Süddeutsche Zeitung

ÖDP:Die Konsumkritikerin

Stephanie Sichelschmidt sieht sich in der richtigen Umweltpartei

Von Christiane Bracht, Hilgertshausen

In der Politik ist sie ein Neuling. Erst vor zwei Jahren beschloss Stephanie Sichelschmidt: "Schluss mit Schimpfen" und trat in die ÖDP ein. Jetzt will die 28-Jährige aktiv durchstarten. Ihr Ziel ist der Bundestag. Vor allem aber, dass sich etwas ändert. Die "Konsumgesellschaft" ist ihr ein Dorn im Auge. Zu viel werde einfach weggeworfen, obwohl es eigentlich noch gut sei, klagt sie und appelliert an alle: "Wir müssen sparsamer leben." Sie hat auch schon eine Idee, wie man das vielleicht erreichen könnte, ohne mit Verboten zu arbeiten. Die Kommunen sollten den Leuten eine Grundausstattung an Elektrogeräten bereitstellen - alte, die wiederverwendet werden, fordert die Nutzfahrzeugmechatronikerin. Das würde den Müll schon deutlich reduzieren.

Klimaschutz ist ihr sehr wichtig - besonders "die Nachhaltigkeit von Mensch und Natur überein zu bringen", so die Direktkandidatin. Es ist das ureigenste Thema der Grünen. Warum also engagiert sich Sichelschmidt nicht dort? "Das ist eine reine Verbotspartei", lehnt sie vehement ab. "Wir brauchen echte Ökologie und Transparenz." Die Grünen versuchten immer radikale Wege zu beschreiten, kritisiert sie. Und in Sachen Hartz IV wollten sie nur "individuelle Anpassungen". "Das ist ein Startpunkt", erklärt sie. Aber in Zeiten, in denen das normale Gehalt nicht mehr ausreiche, um sich eine Wohnung leisten zu können, müsse man mehr machen, nämlich Hartz IV auflösen und die soziale Ungerechtigkeit angehen.

Außerdem gelte es die Wohnungsnot im Ballungsraum München in den Griff zu bekommen. Immer mehr Wohnungen würden "outgesourcet", die Kommunen verpflichtet, Baugrund zur Verfügung zu stellen, moniert sie. Und dann entstünden Neubaugebiete mit vielen Einfamilienhäusern. "Das ist nicht so gut", sagt die Hilgertshausenerin. Bei dem "herrschenden Platzmangel" dürfe nicht so viel Fläche verbraucht werde. Sichelschmidt ist auf dem Dorf aufgewachsen und möchte ihre Heimat bewahren. Die Veränderungen, die der Ballungsraum mit sich bringt, sieht sie mit einigem Unbehagen. Natürlich kennt sie auch die Tücken des Landlebens: der lückenhafte öffentliche Nahverkehr. Den will sie unbedingt verbessern, schon um möglichst viele Menschen dazu zu bewegen, ihr Auto stehen zu lassen.

Auch wenn die Grünen-Kanzlerkandidatin, Annalena Baerbock, in den Umfragen derzeit nicht so gut abschneidet, so steht ihre Partei doch noch immer hoch in der Wählergunst. Eine starke Konkurrenz für die ÖDP. "Da werden uns sicher viele Stimmen genommen", fürchtet Sichelschmidt. Sie appelliert an die Wähler, nicht zu glauben, dass eine Stimme für die ÖDP eine verlorene sei. "Kleinvieh macht auch Mist", sagt sie. Und muss es wissen, denn Sichelschmidt hat ein großes Herz für Tiere. Zu Hause hat sie fünf Meerschweinchen mit Behinderungen, die sie von der Notstation geholt hat. Sie ist im Meerschweinchenschutzverein und hilft jedem Tier, das ihre Hilfe braucht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5399134
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.09.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.