Süddeutsche Zeitung

Olching:Klangliche Vielfalt zwischen Kneipe und Kirche

Die Olchinger Musiknacht stellt neue Rekorde auf: Noch nie waren es so viele Bühnen wie Besucher. Auch wenn vielerorts Gedränge herrscht, muss sich manche Location aber wohl erst noch etablieren. Oder sie fällt für die Zukunft ganz weg wie das Café Basti

Von Valentina Finger, Olching

In Olching einen passenden Termin für die Musiknacht zu finden, sei nicht leicht, sagt Veranstalter Thomas Breitenfellner. Ein Wochenende im Frühjahr wird vom Foodtruck-Festival blockiert, ein anderes vom Volksfest. Am vergangenen Samstag nun hat der Burschenverein Esting sein großes Hallenfest veranstaltet. Der diesjährigen Musiknacht sind durch die Party jedoch keine Gäste verloren gegangen. Im Gegenteil: Breitenfellner, der auch die Gröbenzeller Musiknacht organisiert, schätzt, dass die siebte Ausgabe des Musik-Events in Olching endlich die 2000-Besucher-Marke geknackt hat.

Einige Neuerungen scheinen der Olchinger Variante sehr gut getan zu haben. Mit 13 Bühnen gab es in diesem Jahr so viel Angebot wie nie zuvor. Zudem gab es, wie seit einigen Jahren schon in Gröbenzell, einen Shuttle-Bus, der die einzelnen Veranstaltungsorte verband. Den brauchte man auch, denn dieses Mal waren mit der Vereinsgaststätte des TSV Geiselbullach und der Olchinger Braumanufaktur zwei Locations dabei, die etwas abseits der üblichen Route liegen. In der Braumanufaktur eröffnet der Fassanstich den Abend. Danach steht dort das "Rock Lounge Orchestra" auf der Bühne. Zwischen Bierträgern und Tanks spielt das Sextett Southern-Rock-Songs, die Leute trinken das vor Ort gebraute Bier und man fühlt sich wie auf einer Südstaaten-Garagenparty.

Auf ein anderes Flair haben die neuen Betreiber der TSV-Gaststätte Volveré gesetzt. Dort ergänzen pinke Sonnenstühle die Bierbänke. Das Trio "Gipsy for Life" spielt spanische Gitarrenmusik, zwei Flamenco-Tänzerinnen schwingen dazu ihre Fächer. Neben dem Volvére hat auch bei einigen typischen Musiknacht-Lokalen der Wirt gewechselt: Zum ersten Mal unter neuer Leitung dabei sind das Deml's im Kolpinghaus und das Vereinslokal des SC Olchings. Im Deml's zieht die Gröbenzeller Band "The Rocks" viele Gäste mit Songs wie "I'm a Believer" auf die Tanzfläche. In der ein bisschen abgelegenen Sportgaststätte, die nun Lajqi's heißt, läuft es im ersten Jahr hingegen nicht ganz so rund: Die "Boys from Ipanema" spielen am späteren Abend vor fast leerem Haus.

Über Gästemangel können sich vor allem der Daxerhof und das Cantina nicht beklagen: Im Hinterzimmer des bayerischen Wirtshauses herrscht ein reges Gedränge, wie immer, wenn dort die Stimmungsmacher von "Kopfeck" auf der Bühne stehen. Sie spielen Lieder von ihrem eigenen Album, covern Songs von Falco oder Konstantin Wecker und bringen die Wände des kleinen Raums mit ihren Dezibel buchstäblich zum Vibrieren. Ähnlich sieht es im Cantina aus, wo "Peter Voice & Johnny Beat" Klassiker wie "Sweet Home Alabama" spielen.

Zum Runterfahren bietet sich eine Pause in der Kirche Sankt Peter und Paul an, wo der Organist Wolfgang Mann der Orgel raffinierte Tonvariationen von dramatisch-hallend bis leise-tappend entlockt. Um wieder aufzudrehen, muss man nur die Straßenseite wechseln: Mit gewohnt guter Laune unterhält auch dieses Jahr wieder die Gruppe "Hats on" die Gäste im Bräustüberl Aschenwald.

Dass bei 13 Bühnen wirklich für jede Abendplanung etwas dabei ist, merkt man, wenn man sich zur Aufgabe macht, jede Location zu besuchen. Während mancherorts ausgelassen gefeiert wird, geht es an anderen Orten nämlich ganz entspannt zu. In der Sunset Bar gibt es Bluesiges von dem Brucker Trio "Behind Blue Moon", im Triplico wechseln sich Sänger Nico und Sängerin Tamara von der "Luna Rossa Band" mit Italo-Pop und englischen Balladen ab. Im Kom spielt die "Folsom Prison Band" melancholische Titel von Johnny Cash oder Bob Dylan und auch in der Musikbar Steam, wo sonst laut gerockt wird, steht der Folk-Sänger Cluas diesmal allein mit seiner Gitarre auf der Bühne.

Ebenfalls nur mit Gitarre und Super-Stimme ausgerüstet, ist Erik Berthold seit jeher ein Fels der Musiknacht. Wie gewohnt, spielt er im Café Basti und sorgt mit Folk-Rock-Songs wie "Mrs. Robinson" für Lagerfeuer-Ambiente. Leider wird es diese Kombination nicht mehr geben: Ende November schließt das Café Basti. Man darf gespannt sein, wo Berthold bei der nächsten Olchinger Musiknacht auftritt. Denn es ist schwer vorstellbar, dass niemand die Chance ergreifen wird, sich den Auftritt des Vollblutmusikers zu sichern.

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Quelle:
SZ vom 20.05.2019
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