Öffentlicher Nahverkehr:Nachwuchsmangel hinterm Steuer

Schichtdienst, geringer Lohn, Ärger mit Fahrgästen: Der Beruf des Busfahrers ist wenig attraktiv.Die Unternehmen im öffentlichen Nahverkehr haben immer größere Schwierigkeiten, Personal zu finden

Von Eva Runkel, Fürstenfeldbruck

Etwa neun Millionen Menschen werden jährlich mit den Bussen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Landkreis befördert. Dabei werden die Fahrer von verschiedenen Busunternehmen aus der Region gestellt. Das Landratsamt legt den Fahrplan fest, jedoch ist es den Unternehmen überlassen, die Zeiten zu regeln und die Fahrer einzusetzen. Das aber wird mehr und mehr zum Problem, denn die Betriebe haben immer größere Schwierigkeiten, Busfahrer zu finden.

Ein Hauptproblem sei der Wohnungsmangel. Darin sind sich Hermann Seifert, ÖPNV-Verantwortlicher des Landkreises, und die Geschäftsführerin des Busunternehmens Neumeyr, Stefanie Neumeyr, einig. Man müsse dem Personal Wohnungen bieten können, doch das sei bei der aktuellen Wohnraumsituation schwierig. Ein weiterer abschreckender Faktor seien die Arbeitszeiten. Schichtdienst auch an Wochenende und Feiertagen, sowie früh morgens und bis spät in die Nacht, machen den Beruf nicht attraktiv, sagt Monika Beirer, stellvertretende Stabstellenleiterin ÖPNV. Diese Arbeitszeiten seien gerade für Busfahrerinnen schwierig, erzählt Neumeyr. Bei ihr sind drei Frauen beschäftigt, die sie schon aus Sicherheitsgründen nicht für nächtliche Schichten einteilen möchte. Und die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sei oft mit dem Familienleben schwer kombinierbar. Außerdem sei das Serviceangebot für Busfahrer nicht ausreichend. Beirer: "Oft gibt es keine Toiletten an den Start- und Zielhaltestellen der Routen." Allerdings gäbe es in diesem Bereich bereits Fortschritte, erläutert Seifert am Beispiel von Maisach und Grafrath. Diese Gemeinden haben auf eigene Kosten dafür gesorgt, dass Toilettenmöglichkeiten für die Fahrer bereit stehen. Infolgedessen würden diese Strecken deutlich lieber gefahren werden.

Außerdem "sitzen die Busfahrer wie auf dem Präsentierteller", so Beirer. Sie seien die ersten Ansprechpartner, auf die viele Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr treffen. Das heißt, dass bei ihnen auch der Frust abgelassen wird. Der tägliche Umgang mit unterschiedlichen Menschen muss nicht nur etwas Schlechtes sein. Gerade für kontaktfreudige Personen stellt er eine meist willkommene Abwechslung im Alltag dar. "Es ist gelebte Menschlichkeit vor Ort, man kann anderen direkt helfen", sagt Beirer. Leider sei Busfahrer oft nicht der Traumberuf, den junge Menschen nach ihrem Abschluss haben. Und da ein vollwertiger Busführerschein nicht wie beim Auto schon mit 18 Jahren gemacht werden kann, sondern erst mit 24, haben sich viele Jugendliche in dieser Zeit bereits in eine andere berufliche Richtung orientiert. Eine spätere Umschulung ist dann selten, da der Beruf des Busfahrers nicht genügend Anreize dafür bietet.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Führerschein aus der eigenen Tasche bezahlt werden muss und 12 000 bis 14 000 Euro kostet. "Früher war das anders, da konnte der Busführerschein bei der Bundeswehr gemacht werden", sagt der Geschäftsführer des Busunternehmens Waibel. Danach sei es dann wahrscheinlicher gewesen, dass jemand anschließend als Busfahrer arbeitete. Seit der Abschaffung der Wehrpflicht falle diese Möglichkeit jedoch weg. Hinzu kommt noch das recht geringe Gehalt von anfangs etwa zwölf bis 13 Euro pro Stunde.

All das führt dazu, dass die Unternehmen immer öfter auf Fahrer aus dem europäischen Ausland zurück greifen, da sie im Inland kaum mehr welche finden. Das stellt sie jedoch vor eine neue Problematik, da es den Busfahrern teilweise an Sprachkenntnis mangelt. Zwar seien ausreichende Deutschkenntnisse eine Voraussetzung, da die Busfahrer Auskünfte über Haltestellen, Preise, Fahrtzeiten und dergleichen geben müssen, jedoch könne man nicht immer darauf pochen. Die Fahrer sollten dann aber weiteren Unterricht besuchen. Damit haben die beiden Betriebe Waibel und Neumeyr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Bei Waibel werden die Mitarbeiter dazu angehalten, selbständig Kurse zu besuchen. Allerdings schrecke es ab, dass die Sprache schwer zu lernen sei, und die Fahrer sprächen untereinander auch kein Deutsch, sagt der Geschäftsführer. Im Unterschied dazu organisiert Neumeyr Sprachunterricht für seine ungarischen Fahrer. Diese nähmen das Angebot gerne an und hätten eine Begeisterung fürs Deutschlernen entwickelt, erzählt Stefanie Neumeyr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: