Olching:Feldarbeit wie zu Uromas Zeiten

Saatkurs

Landwirt Alfred Wagner geht auf seinem Feld bei Neu-Esting voran und zeigt Kindern, wie in früheren Zeiten die Getreidekörner mit der Hand auf dem Acker verteilt wurden.

(Foto: Günther Reger)

Das Brucker Land lädt Interessierte ein, auf einem Acker bei Neu-Esting mit der Hand auszusäen. Doch nur ein paar Familien helfen Landwirt Alfred Wagner beim Verteilen der Getreidekörner

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Landwirt Alfred Wagner kommt mit dem Bulldog und einer Egge hinten dran aus Gernlinden angefahren. Doch Maschinen sollen an diesem Tag auf seinem Acker am Ende der Stifterstraße im Olchinger Stadtteil Neu-Esting nicht zum Einsatz kommen. Wagner und die Solidargemeinschaft Brucker Land haben besonders Familien mit Kindern zu einer Saataktion eingeladen. Gesät werden soll wie vor Jahrzehnten mit der Hand. Wagner hat dafür eine grüne Wanne aktiviert, die er sich mit Seilen um die Schulter und Hüfte hängt. Hafer soll gesät werden. Leider interessieren sich nur wenige Eltern mit Kindern für diese aufschlussreiche Saataktion an der viel befahrenen B 471.

Mutter Stephanie, 28, war mit ihrer dreijährigen Tochter Sarah aus Olching angeradelt gekommen. Die Familie hat sich in diesem Jahr erstmals einen Sonnenacker, eine 50 Meter lange Feldfurche, gepachtet. "Wir wollen mal sehen, wie das geht", sagt die Mutter und Sarah schaut dabei etwas schüchtern drein. "Hafer ist die Arzneipflanze des Jahres", begründet Bauer Wagner die Auswahl dieses Getreides für die Saataktion. Früher sei Hafer das Futter für Arbeitstiere gewesen. Hafer werde heutzutage kaum noch angebaut. "Der ist einfach schlecht zu verkaufen", sagt Wagner, der für die Umstehenden das Haferkorn aus den ihn umrahmenden Spelze seziert. Er baut vor allem Weizen und Roggen für Brucker Land an, aber auch Sojabohnen und Mais. "Der Mais kommt jedoch nicht in eine Biogas-Anlage", wie Wagner versichert, sondern wird nach Österreich verkauft. Insgesamt 60 Hektar Land bewirtschaftet der Landwirt aus Gernlinden. Davon sind 40 Hektar Grünland. Das Heu braucht er auch für seine Mutterkuhhaltung.

Dass Hafer auch eine Heilpflanze ist, hat von den Anwesenden außer Wagner kaum jemand gewusst. Erkrankungen der Haut oder Magen-Darm-Probleme können mit dem Saathafer oder dem Echten Hafer beispielsweise kuriert werden. Deshalb hat die Universität Würzburg dieses Getreide zur Arzneipflanze des Jahres gekürt. Der Hafer bildet seine Körner nicht in Ähren, sondern in verzweigten Rispen aus. Dadurch ist seine Ernte schwieriger als beim Weizen oder Roggen und der Ernteertrag geringer. Rita Multerer, die zweite Vorsitzende vom Erzeugernetzwerk Brucker Land, bringt einen Sack Hafer zum Schausäen vorbei.

Als Wagner die Saatwanne mit Hafer füllt, stehen Christoph, 7, und Clemens Kaltenbach, 9, aus Olching sofort um ihn herum. Die beiden Buben sind sehr an der Saataktion interessiert. "Christoph gehört in der zweiten Klasse in der Grundschule zur Schulgarten AG", erzählt Mutter Britta Kaltenbach stolz. Auch die Kaltenbachs haben sich einen Sonnenacker in Geiselbullach zum eigenen Anbau von Gemüse oder Salat zugelegt. Alfred Wagner demonstriert kurz, wie er immer wieder eine Handvoll Hafer aus der Wanne nimmt und dann zügig auf den Acker streut. Die beiden Buben haben das abgeschaut und machen das im Nu gekonnt nach.

Die Olchingerin Hildegard Wimmer, 67, kennt diese Art des Säens noch von früher vom Opa in ihrem Heimatdorf. Hafer interessiert sie, weil sie beim Frauenbund das Kräuterbuschen organisiert. "Hafer lässt sich so schön Reinbinden", erklärt Wimmer, "aber er ist kaum da". Inzwischen hat auch die kleine Sarah ein Händchen voll Haferkörner verstreut. Zur Stärkung gibt es von Multerer noch Butterbrote. "150 Kilo Hafer sind für einen Hektar Fläche notwendig", erläutert Landwirt Wagner noch. Das schaffen die Handsäer heute nicht mehr. Wagner hatte deshalb bereits mit der Maschine vorgesät. Mit der Egge wird der Boden noch von ihm gestriegelt. In 14 Tagen werden die ersten Keimlinge sichtbar sein. Geerntet wird der Hafer je nach Witterung dann voraussichtlich Ende Juli.

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