Olching:Ausbruch aus dem Hektischen

Sehenswerte Ausstellung mit Werken von Ulrich Pulfer und Niclas Willam-Singer

Von Florian J. Haamann, Olching

Sieben Tage. So lange soll Gott geschaffen haben, dann war alles fertig: Himmel, Erde, Sonne, Mond, Sterne, Wasser, Land, Tiere, der Mensch. Und ein Ruhetag war auch noch inklusive. Viele Monate dagegen hat der Pfarrer und Künstler Niclas Willam-Singer gebraucht, um seinen siebenteiligen Gemäldezyklus zur Schöpfungsgeschichte fertigzustellen. Auch weil er, anders als Gott, nicht rund um die Uhr an seinem Werk arbeiten konnte, sondern der Kunst nur in der Zeit nachgehen kann, in der er sich nicht um die Gläubigen kümmert. Dieser Zwiespalt ist es, den Willam-Singer und Ulrich Pulfer zum Thema ihrer aktuellen Ausstellung "Diskontinuität" in der Kulturwerkstatt am Olchinger Mühlbach gemacht haben.

Auch Pulfer ist "Freizeit-Künstler". Nach einem Studium an der Münchner Akademie der Künste hat er den Beruf des Malers ergriffen. Die Kunst ist ihm in all den Jahren trotzdem wichtig geblieben, es ist ein umfangreiches Werk entstanden. Sein großes Thema ist die Landschaftsmalerei, wie die Werke in der Olchinger Ausstellung zeigen. Seine Motive findet er überall auf der Welt. Besonders sticht eine Darstellung der Steinwüste im Sinai ins Auge. Mit scharfen Konturen, kräftigen Farben und einem klaren Blick für die Details schafft es Pulfer, den Betrachter in die Szene hineinzuziehen. Ähnlich ist es mit dem märchenhaft-mystischen Blick ins Emmeringer Hölzl. Satte Farben lassen die Szenerie lebendig erscheinen. Eine der Landschaften, diesmal nicht nach einem realen Vorbild, ist abstrakter gehalten. Die Form tritt zu Gunsten der Farben und Flächen in den Hintergrund. Pulfers Landschaftsbilder sind keine langweiligen Versuche eines "Abmalens". Vielmehr schafft er es, den Blick für das Besondere der Szene, den man nicht auf die Schnelle erkennt, sondern nur, wenn man sich Zeit nimmt, eins zu eins für den Betrachter erkennbar zu machen. Darin spiegelt sich auch das Thema der Ausstellung wider. Diskontinuität, ein Ausbruch aus dem hektischen Vorbeiziehen. Innehalten, erkennen, erfassen. Eine klare Abgrenzung der Durchwisch-Kultur, die sich mit den sozialen Medien etabliert.

Olching: Himmel, Land und Sterne: In seinem Zyklus stellt Niclas Willam-Singer die Schöpfungsgeschichte mit kräftigen Farben und reduzierten Formen dar.

Himmel, Land und Sterne: In seinem Zyklus stellt Niclas Willam-Singer die Schöpfungsgeschichte mit kräftigen Farben und reduzierten Formen dar.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Willam-Singers Werke sind nicht, wie man es vielleicht erwarten könnte, ein Gegenprogramm zu seinem Beruf als Seelsorger. Vielmehr wirken sie wie eine Vertiefung dessen, was er den Menschen predigt. Aber nicht missionarisch-aufdringlich, sondern eher zurückhaltend, geradezu meditativ. Für den expressiven und zugleich reduzierten Schöpfungszyklus hat er auf jegliche figürliche Darstellung verzichtet. Umso klarer erzählen die Bilder ihre Geschichten. Gemalt sind die Werke nicht mit dem Pinsel, sondern mit Spachtel und Fingern. Das verleiht ihnen die Ausdruckskraft, die es braucht, um einen Schöpfungsakt zu visualisieren. Mit dem Heute beschäftigt sich sein "DIY Karfreitag". Mit weißer Farbe ist der Umriss des Gekreuzigten auf einen karierten Stoff gemalt, um ihn herum kleben allerlei Deko-Artikel. Bastelstunde statt Feiertag, entrückt vom Ursprung, diskontinuierlich.

Gemeinsam ist den beiden Künstlern eine Ausstellung gelungen, die vom Kontrast lebt. Auf der einen Seite (auch räumlich) die Idylle, die durch die Werke von Pulfer entsteht und auf der anderen Seite die assoziativen, Geschichten erzählenden Gemälde von Willam-Singer. Sehenswert ist das ganze auch deshalb, weil er normalerweise hauptsächlich Fotografien zeigt, wie beispielsweise in der vergangenen Ausstellung der beiden vor drei Jahren am gleichen Ort.

Olching: In seinem Herbstwald abstrahiert Ulrich Pulfer die Formen zur Fläche.

In seinem Herbstwald abstrahiert Ulrich Pulfer die Formen zur Fläche.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Ausstellung "Diskontinuität", mit Werken von Niclas Willam-Singer und Ulrich Pulfer. Kulturwerkstatt am Olchinger Mühlbach, Vernissage an diesem Donnerstag von 19 Uhr an, danach zu sehen am Freitag von 18 bis 21 Uhr und Samstag und Sonntag jeweils von 11 bis 18 Uhr

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