Süddeutsche Zeitung

Olching:Caro und Franzi scheitern vor dem Verfassungsgericht

Oberste Richter entscheiden, dass Containern Diebstahl ist, auch wenn die Lebensmittel für den Müll bestimmt sind

Von Ingrid Hügenell, Olching

Vor dem Bundesverfassungsgericht sind sie unterlegen, Containern bleibt strafbar, das hat das Gericht am Dienstag bekannt gegeben. Doch mit ihrer Aktion haben die Olchinger Studentinnen Caro und Franzi bundesweit Schlagzeilen gemacht und so geschafft, dass ihr Thema, die Verschwendung von Lebensmitteln, breit diskutiert wird. Die jungen Frauen hatten 2018 Lebensmittel aus verschlossenen Container eines Olchinger Supermarkts gestohlen, die zur Entsorgung bestimmt waren.

Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck verurteilte Caro und Franzi im Januar 2019 zu einer milden Strafe: Beide sollten acht Arbeitsstunden bei der Tafel ableisten und 225 Euro Geldstrafe auf Bewährung zahlen. Gegen das Urteil legten sie Verfassungsbeschwerde ein.

Der Prozess in Fürstenfeldbruck wurde von Protesten begleitet, knapp hundert Demonstranten zogen durch die Innenstadt, um ihr Missfallen gegen Lebensmittelverschwendung zum Ausdruck zu bringen. Darunter waren neben vielen jungen Leuten auch ältere Menschen wie Richard Bartels, der Sprecher der Slow-Food-Bewegung im Landkreis und Fünfseenland. Er wies darauf hin, dass die Verschwendung schon vor den Supermärkten beginnt, nämlich bei der Überproduktion in der Landwirtschaft.

Schätzungen zufolge werden in Deutschland jährlich 13 bis 18 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Dagegen richten sich Caro und Franzi mit ihren Container-Aktionen. In ihrem Blog schreiben sie am Dienstag: "Mit dem Gang vor das Bundesverfassungsgericht erwarteten wir eine gesetzliche Angleichung an gesellschaftliche Werte und Überzeugungen", heißt es da. Nun sei diese Hoffnung enttäuscht. "Damit ist eine Chance vertan, sich einem Missstand zu widmen", heißt es weiter. Allerdings ist dafür der Gesetzgeber, also der Bundestag zuständig, worauf auch das Bundesverfassungsgericht hinweist. In Frankreich etwa ist es Supermärkten gesetzlich verboten, genießbare Lebensmittel wegzuwerfen.

Eine detailliertere Stellungnahme von Caro und Franzi gibt es am Dienstag noch nicht. "Der gesamte Bedeutungsumfang dieser Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht ist für uns heute noch schwer greifbar", heißt es im Blog. "Wir werden dieses nun erst einmal auf uns wirken lassen." Für die kommenden Tage kündigen sie eine ausführlichere Pressemitteilung an.

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Quelle:
SZ vom 19.08.2020
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