Olching:Schießstände auf dem Schulgelände

Lesezeit: 2 min

Der Plan entstand wenige Wochen nach dem Amoklauf von Winnenden und nun steht er kurz vor der Realisierung: Die Gemeinde Olching bekommt eine neue Schule - samt Schützenheim.

Silke Lode

Eigentlich ist die Nachricht aus dem Olchinger Bauausschuss in Zeiten kommunaler Finanznot eine gute: Bayerns größte Gemeinde im Landkreis Fürstenfeldbruck bekommt eine neue Hauptschule samt Dreifachturnhalle. Doch auf dem Schulgelände wird trotz des Protests von Lehrerverbänden, Eltern und Anwohnern auch ein Schützenheim mit zehn Schießständen gebaut. So hat es der Bauausschuss am Dienstag abend mit den Stimmen von CSU und SPD beschlossen.

"In Olching gibt es offenbar eine starke Lobby dafür, dass junge Leute das Schießen lernen": Trotz massiver Proteste von Lehrerverbänden, Eltern und Anwohnern will Olching eine Hauptschule inklusive Schützenheim bauen. (Symbolbild) (Foto: ag.ddp)

"Ich habe dafür überhaupt kein Verständnis", schimpfte Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrerverbands BLLV, am Tag nach der Entscheidung. Schon vor Monaten hat Wenzel die Verquickung von Schule und Schießen scharf kritisiert und die Gemeinderäte gebeten, ihr Ansinnen zu überdenken. Doch die politische Mehrheit in Olching sieht darin ebenso wie SPD-Bürgermeister Andreas Magg kein Problem.

Die Idee, ein Schützenheim auf dem Gelände einer neuen Hauptschule zu bauen, kam wenige Wochen nach dem Amoklauf von Winnenden mit 16 Toten auf. In Olching wird argumentiert, dass die Schießanlage einen eigenen Eingang hat und somit vom Schulbetrieb getrennt sei. Außerdem gibt es in der Gemeinde mit 25.000 Einwohnern und sechs Schützenvereinen einen Grundsatzbeschluss, laut dem bei kommunalen Neubauten grundsätzlich geprüft wird, ob dort ein Schützenheim untergebracht werden kann.

Als die Pläne in Olching bekannt wurden, sammelten Anwohner Unterschriften gegen das Projekt, der Elternbeirat des benachbarten Gymnasiums schrieb einen offenen Brief an den Bürgermeister, und Kultusminister Ludwig Spaenle mahnte zu mehr Sensibilität. Vergeblich. 415.000 Euro soll das Schützenheim nun kosten - eine enorme Summe für die klamme Gemeinde.

"In Olching gibt es offenbar eine starke Lobby dafür, dass junge Leute das Schießen lernen", sagt Wenzel resigniert. "Die Kommunen können das völlig autonom entscheiden", erklärt Wilfried Schoberer vom Bayerischen Gemeindetag und macht aus seinem Unmut keinen Hehl: "Die Verknüpfung von Schule und Schießen finden wir nicht toll." Ihm gefällt erst recht nicht, dass Olching kein Einzelfall ist: In Bayern gibt es 28 Schulen und 23 Schulturnhallen, in denen geschossen wird. Das ergab 2009 eine Anfrage der Grünen im Landtag. Wo diese Schulen sind, vermag das Innenministerium bis heute nicht zu sagen, aus dem Münchner Schulreferat heißt es, dass es in den Schulen der Landeshauptstadt keine Schießanlagen gibt.

Das Innenministerium ist der Meinung, dass keine Maßnahmen gegen Schießbetrieb oder Waffenlagerung in Schulen nötig sind. Und der Bayerische Sportschützenverband lobt Kooperationen mit Schulen ohnehin: Schließlich wollten die Schulen ihren Schülern etwas bieten und für die Schützenvereine sei das der einfachste Weg, Nachwuchs zu gewinnen. Das letzte Wort in Olching hat nun der Gemeinderat am 29. Juli - dessen Zustimmung für Schule und Schützenheim gilt als sicher.

© SZ vom 22.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: