die besondere Kunst aufmerksam machen wollen", berichtet Baumgärtner.

Marion Huber, Hans Jais, Hedwig Krause, Hanne Wölfle, Irene Wührl-Petry und Rosa Zschau vom Kunstkreis Germering beteiligen sich ebenfalls an der Ausstellung. Gezeigt werden Drucke in den klassischen Techniken wie Radierungen, Holzschnitte, Linolschnitt, Lithografie sowie Materialdruck. Anlass für das zusätzliche Programmangebot am Wochenende war der Tag der Druckkunst. Bereits zum fünften Mal rief der Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) zu dem Tag auf. Hintergrund ist der Eintrag der traditionellen Drucktechniken in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der Deutschen Unesco-Kommission. In Zuge dessen fanden etwa 300 Veranstaltungen von Künstlerinnen und Künstlern, Druckwerkstätten, Museen, Kunstvereinen und anderen statt, die die Druckkunst vermitteln, würdigen und lebendig halten. Ziel ist es, aufzuzeigen wie lebendig dieses Kulturerbe ist und die Aufmerksamkeit wieder auf die Akteure und Einrichtungen, die diese Druckkunsttechniken praktizieren, zu richten.

Neben Baumgärtners Vorführung an der Tiefdruckpresse präsentieren sie auch die Techniken anderer Druckgrafiken sowie einen Film über ihre Erstellung. Hedwig Krause, 74, ist sehr froh darüber, wie gut ihr Angebot angekommen sei. Insgesamt sei das Wochenende für alle ein voller Erfolg. Das Highlight der Besucherschaft sei die Möglichkeit gewesen, ein Lesezeichen per Hand selbst zu drucken. Dafür bereiteten die Künstlerinnen und Künstler Hochdrucke aus Linoleum, Papiere und Farben vor. Gemeinsam wurde dann gedruckt, gedruckt, gedruckt.

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