Süddeutsche Zeitung

Öffentlicher Verkehr:Weniger S-Bahnen am Morgen

Viele Pendler im Landkreis müssen sich darauf einstellen, dass die zweite Stammstrecke Veränderungen im Fahrplan mit sich bringt. Landtagsabgeordneter Reinhold Bocklet setzt auf Nachbesserungen

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Der S-Bahn-Fahrplan im Landkreis wird sich nach Eröffnung der zweiten Röhre in München teilweise verschlechtern. Im Berufsverkehr werden auf der S 4 am Morgen pro Stunde nur noch acht statt bisher neun Züge eingesetzt, auf der S 3 und der S 8 wird der Zehn-Minuten-Takt in den Stoßzeiten zugunsten eines 15-Minuten-Takts aufgegeben. Landtagsabgeordneter Reinhold Bocklet (CSU) ist sicher, dass das Angebot nachgebessert wird, die Grünen sehen ihre Kritik an dem Großprojekt in München bestätigt.

Die Grundstruktur des Fahrplankonzepts, welches das bayerische Innenministerium für die Zeit nach Fertigstellung der zweiten Stammstrecke entwickelt hat, sieht auf allen drei S-Bahnlinien ganztägig einen 15-Minuten-Takt sowie Expresszüge vor, was ein besseres Angebots jenseits der Hauptverkehrszeit bedeutet. Anders sieht es im Berufsverkehr aus. Bahnexperte Ralf Wiedenmann hatte als erster kritisiert, dass die Expresszüge bloß die Nahverkehrszüge ersetzen und die Verstärkerzüge der S 4 entfallen würden. Bocklet bestätigte diese Berechnung. "Ein Zug weniger in der Hauptverkehrszeit ist nicht akzeptabel. Das würde eine Angebotsverschlechterung bedeuten", warnte der CSU-Politiker.

Er forderte vergangene Woche im Wirtschaftsausschuss des bayerischen Landtags eine Nachbesserung. Bocklet geht davon aus, dass es sich um eine "Rahmenvorgabe" handelt und "das letzte Wort noch nicht gesprochen" sei. Der Abgeordnete berichtete, Vertreter des Innenministeriums hätten im Wirtschaftsausschuss erklärt, dass es sich bei dem vorgelegten Konzept um ein "Grundmuster" handele, später könne man nachverdichten.

Die Grünen sehen das anders. Bocklet habe die "Mär von Verbesserungen" nach dem zweiten Tunnel jahrelang verbreitet, selbst er müsse nun zugeben, dass es im Gegenteil zu Verschlechterungen auf der S 4 kommen werde, stellte Elke Struzena fest, die Sprecherin des Kreisvorstands der Grünen. Die zweite Münchner Röhre werde Milliarden verschlingen, dabei sei der Nutzen äußerst gering.

Bocklet widersprach der Kritik. Er verwies darauf, dass die Inbetriebnahme der zweiten Stammstrecke für 150 Stationen im gesamten S-Bahn-Bereich Verbesserungen "oder mindestens keine Verschlechterungen bringe", nur an elf Stationen seien solche bereits eingeplant. Allerdings konnte Bocklet nicht sagen, an wie vielen Stationen sich das Angebot tatsächlich verbessern und an wie vielen es sich zumindest nicht verschlechtern soll.

Sicher wusste Bocklet, dass es sich das Angebot im Berufsverkehr auf der S 3 verschlechtern wird: In Esting, Gernlinden, Langwied und Lochhausen werde eine Express-S-Bahn weniger eingesetzt, sagte der CSU-Politiker der SZ. Außerdem verlieren Esting und Gernlinden sowie Lochhausen, dazu Harthaus, Freiham und Neuaubing an der S 8 während des Berufsverkehrs den Zehn-Minuten-Takt, der heute gilt. Dafür gibt es auf diesen Strecken künftig Expresslinien. Diese Schnellzüge fahren obendrein durch den zweiten Tunnel, was für Pendler, die zum Stachus oder zum Rosenheimer Platz wollen, bedeutet, dass sie in Laim umsteigen müssen.

Die Initiative "S 4-Ausbau jetzt" und Wiedenmann hatten stets darauf hingewiesen, dass die Schienenkapazität zwischen Pasing und Geltendorf für einen besseren Takt gar nicht ausreicht. Auch Verbesserungen für den Regionalverkehr ins Allgäu und den Fernverkehr in die Schweiz, die dank der Elektrifizierung der Strecke bis 2020 möglich werden, scheitern an dem Engpass. Sie haben deshalb stets gefordert, die S 4 sofort auszubauen oder wenigstens gleichzeitig mit dem zweiten S-Bahn-Tunnel in München. Bei der Präsentation im Wirtschaftsausschuss wurde darauf hingewiesen, dass es ein Startkonzept sei, das mit dem Ausbau der Schienen verbessert werden würde.

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SZ vom 06.12.2017
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